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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht September 2023

  1. Äußerungen in Chatgruppe führen zur Kündigung?

Grundsätzlich unterfallen Meinungsäußerungen gegenüber wenigen Personen unter einen Vertraulichkeitsbereich. Gerade, wenn Mitarbeitende nicht erwarten können, dass getätigte Erklärungen weitergetragen werden. In diesem Fall gab es in einer kleinen geschlossenen Chatgruppe beleidigende sowie rassistische und sexistische Äußerungen in Bezug auf Vorgesetzte. Das Gericht sah hier nicht die Möglichkeit sich auf eine Vertraulichkeitserwartung berufen zu können und bestätigte die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses, vgl. BAG vom 24.08.2023 – 2 AZR 17/23.

  1. Kündigung in der Insolvenz mit Vermutung der Betriebsbedingtheit?

Hier lag dem Verfahren ein Interessenausgleich zwischen Betriebsrat und Insolvenzverwalter mit Namenliste zugrunde. Das Gericht bestätigte, dass in solchen Fällen vermutet wird, dass die Kündigungen der in der Namensliste aufgeführten Mitarbeitenden durch dringende betriebliche Erfordernisse begründet ist. Allerdings muss der Betriebsrat bei der Verhandlung noch Einfluss nehmen können, so dass die unternehmerische Entscheidung im Zeitpunkt des Interessenausgleiches noch nicht abgeschlossen sein darf, vgl. BAG vom 17.08.2023 – 6 AZR 56/23.

  1. Ohne Führerschein sperrt die Arbeitsagentur?

In diesem Fall verlor ein Lkw-Fahrer die Fahrerlaubnis, der Führerschein wurde eingezogen. Damit vermochte der Fahrer nicht mehr seiner Arbeitstätigkeit nachzukommen, er verlor das Arbeitsverhältnis. Die Arbeitsagentur wertete den Verlust der Fahrerlaubnis als grob fahrlässig in Bezug auf den Verlust des Arbeitsplatzes und sperrte den Antragsteller 12 Wochen vom Arbeitslosengeldbezug. Zu Recht, wie das Gericht entschied, vgl. LSG Baden-Württemberg vom 19.04.2023 – L 8 AL 1022/22.

  1. Schulungsanspruch für Überlastungsanzeigen?

Ein Betriebsrat war mit einer Vielzahl von Überlastungsanzeigen gegenüber der Arbeitgeberseite konfrontiert und begehrte hierzu eine Schulung. Diesen Schulungsanspruch verneinte die Arbeitgeberseite. Zu Unrecht. Das Gericht erklärte, dass bei einer Vielzahl von Überlastungsanzeigen bei einem 5-köpfigen Betriebsrat jedenfalls 2 Betriebsräte einen entsprechenden Schulungsanspruch haben, vgl. ArbG Berlin vom 01.08.2023 – 38 BV 1170/23.

  1. Zeugnis mit oder ohne Dankes und gute Wünsche-Formel?

In der Praxis ist es in Zeugnissen üblich, dass die Arbeitgeberseite am Ende des Zeugnisses das Ausscheiden der Arbeitnehmerseite bedauert und alles Gute für die Zukunft wünscht. Die Frage ist, ob auf eine solche Formulierung ein Anspruch besteht, erst recht, wenn es sich ansonsten um eine überdurchschnittliche Bewertung handelt. Das Bundesarbeitsgericht urteilte anders. Danach besteht auch bei einem Zeugnis mit leicht überdurchschnittlicher Bewertung kein Anspruch auf eine solche Schlussformel, vgl. BAG vom 25.01.2022 – 9 AZR 146/21.

  1. Vorstrafen mitteilungspflichtig an den Betriebsrat?

Hier ging es um die Zustimmungsverweigerung zur Versetzung durch den Betriebsrat. Dabei hatte die Arbeitgeberseite Vorstrafen des Mitarbeitenden dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung nicht mitgeteilt. Grundsätzlich dürften auch nur solche Vorstrafen von einer Mitteilungsobliegenheit erfasst sein, die einen Arbeitsplatzbezug haben und die Mitarbeitende auch in einem Bewerbungsgespräch hätten mitteilen müssen. Wenn aber die Frist zur Zustimmungsverweigerung abgelaufen und damit eine Zustimmungsfiktion eingetreten ist, kann der Betriebsrat die Versetzung gerichtlich kaum verhindern. So auch das Gericht, so dass der Betriebsrat auch im Beschwerdeverfahren unterlag, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 4.5.2023 – 26 TaBV 920/22.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht August 2023

  1. Hinweisgeberschutzgesetz – anonyme Meldungen muss sein?

Seit Juli 2023 gilt das Hinweisgeberschutzgesetz. Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten sind nunmehr gehalten anonymen Meldungen nachzugehen. Damit besteht eine Obliegenheit zur Aufklärung und das Verbot von Repressalien. Im Falle des Verstoßes drohen nunmehr Bußgelder.

  1. Arbeitszeitbetrug durch Pause?

Hier wurde von Arbeitnehmerseite die Eintragung der Pause in das Arbeitszeiterfassungssystem vorsätzlich unterlassen, wie das Gericht feststellte. Solche Verstöße können geeignet sein eine Kündigung und sogar auch eine fristlose Kündigung zu begründen. In diesem Fall bestätigte das Gericht die Kündigung, vgl. LAG Hamm vom 27.01.2023 – 13 Sa 1007/22

  1. Impfung macht fei – auch von der Arbeit?

Hier hatte ein Lehrer eine Datei im Netz hochgeladen. Dabei war mit dem zu erkennenden Bild eines Konzentrationslagers der Text „Impfung macht frei“ zu lesen. Hierauf kam es zur Kündigung des Lehrers. Zwar hob das Gericht die Kündigung auf, doch hat das Gericht gegen Zahlung einer Abfindung das Arbeitsverhältnis u.a. wegen erfolgter Äußerungen des Klägers im Gerichtsverfahren, aufgelöst, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 15.06.2023 – 10 Sa 1143/22.

  1. Video verstößt gegen Datenschutz – Verwendung trotzdem?

Sofern es sich um eine offene Videoüberwachung handelt, besteht grundsätzlich kein Verwertungsverbot im gerichtlichen Verfahren. Das Bundesarbeitsgericht hält hieran auch für den Fall fest, wenn die Videoüberwachung datenschutzrechtliche Vorgaben nicht umfassend berücksichtigt hat, vgl. BAG vom 29.06.2023 – 2 AZR  296/22.

Damit können vorsätzlich vertragswidriges Verhalten von Arbeitnehmerseite nachgewiesen werden

  1. Öffentliche Kritik beendet Arbeitsverhältnis?

In diesem Fall hatte ein Therapeut die Behandlung von Patienten/innen mit dem strafrechtlich relevanten Maßregelvollzug vergleichen. Auf diese Kritik hin folgte die Kündigung. Diese Kritik verließ die Grenze der Meinungsfreiheit, das Gericht bestätigte die Kündigung, vgl. LAG Thüringen vom 19.04.2023 – 4 Sa 269/22.

  1. Betriebsrat und Laptop mobil?

Sofern es sich um eine offene Videoüberwachung handelt, besteht grundsätzlich kein Verwertungsverbot im gerichtlichen Verfahren. Das Bundesarbeitsgericht hält hieran auch für den Fall fest, wenn die Videoüberwachung datenschutzrechtliche Vorgaben nicht umfassend berücksichtigt hat, vgl. BAG vom 29.06.2023 – 2 AZR  296/22.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juli 2023

  1. Arbeitgeber bezahlt Headhunter für Nichts?

Dem Fall lag zugrunde, dass der Arbeitgeber an eine Vermittlungsagentur (Headhunter) eine Provision von mehreren Tausend Euro zahlte. Der daraufhin eingestellte Arbeitnehmer musste sich gegenüber dem Arbeitgeber verpflichten, diese Provision zu erstatten, wenn er denn das Arbeitsverhältnis beendet. Es kam zur Eigenkündigung des Arbeitnehmers und der Arbeitgeber zog einen geringeren Anteil der Provision vom Gehalt des Arbeitnehmers ab. Zu Unrecht. Das Bundesarbeitsgericht hielt eine solche Verpflichtung in den AGBs, also Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Arbeitsvertrag entspricht AGB) für unzulässig, vgl. BAG vom 20.06.2023 – 1 AZR 265/22.

  1. Die Arbeitszeiterfassung-elektronisch für alle?

Seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes im September 2022 ist klar, dass die Arbeitszeiterfassung für alle Arbeitsverhältnisse bereits gilt, und zwar auch vor Einführung der neuen gesetzlichen Regelung.

Diese geplante Gesetzesregelung sieht derzeit vor, dass jeder Arbeitgeber für alle Arbeitnehmer/innen die Arbeitszeit elektronisch erfassen muss. Ausgenommen von der Pflicht zur elektronischen Erfassung bleiben Arbeitgeber, die weniger als 10 Arbeitnehmer/innen beschäftigen. Die Erfassung kann ansonsten auf die Arbeitnehmer/innen übertagen werden. Hierbei bleiben Arbeitgeber überwachungspflichtig. Verstöße können mit einem Bußgeld bis 30.000 € geahndet werden. Diese Regeln gelten auch für weiterhin mögliche Vertrauensarbeitszeiten.

  1. Bahnreise als Arbeitszeit?

Sofern Mitarbeitende eine Bahn-Lok führen ist dies Arbeitszeit. Was ist aber, wenn man nur im Zug sitzt und nur Reisezeit anfällt? Das Bundesarbeitsgericht beurteilt solche Fallgestaltungen nach der Beanspruchungstheorie. In einem Fall vor dem Verwaltungsgericht, dem auch Verspätungen, Umsteigen auf Bahnhöfen und dergleichen zugrunde lagen, befand das Gericht die Reisezeit als Arbeitszeit, vgl. VG Lüneburg vom 02.05.2023 – VG 3 A 146/22.

  1. Betriebsrat berichtet in sozialen Medien – Kündigungsgrund?

In dem Fall berichtete der Betriebsrat u.a. dahingehend, dass es „Lügen“ des Arbeitgebers gäbe und einen Komplott. Solche Darstellungen sind zwar geeignet, die Arbeitgeberseite schlecht dastehen zu lassen. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass diese Bewertungen nicht einzeln betrachtet werden dürften, sondern im Gesamtzusammenhang betrachtet werden müssten. Im Ergebnis erachtete das Gericht die Kündigungen der Arbeitgeberseite für rechtsunwirksam, vgl. LAG Sachsen vom 17.03.2023 – 4 Sa 78/22.

  1. Krankheit während der gesamten Kündigungsfrist – Lohnfortzahlung?

Der Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann erschüttert sein, wenn die gesamte Zeit der Kündigungsfrist zeitidentisch eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit besteht. Nachdem das Arbeitsgericht noch der Zahlungsklage der Arbeitnehmerseite stattgegeben hatte, wies das Landesarbeitsgericht das Zahlungsbegehren zurück. Das Landesarbeitsgericht sah in der Gesamtschau aller Indizien den Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttert. Der Arbeitnehmersite gelang es nicht das Gericht von den Voraussetzungen einer Arbeitsunfähigkeit zu überzeugen, vgl. LAG vom 02.05.2023 – 2 Sa 203/22.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juni 2023

  1. Arbeitszeitbetrug-Kündigung ohne Abmahnung?

In diesem Fall ging es lediglich um 10 Minuten. Die Arbeitnehmerseite hatte auf Vorhalt den Vorwurf wahrheitswidrig geleugnet. In diesem Fall erachtete das Gericht eine vorherige Abmahnung als entbehrlich und bestätigte die Wirksamkeit der ausgesprochenen fristlosen Kündigung, vgl. LAG Hamm vom 27.01.2023 – 13 Sa 1007/22.

  1. Haben Männer keine flinken Frauenhände?

Absagen auf Bewerbungen können diskriminierend sein und sich als Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellen. In diesem Fall wurde ein männlicher Bewerber abgelehnt mit dem Hinweis, dass die Tätigkeit eher für „flinke Frauenhände“ geeignet sei. Auf die Klage erhielt der Kläger eine Entschädigung über 2.500,00 € zugesprochen, vgl. LAG Nürnberg vom 13.12.2022 – 7 Sa 168/22.

  1. Neue Krankheit bringt neue Entgeltfortzahlung?

Schwierig wird es, wenn von Arbeitnehmerseite verschiedene Krankheiten, die jeweils zur Arbeitsunfähigkeit führen, angegeben werden und dadurch immer wieder erneut weitere 6-Wochen-Lohnfortzahlungszeiträume ausgelöst werden.

Bestreitet der Arbeitgeber Neuerkrankungen, so ist von Arbeitnehmerseite nachzuweisen, dass verschiedene Erkrankungen gegeben sind und ggf. die Vorerkrankungen ausgeheilt war. Hierzu kann es erforderlich sein, dass die Arbeitnehmerseite sämtliche betreffenden Angaben offenlegen und dafür gegebenenfalls auch Ärzte insoweit von ihrer Schweigepflicht entbinden muss, vgl. BAG vom 18.01.2023 – 5 AZR 93/22.

  1. Abgeltung für alles oder beschränkt auf den Mindesturlaub?

Dieser Fall betrifft zwar kein Arbeitsrecht, sondern Beamtenrecht. Dennoch wird damit deutlich, dass Arbeitgeber durch entsprechende vertragliche Gestaltung Einfluss auf den Umfang von möglichen Urlaubsabgeltungsansprüchen nehmen können.

In diesem Fall verlangte ein vorzeitig in den Ruhestand gehender Beamter die Abgeltung von Urlaub. Das Gericht beschränkte den Anspruch auf den gesetzlich geschützten Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen (bei 5-Tage-Arbeitswoche), vgl. Verwaltungsgericht Koblenz vom 09.05.2023 – 5 K 1088/22.KO.

  1. Zeitarbeit mit gleichem Lohnanspruch?

Zwar sieht das Gesetz eine Lohngleichheit nach dem Grundsatz equal Pay vor, doch lässt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) eben zu, dass durch Tarifvertrag davon abgewichen werden kann und dies auch zum Nachteil der Arbeitnehmerseite. Dieser Möglichkeit stellte sich das Bundesarbeitsgericht nicht entgegen, vgl. BAG vom 01.05.2023 – 5 AZR 143/19.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Mai 2023

Die Arbeitszeiterfassung – alles neu oder bestand die Pflicht schon immer?

Nachdem der Europäische Gerichtshof bereits entschieden hatte, dass der Arbeitsschutz nur bei Erfassung der Arbeitszeiten gewährleistet werden kann, hatte das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13.09.2022 geurteilt, dass eine arbeitgeberseitige Verpflichtung zur Zeiterfassung in Deutschland bereits besteht.

Danach sind Arbeitgeber verpflichtet ein System zur Arbeitszeiterfassung nicht nur zur Verfügung zu stellen, sondern dafür Sorge zu tragen, dass von einem solchen System tatsächlich Gebrauch gemacht wird.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes aus dem September 2022 ist folglich die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmerseite derzeit bereits konkret aufzuzeichnen.

Vor dem Hintergrund des zu gewährenden Arbeitsschutzes und damit der Kontrolle der Höchstarbeitszeit sowie der Ruhezeiten sind Arbeitgeber verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit betreffend der Arbeitnehmerseite aufzuzeichnen. Mangels derzeit bestehender weitergehender gesetzlicher Regelungen bestehen derzeit keine Festlegungen zum Inhalt der Arbeitszeitdokumentation. Insoweit können diese sowohl elektronisch als auch handschriftlich erfolgen. Insoweit ist auch die Delegierung von Arbeitgeberseite auf die Arbeitnehmerseite zur Aufzeichnung möglich. Verantwortlich bleibt jedoch für die Vorgaben des Arbeitsschutzes die Arbeitgeberseite, sodass entsprechende Kontrollen zur Einhaltung und ordnungsgemäßen Erfassung zu erfolgen haben. Verstöße werden insoweit bei Kontrollen der Arbeitsschutzbehörden entsprechend geprüft und gegebenenfalls auch entsprechend insbesondere durch Bußgelder geahndet.

Konkretisiert werden diese Pflichten zur Arbeitszeiterfassung durch neue Regelungen zum Arbeitszeitgesetz, die derzeit noch nicht in Kraft getreten sind. Nach dem zurzeit bestehenden Referentenentwurf zur Neuregelung zum Arbeitszeitgesetz werden voraussichtlich insbesondere folgende Punkte gesetzlich neu geregelt werden:

  • Arbeitgeberseitige Pflicht Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen
  • Pflicht der Arbeitgeberseite zur Kontrolle der Arbeitszeiterfassung
  • Pflicht zur Herausgabe der Aufzeichnungen über die Arbeitszeit auf Verlangen der Arbeitnehmerseite
  • Aufbewahrungspflicht der Arbeitszeitaufzeichnungen für zwei Jahre
  • Möglichkeit der nicht elektronischen Zeiterfassung durch Regelungen im Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung
  • Ausnahmeregelung für nicht elektronische Zeiterfassung für Kleinunternehmen, voraussichtlich für solche mit weniger als zehn Beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
  • Bußgeldregelung bis zu 30.000 € je Verstoß

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht April 2023

  1. Nachzuschläge für Jeden eine anderer?

Die Frage ist, ob abhängig von der Belastung und anderen Faktoren die Nachtzuschläge in ihrer Höhe unterschiedlich ausfallen können. Das Bundesarbeitsgericht bejahte dies. So können aufgrund eines Tarifvertrages für gelegentliche Nachtarbeit ein Zuschlag von 50 Prozent gezahlt werden, für regelmäßige nächtliche Schichtarbeit aber nur von 20 Prozent, vgl. BAG vom 22.02.2023 – 10 AZR 332/20.

  1. Kündigungsschutz bei Schwangerschaft ab wann?

Kritisch für die Frage des Kündigungsschutzes nach dem Mutterschutzgesetz kann es werden, wenn die Kündigung zu Beginn der Schwangerschaft zugeht. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu entschieden, dass das Kündigungsverbot für schwangere Arbeitnehmerinnen 280 Tage vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin beginnt. Damit wird der frühestmögliche Zeitpunkt zum Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen berücksichtigt, vgl. BAG vom 24.11.2022 – 2 AZR 11/22.

  1. Kündigung trotz Kurzzeiterkrankungen?

Ja, wenn häufige Kurzerkrankungen vorliegen kann sich daraus eine Kündigung wegen der Krankheit aus personenbedingten Gründen rechtfertigen und zulässig sein. Dies kommt dann in Betracht, wenn aufgrund der Fehlzeiten eine negative Gesundheitsprognose vorliegt und der Betrieb einen wirtschaftlichen Schaden beschreiben kann. Soweit jedoch die Krankheiten ausgeheilt sind, scheitert die negative Zukunftsprognose und damit auch die Wirksamkeit der Kündigung, vgl. LAG Köln vom08.11.2022 – 4 Sa 297/21.

  1. Heimliche Video/Audioaufnahmen doch nicht strafbar?

Jedenfalls bei Beweisnot und der Intention die Strafbarkeit gegenüber den Ermittlungsbehörden (Polizei/Staatsanwaltschaft) nachzuweisen, kann eine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB entfallen lassen, vgl. Landgericht Karlsruhe, Beschluss vom 04.01.2023 – 16 Qs 98/22.

  1. Altersdiskriminierung auch im Sport?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet eine diskriminierende Vorgehensweise auch wegen des Alters. In diesem Fall wurde ein Schiedsrichter wegen seines Alters von 47 Jahren nicht mehr in die Schiedsrichterliste des Deutschen Fußballbundes aufgenommen. Das Gericht sprach daraufhin eine Entschädigungszahlung in Höhe von 48.500,00 € zu, vgl. Landgericht Frankfurt a.M., Entscheidung vom 25.01.2023, 2-16 O 22/21.

  1. Geringfügig Beschäftigte mit Anspruch auf gleichen Lohn?

Unter der Maßgabe, dass Vollzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte die gleiche Qualifikation haben und auch die gleichen Tätigkeiten ausführen, verbietet sich insbesondere im Verbot der mittelbaren Diskriminierung eine schlechtere Entlohnung. Auch die Tatsache, dass die geringfügig Beschäftigten in diesem Fall den Umfang der zeitlichen Lage mitunter durch Wünsche beeinflussen können, steht dem nicht entgegen, vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Januar 2023 – 5 AZR 108/22.

  1. Kündigung ohne BEM grundsätzlich unwirksam?

Nach der Rechtsprechung ist eine ausgesprochene Kündigung ohne vorherige Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements grundsätzlich unwirksam und nur in Ausnahmefällen wirksam. Dies kann der Fall sein, wenn die Arbeitnehmerseite einem solchen Verfahren nie zugestimmt hätte (LAG Berlin-Brandenburg vom 27.02.2019 – 17 Sa 1605/18). Allein der Umstand, dass das Integrationsamt einer zugestimmt hat, ersetzt jedoch nicht die vorherige Durchführung eines BEM-Verfahrens, vgl. BAG vom 15.12.2022 – 2 AZR 162/22

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht März 2023

  1. Arbeitszeiterfassung auch für Vertrauensarbeitszeit?

Ja, die Zeiterfassung dient der Sicherstellung des Gesundheitsschutzes von Mitarbeitenden. Damit ist der Betriebsrat auch für die Ausgestaltung im Rahmen der Mitbestimmung zuständig auch für den Bereich der Vertrauensarbeitszeit. Somit sind Beginn und Ende der Arbeitszeit konkret zu erfassen. Die Vertrauensarbeitszeit mag dadurch gekennzeichnet sein, dass die Mitarbeitenden selbst Beginn und Ende bestimmen können. Dies lässt die daneben bestehende Dokumentationspflicht aber unberührt. Folglich sind auch hier die konkreten Zeiten zu erfassen, eine pauschale Angabe der Tätigkeit als Volumen von beispielsweise 8 Stunden wird dem nicht gerecht.

  1. Krankmeldung durch Boten?

In dem Fall hatte ein Arbeitnehmer seine Krankmeldung dich eine andere Person ausrichten lassen. Dies ist ausreichend, so das Arbeitsgericht Emden, vgl. ArbG Emden vom 16.08.2022 – 2 Ca 263/21. Die erteilte Abmahnung war daher rechtswidrig.
Allerdings trägt der krankheitsbedingt arbeitsunfähige Mitarbeitende auch das Risiko der nicht erfolgenden Mitteilung durch den Boten.

  1. SMS zur Unzeit?

Die vorgesetzte Person hat die Änderung zum Dienstplan per SMS an die Mitarbeitenden übermittelt. Die Mitteilung ging außerhalb der Arbeitszeit zu. Der Mitarbeitende erschien nicht zum Dienst. Das Landesarbeitsgericht urteilte, dass Arbeitgeber nicht erwarten dürfen, dass Telefonnachrichten in der Freizeit gelesen werden. Damit bestand auch keine Pflichtverletzung der Arbeitnehmerseite, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 27.09.2022 – 1 Sa 39 öD/22.

  1. Verdienst nach Vollzeit oder Teilzeit?

Geringfügig Beschäftigte erhalten mitunter einen geringeren Verdienst auf die Stunde bezogen. Sofern bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit also allein das Tätigkeitsvolumen anders ist, haben geringfügig Beschäftigte den gleichen Anspruch auf dieselbe Stundenvergütung, vgl. LAG München vom 19.01.2022 – 10 Sa 582/21. Die Revision der Arbeitgeberseite zum Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.

  1. Feiern trotz Krankheit?

Zwar ist man bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht in der Wohnung eingesperrt und darf sich lediglich nicht genesungswidrig verhalten. Doch eine kurzzeitige krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, in der man auf Ibiza auf einer Party fotografiert wird und das Leben ausgelassen feiert, kann eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit offenbaren. Dies kann geeinigt sein eine fristlose Kündigung zu begründen, so das Arbeitsgericht Siegburg vom 16.12.2022 – 5 Ca 1200/22.

  1. Urlaub und Verfall durch Tarifvertrag?

Eine Urlaubsabgeltung setzt stets die Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses voraus. Erst dann wandelt sich der Anspruch auf Urlaub in natura in einen solchen auf Abgeltung in Geld. Was ist, wenn hier eine Frist zur Geltendmachung im Tarifvertrag geregelt ist? Das Bundesarbeitsgericht hat hier geurteilt, dass der reine Geldanspruch tariflichen Ausschlussfristen unterfallen kann, die Verjährung kann indes aufgrund der erfolgten Rechtssprechungsänderung nicht vor dem Ende 2018 beginnen, vgl. BAG vom 31.01.2023 – 9 AZR 456/20.

  1. Bewerbung mit Beeinträchtigung?

Stellenangebote berücksichtigen nicht immer eine diskriminierungsfreie Darstellung. Was ist, wenn Bewerber/innen sich um die Stelle „bemühen“, allein um Entschädigungsansprüche geltend zu machen, obwohl die Voraussetzungen bei ihnen gar nicht gegeben sind. Solche Scheinbewerbungen können den Straftatbestand des Betruges erfüllen, vgl. BGH vom 04.05.2022 – 1 StR 3/21.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Februar 2023

  1. Abmahnung nach dem Datenschutzrecht entfernen?

Ein Beschäftigter hatte eine Abmahnung wegen einer Verspätung erhalten. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte dieser die Entfernung aus der Personalakte. Dies wurde von Arbeitgeberseite mit dem Hinweis auf die papiergebundene Personalakte verweigert. Zu Unrecht, wie entschieden worden ist. Der Anspruch auf Entfernung ergibt sich auch aus Art.17 Abs.1 DSGVO, vgl. LAG Hamm vom 13.09.2022 – 6 Sa 87/22.

  1. Wer arbeitet wo als Fremdpersonal – Info-Pflicht an den Betriebsrat?

Vielerorts wird Fremdpersonal eingesetzt. In diesen Fällen verlangen Betriebsräte Auskünfte. Nach der Rechtsprechung ist arbeitgeberseitig der Betriebsrat insbesondere über den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Arbeitsort und die Arbeitsaufgaben zu unterrichten, nicht jedoch über die Namen der eingesetzten Arbeitskräfte, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 12.10.2022 – 4 TaBV 3/21.

  1. Hinweisgeber/innen unter Schutz?

Hinweisgeber/innen von Verstößen in Unternehmen gegen Gesetze gegenüber Behörden setzen sich der Gefahr beruflicher Sanktionen bis hin zur Kündigung aus. Um dem zu begegnen sollen sog. Whistleblower gesetzlich geschützt werden, um sanktionslose Meldungen an Meldestellen zu ermöglichen. Die Grundlagen sollen in einem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) erfasst werden.

  1. Quarantäne bei Coronakontakt – mit oder ohne Entschädigung?

Sofern sich ein/e Arbeitnehmer/in allein wegen des Kontaktes zu einer Person mit Corona in Quarantäne befindet, begründet dies keinen Anspruch der Arbeitgeberseite auf Erstattung von gezahlten Entgeltfortzahlungen an die Arbeitnehmerseite. Das Gericht bestätigte den fehlenden Erstattungsanspruch der Arbeitgeberseite und wies die entsprechende Klage ab, vgl. VerwG Berlin vom 1.12.2022 – 14 K 631/20.

  1. Leiharbeitnehmer/innen mit gleichem Anspruch?

Leiharbeiter haben den grundsätzlichen gleichen Anspruch in der Vergütung, wie die fest angestellten Mitarbeitenden. Sofern eine schlechtere Vergütung erfolgt, muss dafür ein entsprechender deutlicher Ausgleich gegeben sein, vgl. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15.12.2022, C‑311/21.

  1. Sozialauswahl und ältere Beschäftigte mit weniger Schutz?

Grundsätzlich zählt auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter im Rahmen der Sozialauswahl und erhöht den Schutz im Laufe der Zeit. Sofern Mitarbeitende indes eine abschlagfreie Rente beziehen oder in den nächsten zwei Jahren beziehen können, kann dies verringernd bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden, vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.12.2022, 6 AZR 31/22.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Januar 2023

  1. Mehrarbeitszuschläge auch für Urlaubsstunden?


Hier war die Frage, ob der in einem Tarifvertrag zugrunde liegende Schwellenwert für Mehrarbeitszuschläge bereits erreicht war. Würde man die durchschnittlichen Stunden auch während der Urlaubszeit mitberücksichtigen, waren danach Mehrarbeitszuschläge zu zahlen. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass auch genommene Urlaubsstunden zu berücksichtigen sind, so dass das Zeitarbeitsunternehmen die Mehrarbeitszuschläge zu zahlen hat, vgl. BAG vom 16.11.2022 – 10 AZR 210/19.

  1. Der Schulungsanspruch nur online?

Betriebsräte und Personalräte haben einen eignen Schulungsanspruch. Diese werden in Präsenz aber auch online angeboten. Letztere sind oft preisgünstiger, zumal Fahrzeiten und Übernachtungen entfallen. In diesem Fall wollte ein Arbeitgeber den Personalrat auf online-Schulungen verweisen und Schulungen in Präsenz damit verweigern. Zu Unrecht, die Personalräte müssen sich danach nicht auf Webinare verweisen lassen, vgl. LAG Düsseldorf vom 24.11.2022 – 8 TaBV 59/21.

  1. Kündigung ohne Betriebsrats – Anhörung?

Mitunter ergeht eine Kündigung und Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite finden eine Einigung mit einem Abfindungsvergleich. Was ist, wenn der zuständige Betriebsrat nicht im Rahmen der Anhörung vor Kündigung beteiligt wird? Hier stellt sich dies als Verletzung der betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen dar mit der Folge, dass der Betriebsrat auf Unterlassung klagen kann und für den Wiederholungsfall Ordnungsgelder drohen können, vgl. Hessisches LAG vom 8.8.2022 – 16 TaBV 191/21.

  1. Versetzung auch ins Ausland?

In diesem Fall bestätigte das Bundesarbeitsgericht die Möglichkeit der Versetzung auch ins Ausland. Diese Möglichkeit entspricht und unterfällt dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht, sofern im Arbeitsvertrag oder sonst nichts anderes vereinbart ist. Dieser Fall betraf ein international tätiges Luftverkehrsunternehmen, vgl. BAG vom 30.11.2022 – 5 AZR 36/21.

  1. Urlaub auf ewig?

Der Urlaub ist grundsätzlich arbeitnehmerseitig zu beantragen und bis zum jeweiligen Jahresende in Anspruch zu nehmen. Ausnahmen bestehen zum Beispiel bei Krankheit, in deren Folge der Urlaub nicht verbraucht werden kann und nicht zum Jahresende verfällt. Was aber ist, wenn kein Übertragungsgrund gegeben ist? In solchen Fällen tritt mangels Verbrauchs von Urlaub auch kein Wegfall des Urlaubsanspruchs ein. Die Frage, die sich daran anschließt war, ob dieser Anspruch auf den Urlaub irgendwann verjährt? Das Bundesarbeitsgericht entschied hier, dass die Verjährung erst zu laufen beginnt, nachdem die Arbeitgeberseite ihrer Obliegenheit zum Hinweis des bestehenden Resturlaubes und den drohenden Verfall nachgekommen ist, vgl. BAG vom 20.12.2022 – 9 AZR 245/19. Arbeitgeber sollten daher die erfolgten Belehrungen dokumentieren.

  1. AU – alles neu?

Nunmehr gibt es die elektronische Krankmeldung (eAU). Damit entfällt die in Papierform der Arbeitnehmerseite von der Arztpraxis ausgestellte AU-Bescheinigung. Stattdessen erfolgt eine elektronische Meldung an die zuständige Krankenkasse. Im Rahmen des Datenaustauschverfahrens kann die Arbeitgeberseite die AU-Mitteilung sodann bei der Krankenkasse abrufen. Dies ersetzt jedoch nicht die Pflicht der Arbeitnehmerseite aus § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz. Danach besteht die Pflicht der Arbeitnehmerseite, der Arbeitgeberseite die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen weiterhin.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Dezember 2022

  1. Videoüberwachung beweist Arbeitszeitbetrug?

Hier erfolgte zunächst ein anonymer Hinweis auf Arbeitszeitbetrug. Daraufhin wurde am Zugangstor zum Betriebsgelände eine Videoüberwachung ausgewertete und diese mit dem elektronischen Zeiterfassungssystem abgeglichen. Hieraus ergaben sich die Unstimmigkeiten. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes war die Videoüberwachung am Zugangstor zum Betrieb grundsätzlich ungeeignet, um die geleistete Arbeitszeit der Mitarbeiter zu kontrollieren. Damit bewertete das Gericht die Kündigung als unwirksam, vgl. LAG Niedersachsen vom 06.07.2022, 8 Sa 1150/20.

  1. Zahlungsrückgriff des Arbeitgebers gegen Betriebsratsmitglied?

Der Arbeitgeber zahlte eine verringerte Vergütung aus und behielt einen Teil zurück, um mit Kosten aufzurechnen, die der Arbeitnehmer als Betriebsratsmitglied für Schulungen verursacht hatte. Das Landesarbeitsgericht entschied hier, dass selbst, wenn es keine Kostentragungspflicht von Arbeitgeberseite gegeben haben sollte, ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, solche vom Lohn des als Betriebsrat tätigen Arbeitnehmers abzuziehen. Dies würde im Übrigen einer Benachteiligung des Mitgliedes des Betriebsrates entsprechen, vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 30.08.2022, 9 Sa 945/21.

  1. Werbung am Auto als Arbeitslohn?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass an die Arbeitnehmerseite gezahltes Geld für die Firmen-Werbung am Fahrzeug-Kennzeichen Arbeitslohn ist und als solcher der (sozialversicherungsrechtlichen) steuerlichen Abgabepflicht unterfällt, vgl. BFH vom 21.06.2022 – VI R 20/20.

  1. Kündigung wegen schädlicher Äußerungen vor dem Arbeitsvertrag?

Das Arbeitsgericht Berlin hat die fristlose Kündigung gegenüber einer Redakteurin für rechtsunwirksam erachtet. Der Entscheidung lag zugrunde, dass die Redakteurin Israel-feindliche Äußerungen getätigt habe. Problematisch war hier, dass diese Äußerungen zeitlich vor dem Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses getätigt worden sein sollen. Damit bestand in der Zeit des Arbeitsverhältnisses keine Pflichtverletzung, so dass die Kündigung keinen Bestand hatte, vgl. ArbG Berlin vom 05.09.2022 – 22 Ca 1647/22.

  1. Zeiterfassung – Mitbestimmung des Betriebsrates?

Das Bundesarbeitsgericht hat jüngst daran festgehalten, dass Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sind, die Arbeitszeiten aller Arbeitnehmer/innen zu erfassen. Ein Mitbestimmungsrecht für den Betriebsrat besteht damit nur für das „Wie“, nicht aber für das „Ob“ der Arbeitszeiterfassung, vgl. BAG vom 13.09.2022 – 1 ABR 22/21.

  1. Betriebsrat im Gesamtbetriebsrat ohne Arbeitsverhältnis?

Der Betriebsrat eines Gemeinschaftsbetriebes kann in den Gesamtbetriebsrat eines Trägerunternehmens auch Mitglieder entsenden, die in keinem Arbeitsverhältnis zu diesem Unternehmen stehen, vgl. BAG vom 01.06.2022 – 7 ABR 41/20.

  1. Erst Zwischenzeugnis dann fristlose Kündigung?

Hier wurde der Arbeitnehmerseite ein Zwischenzeugnis erstellt, ausweislich dessen das Verhalten der Mitarbeiterseite immer einwandfrei war. Sodann wurde arbeitgeberseitig wegen eines etwaigen groben Fehlverhaltens im Zusammenhang mit der Erstellung des Zwischenzeugnisses die fristlose Kündigung ausgesprochen. Hiergegen wehrte sich die Arbeitnehmerseite mit Erfolg. Das Zwischenzeugnis und die nahezu zeitgleich ausgesprochene fristlose Kündigung widersprechen sich, so dass das Gericht die Kündigung für rechtsunwirksam erachtete, vgl. LAG Hamm vom 03.05.200 – 14 Sa 1350/21.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
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