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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht November 2023

  1. Umkleide- und Wegzeit als bezahlte Arbeitszeit?

Indem der Arbeitgeber das Umkleiden im Betrieb anordnet, macht er mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung. Daher schuldet der Arbeitgeber Vergütung für die durch den Arbeitnehmer hierfür im Betrieb aufgewendete Zeit – so das Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 06.06.2023 – 7 Sa 275/ 22.

  1. Diskriminierung auch durch fehlende Unterrichtung des Betriebsrates?

Fraglich könnte sein, was beispielsweise eine nicht für ein Bewerbungsgespräch berücksichtigte Person mit Schwerbehinderung vortragen müsste. In diesem Fall war nicht klar, ob die Arbeitgeberseite den Betriebsrat oder die Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung unterrichtet hatte. Dies genügte dem Gericht und verurteilte die Arbeitgeberseite zur Zahlung einer Entschädigung, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 14.06.2023 – 8 AZR 136/22.

  1. Mutterschutz und schwankender Lohn?

Problematisch kann sich die Berechnung des Mutterschutzlohns gestalten. Grundsätzlich sind hier die letzten drei Monate zugrunde zu legen. Was aber ist, wenn die Vergütung stark schwankt? Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass in einem solchen Fall ein Zeitraum von 12 Monaten zugrunde zu legen ist, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 31.05.2023 – 5 AZR 305/22.

  1. Hinweisobliegenheit für Urlaubsverfall auch bei Dauerkranken?

Dauerkrank und der Urlaub stellt sich in der Praxis immer wieder als unsichere Rechtslage dar. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat hierzu entschieden, dass es einer Hinweisobliegenheit von Arbeitgeberseite nicht bedarf, sofern die Arbeitnehmerseite dauerhaft krank ist. In diesem Fall erlöschen die nach 15 Monaten auch ohne Hinweis von Arbeitgeberseite über den drohenden Verfall der Urlaubsansprüche, vgl. Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 12.05.2023 – 12 Sa 1250/22

  1. Alleinerziehende Mutter contra Arbeitszeiteinteilung?

Eine alleinerziehende Mutter kann auf nahezu unlösbare Probleme stoßen, wenn die Arbeitszeiten mit den Öffnungszeiten der Kindertagesstätte kollidieren. Die Arbeitgeberseite hat bei der Einteilung alle Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Damit besteht kein Anspruch der alleinerziehenden Mutter, dass sie ausschließlich unter Beachtung der Öffnungszeiten der Kindertagesstätte eingeteilt wird, vgl. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 13.07.2023 – 5 Sa 139/22

  1. Auflösung der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Zahl?

Hier sank die Zahl der Beschäftigung von schwerbehinderten Personen unter 5, so dass die Voraussetzungen für eine Schwerbehindertenvertretung nicht mehr gegeben war. Dennoch lehnte das Gericht eine Auflösung der Schwerbehindertenvertretung ab, da das Gesetz ein vorzeitiges Erlöschen des Amtes nicht geregelt hat, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 19.10.2022 – 7 ABR 27/21

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Oktober 2023

  1. Änderung und Zuweisung zu einem anderen Team als Versetzung?

Sofern Mitarbeitende einem anderen Team bei gleichbleibenden Aufgaben zugeordnet werden, kann sich dies als Versetzung darstellen. Entscheidend kann insbesondere sein, ob sich die Weisungsstruktur („Arbeitsregime“) ändert, vgl. LAG Thüringen vom 09.05.2023 – 1 TaBV 522.

  1. Arbeitgeber darf Überstunden nicht dulden?

Hier gab es eine Betriebsvereinbarung, die eine Höchstgrenze an möglichen Überstunden regelte. Trotz dessen waren einige Mitarbeitende darüber hinaus tätig. Hier ist dann Aufgabe von Arbeitgeberseite die Einhaltung der Betriebsvereinbarung sicherzustellen. Kommt die Arbeitgeberseite dem nicht nach, so steht dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch zu, vgl. LAG Hessen vom 06.03.2023 – 16 TaBV 85/22.

  1. Matrix-Betrieb führt zum Kündigungsschutz?

In diesem Fall bestand eine sog. Matrix-Organisation mit der Folge, dass teilweise nur eine Mitarbeitende Person tätig war und daher die erforderliche Beschäftigtenzahl zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes fehlen würde. Da hier jedoch konzernweit Aufgaben wahrgenommen worden sind und einzelne Bereiche nicht eigenständig waren, sondern vielmehr in die Gesamtstruktur eingebunden waren, ist mit der Aufgabe eines bereiches kein Stilllegen eines Betriebes verbunden. Folglich behält auch ein Betriebsrat (anders bei Stilllegung des Betriebes) weiter Kündigungsschutz, vgl. Niedersachsen vom 24.07.2023 – 15 Sa 906/22.

  1. Bahnfahren contra Arbeitsunfähigkeit?

Ein krankheitsbedingt arbeitsunfähiger Mitarbeiter fährt viele Stunden mit der Bahn zu seiner Familie. Steht eine so lange Bahnfahrt der Annahme der Arbeitsunfähigkeit entgegen? Das Gericht urteilte hier, dass die mehrstündige Bahnfahrt nicht annähernd mit der Belastung bei Arbeitstätigkeit vergleichbar ist. Damit war die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Beweiswert nicht erschüttert, die Arbeitgeberseite wurde verurteilt Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 13.07.2023 – 5 Sa 1/23.

  1. Zeugnisberichtigung auch noch nach Jahren?

Die Arbeitgeberseite hatte nach dieser Entscheidung ein Zeugnis böswillig unrichtig erstellt und erteilt. In solchen Fällen verwirkt der Berichtigungsanspruch von Arbeitnehmerseite nicht, so dass auch nach Ablauf geraumer Zeit die Arbeitgeberseite durch Klage zur Berichtigung des Zeugnisses verurteilt werden kann, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 31.05.2023 – 4 Sa 5422.

  1. Keine Befristung mit Kranken?

Die Arbeitgeberseite hatte Jemanden zur Vertretung einer anderen Person befristet eingestellt. Dabei war bereits klar, dass die Vertretung während der Befristungszeit selbst arbeitsunfähig bleiben wird. Auf dieser Grundlage ist die Befristung jedoch unwirksam, so dass der Vertrag als unbefristet geschlossen gilt, vgl. LAG Niedersachsen vom 11.05.2023 – 5 Sa 2723.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht September 2023

  1. Äußerungen in Chatgruppe führen zur Kündigung?

Grundsätzlich unterfallen Meinungsäußerungen gegenüber wenigen Personen unter einen Vertraulichkeitsbereich. Gerade, wenn Mitarbeitende nicht erwarten können, dass getätigte Erklärungen weitergetragen werden. In diesem Fall gab es in einer kleinen geschlossenen Chatgruppe beleidigende sowie rassistische und sexistische Äußerungen in Bezug auf Vorgesetzte. Das Gericht sah hier nicht die Möglichkeit sich auf eine Vertraulichkeitserwartung berufen zu können und bestätigte die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses, vgl. BAG vom 24.08.2023 – 2 AZR 17/23.

  1. Kündigung in der Insolvenz mit Vermutung der Betriebsbedingtheit?

Hier lag dem Verfahren ein Interessenausgleich zwischen Betriebsrat und Insolvenzverwalter mit Namenliste zugrunde. Das Gericht bestätigte, dass in solchen Fällen vermutet wird, dass die Kündigungen der in der Namensliste aufgeführten Mitarbeitenden durch dringende betriebliche Erfordernisse begründet ist. Allerdings muss der Betriebsrat bei der Verhandlung noch Einfluss nehmen können, so dass die unternehmerische Entscheidung im Zeitpunkt des Interessenausgleiches noch nicht abgeschlossen sein darf, vgl. BAG vom 17.08.2023 – 6 AZR 56/23.

  1. Ohne Führerschein sperrt die Arbeitsagentur?

In diesem Fall verlor ein Lkw-Fahrer die Fahrerlaubnis, der Führerschein wurde eingezogen. Damit vermochte der Fahrer nicht mehr seiner Arbeitstätigkeit nachzukommen, er verlor das Arbeitsverhältnis. Die Arbeitsagentur wertete den Verlust der Fahrerlaubnis als grob fahrlässig in Bezug auf den Verlust des Arbeitsplatzes und sperrte den Antragsteller 12 Wochen vom Arbeitslosengeldbezug. Zu Recht, wie das Gericht entschied, vgl. LSG Baden-Württemberg vom 19.04.2023 – L 8 AL 1022/22.

  1. Schulungsanspruch für Überlastungsanzeigen?

Ein Betriebsrat war mit einer Vielzahl von Überlastungsanzeigen gegenüber der Arbeitgeberseite konfrontiert und begehrte hierzu eine Schulung. Diesen Schulungsanspruch verneinte die Arbeitgeberseite. Zu Unrecht. Das Gericht erklärte, dass bei einer Vielzahl von Überlastungsanzeigen bei einem 5-köpfigen Betriebsrat jedenfalls 2 Betriebsräte einen entsprechenden Schulungsanspruch haben, vgl. ArbG Berlin vom 01.08.2023 – 38 BV 1170/23.

  1. Zeugnis mit oder ohne Dankes und gute Wünsche-Formel?

In der Praxis ist es in Zeugnissen üblich, dass die Arbeitgeberseite am Ende des Zeugnisses das Ausscheiden der Arbeitnehmerseite bedauert und alles Gute für die Zukunft wünscht. Die Frage ist, ob auf eine solche Formulierung ein Anspruch besteht, erst recht, wenn es sich ansonsten um eine überdurchschnittliche Bewertung handelt. Das Bundesarbeitsgericht urteilte anders. Danach besteht auch bei einem Zeugnis mit leicht überdurchschnittlicher Bewertung kein Anspruch auf eine solche Schlussformel, vgl. BAG vom 25.01.2022 – 9 AZR 146/21.

  1. Vorstrafen mitteilungspflichtig an den Betriebsrat?

Hier ging es um die Zustimmungsverweigerung zur Versetzung durch den Betriebsrat. Dabei hatte die Arbeitgeberseite Vorstrafen des Mitarbeitenden dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung nicht mitgeteilt. Grundsätzlich dürften auch nur solche Vorstrafen von einer Mitteilungsobliegenheit erfasst sein, die einen Arbeitsplatzbezug haben und die Mitarbeitende auch in einem Bewerbungsgespräch hätten mitteilen müssen. Wenn aber die Frist zur Zustimmungsverweigerung abgelaufen und damit eine Zustimmungsfiktion eingetreten ist, kann der Betriebsrat die Versetzung gerichtlich kaum verhindern. So auch das Gericht, so dass der Betriebsrat auch im Beschwerdeverfahren unterlag, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 4.5.2023 – 26 TaBV 920/22.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht August 2023

  1. Hinweisgeberschutzgesetz – anonyme Meldungen muss sein?

Seit Juli 2023 gilt das Hinweisgeberschutzgesetz. Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten sind nunmehr gehalten anonymen Meldungen nachzugehen. Damit besteht eine Obliegenheit zur Aufklärung und das Verbot von Repressalien. Im Falle des Verstoßes drohen nunmehr Bußgelder.

  1. Arbeitszeitbetrug durch Pause?

Hier wurde von Arbeitnehmerseite die Eintragung der Pause in das Arbeitszeiterfassungssystem vorsätzlich unterlassen, wie das Gericht feststellte. Solche Verstöße können geeignet sein eine Kündigung und sogar auch eine fristlose Kündigung zu begründen. In diesem Fall bestätigte das Gericht die Kündigung, vgl. LAG Hamm vom 27.01.2023 – 13 Sa 1007/22

  1. Impfung macht fei – auch von der Arbeit?

Hier hatte ein Lehrer eine Datei im Netz hochgeladen. Dabei war mit dem zu erkennenden Bild eines Konzentrationslagers der Text „Impfung macht frei“ zu lesen. Hierauf kam es zur Kündigung des Lehrers. Zwar hob das Gericht die Kündigung auf, doch hat das Gericht gegen Zahlung einer Abfindung das Arbeitsverhältnis u.a. wegen erfolgter Äußerungen des Klägers im Gerichtsverfahren, aufgelöst, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 15.06.2023 – 10 Sa 1143/22.

  1. Video verstößt gegen Datenschutz – Verwendung trotzdem?

Sofern es sich um eine offene Videoüberwachung handelt, besteht grundsätzlich kein Verwertungsverbot im gerichtlichen Verfahren. Das Bundesarbeitsgericht hält hieran auch für den Fall fest, wenn die Videoüberwachung datenschutzrechtliche Vorgaben nicht umfassend berücksichtigt hat, vgl. BAG vom 29.06.2023 – 2 AZR  296/22.

Damit können vorsätzlich vertragswidriges Verhalten von Arbeitnehmerseite nachgewiesen werden

  1. Öffentliche Kritik beendet Arbeitsverhältnis?

In diesem Fall hatte ein Therapeut die Behandlung von Patienten/innen mit dem strafrechtlich relevanten Maßregelvollzug vergleichen. Auf diese Kritik hin folgte die Kündigung. Diese Kritik verließ die Grenze der Meinungsfreiheit, das Gericht bestätigte die Kündigung, vgl. LAG Thüringen vom 19.04.2023 – 4 Sa 269/22.

  1. Betriebsrat und Laptop mobil?

Sofern es sich um eine offene Videoüberwachung handelt, besteht grundsätzlich kein Verwertungsverbot im gerichtlichen Verfahren. Das Bundesarbeitsgericht hält hieran auch für den Fall fest, wenn die Videoüberwachung datenschutzrechtliche Vorgaben nicht umfassend berücksichtigt hat, vgl. BAG vom 29.06.2023 – 2 AZR  296/22.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juli 2023

  1. Arbeitgeber bezahlt Headhunter für Nichts?

Dem Fall lag zugrunde, dass der Arbeitgeber an eine Vermittlungsagentur (Headhunter) eine Provision von mehreren Tausend Euro zahlte. Der daraufhin eingestellte Arbeitnehmer musste sich gegenüber dem Arbeitgeber verpflichten, diese Provision zu erstatten, wenn er denn das Arbeitsverhältnis beendet. Es kam zur Eigenkündigung des Arbeitnehmers und der Arbeitgeber zog einen geringeren Anteil der Provision vom Gehalt des Arbeitnehmers ab. Zu Unrecht. Das Bundesarbeitsgericht hielt eine solche Verpflichtung in den AGBs, also Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Arbeitsvertrag entspricht AGB) für unzulässig, vgl. BAG vom 20.06.2023 – 1 AZR 265/22.

  1. Die Arbeitszeiterfassung-elektronisch für alle?

Seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes im September 2022 ist klar, dass die Arbeitszeiterfassung für alle Arbeitsverhältnisse bereits gilt, und zwar auch vor Einführung der neuen gesetzlichen Regelung.

Diese geplante Gesetzesregelung sieht derzeit vor, dass jeder Arbeitgeber für alle Arbeitnehmer/innen die Arbeitszeit elektronisch erfassen muss. Ausgenommen von der Pflicht zur elektronischen Erfassung bleiben Arbeitgeber, die weniger als 10 Arbeitnehmer/innen beschäftigen. Die Erfassung kann ansonsten auf die Arbeitnehmer/innen übertagen werden. Hierbei bleiben Arbeitgeber überwachungspflichtig. Verstöße können mit einem Bußgeld bis 30.000 € geahndet werden. Diese Regeln gelten auch für weiterhin mögliche Vertrauensarbeitszeiten.

  1. Bahnreise als Arbeitszeit?

Sofern Mitarbeitende eine Bahn-Lok führen ist dies Arbeitszeit. Was ist aber, wenn man nur im Zug sitzt und nur Reisezeit anfällt? Das Bundesarbeitsgericht beurteilt solche Fallgestaltungen nach der Beanspruchungstheorie. In einem Fall vor dem Verwaltungsgericht, dem auch Verspätungen, Umsteigen auf Bahnhöfen und dergleichen zugrunde lagen, befand das Gericht die Reisezeit als Arbeitszeit, vgl. VG Lüneburg vom 02.05.2023 – VG 3 A 146/22.

  1. Betriebsrat berichtet in sozialen Medien – Kündigungsgrund?

In dem Fall berichtete der Betriebsrat u.a. dahingehend, dass es „Lügen“ des Arbeitgebers gäbe und einen Komplott. Solche Darstellungen sind zwar geeignet, die Arbeitgeberseite schlecht dastehen zu lassen. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass diese Bewertungen nicht einzeln betrachtet werden dürften, sondern im Gesamtzusammenhang betrachtet werden müssten. Im Ergebnis erachtete das Gericht die Kündigungen der Arbeitgeberseite für rechtsunwirksam, vgl. LAG Sachsen vom 17.03.2023 – 4 Sa 78/22.

  1. Krankheit während der gesamten Kündigungsfrist – Lohnfortzahlung?

Der Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann erschüttert sein, wenn die gesamte Zeit der Kündigungsfrist zeitidentisch eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit besteht. Nachdem das Arbeitsgericht noch der Zahlungsklage der Arbeitnehmerseite stattgegeben hatte, wies das Landesarbeitsgericht das Zahlungsbegehren zurück. Das Landesarbeitsgericht sah in der Gesamtschau aller Indizien den Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttert. Der Arbeitnehmersite gelang es nicht das Gericht von den Voraussetzungen einer Arbeitsunfähigkeit zu überzeugen, vgl. LAG vom 02.05.2023 – 2 Sa 203/22.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juni 2023

  1. Arbeitszeitbetrug-Kündigung ohne Abmahnung?

In diesem Fall ging es lediglich um 10 Minuten. Die Arbeitnehmerseite hatte auf Vorhalt den Vorwurf wahrheitswidrig geleugnet. In diesem Fall erachtete das Gericht eine vorherige Abmahnung als entbehrlich und bestätigte die Wirksamkeit der ausgesprochenen fristlosen Kündigung, vgl. LAG Hamm vom 27.01.2023 – 13 Sa 1007/22.

  1. Haben Männer keine flinken Frauenhände?

Absagen auf Bewerbungen können diskriminierend sein und sich als Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellen. In diesem Fall wurde ein männlicher Bewerber abgelehnt mit dem Hinweis, dass die Tätigkeit eher für „flinke Frauenhände“ geeignet sei. Auf die Klage erhielt der Kläger eine Entschädigung über 2.500,00 € zugesprochen, vgl. LAG Nürnberg vom 13.12.2022 – 7 Sa 168/22.

  1. Neue Krankheit bringt neue Entgeltfortzahlung?

Schwierig wird es, wenn von Arbeitnehmerseite verschiedene Krankheiten, die jeweils zur Arbeitsunfähigkeit führen, angegeben werden und dadurch immer wieder erneut weitere 6-Wochen-Lohnfortzahlungszeiträume ausgelöst werden.

Bestreitet der Arbeitgeber Neuerkrankungen, so ist von Arbeitnehmerseite nachzuweisen, dass verschiedene Erkrankungen gegeben sind und ggf. die Vorerkrankungen ausgeheilt war. Hierzu kann es erforderlich sein, dass die Arbeitnehmerseite sämtliche betreffenden Angaben offenlegen und dafür gegebenenfalls auch Ärzte insoweit von ihrer Schweigepflicht entbinden muss, vgl. BAG vom 18.01.2023 – 5 AZR 93/22.

  1. Abgeltung für alles oder beschränkt auf den Mindesturlaub?

Dieser Fall betrifft zwar kein Arbeitsrecht, sondern Beamtenrecht. Dennoch wird damit deutlich, dass Arbeitgeber durch entsprechende vertragliche Gestaltung Einfluss auf den Umfang von möglichen Urlaubsabgeltungsansprüchen nehmen können.

In diesem Fall verlangte ein vorzeitig in den Ruhestand gehender Beamter die Abgeltung von Urlaub. Das Gericht beschränkte den Anspruch auf den gesetzlich geschützten Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen (bei 5-Tage-Arbeitswoche), vgl. Verwaltungsgericht Koblenz vom 09.05.2023 – 5 K 1088/22.KO.

  1. Zeitarbeit mit gleichem Lohnanspruch?

Zwar sieht das Gesetz eine Lohngleichheit nach dem Grundsatz equal Pay vor, doch lässt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) eben zu, dass durch Tarifvertrag davon abgewichen werden kann und dies auch zum Nachteil der Arbeitnehmerseite. Dieser Möglichkeit stellte sich das Bundesarbeitsgericht nicht entgegen, vgl. BAG vom 01.05.2023 – 5 AZR 143/19.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Mai 2023

Die Arbeitszeiterfassung – alles neu oder bestand die Pflicht schon immer?

Nachdem der Europäische Gerichtshof bereits entschieden hatte, dass der Arbeitsschutz nur bei Erfassung der Arbeitszeiten gewährleistet werden kann, hatte das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13.09.2022 geurteilt, dass eine arbeitgeberseitige Verpflichtung zur Zeiterfassung in Deutschland bereits besteht.

Danach sind Arbeitgeber verpflichtet ein System zur Arbeitszeiterfassung nicht nur zur Verfügung zu stellen, sondern dafür Sorge zu tragen, dass von einem solchen System tatsächlich Gebrauch gemacht wird.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes aus dem September 2022 ist folglich die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmerseite derzeit bereits konkret aufzuzeichnen.

Vor dem Hintergrund des zu gewährenden Arbeitsschutzes und damit der Kontrolle der Höchstarbeitszeit sowie der Ruhezeiten sind Arbeitgeber verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit betreffend der Arbeitnehmerseite aufzuzeichnen. Mangels derzeit bestehender weitergehender gesetzlicher Regelungen bestehen derzeit keine Festlegungen zum Inhalt der Arbeitszeitdokumentation. Insoweit können diese sowohl elektronisch als auch handschriftlich erfolgen. Insoweit ist auch die Delegierung von Arbeitgeberseite auf die Arbeitnehmerseite zur Aufzeichnung möglich. Verantwortlich bleibt jedoch für die Vorgaben des Arbeitsschutzes die Arbeitgeberseite, sodass entsprechende Kontrollen zur Einhaltung und ordnungsgemäßen Erfassung zu erfolgen haben. Verstöße werden insoweit bei Kontrollen der Arbeitsschutzbehörden entsprechend geprüft und gegebenenfalls auch entsprechend insbesondere durch Bußgelder geahndet.

Konkretisiert werden diese Pflichten zur Arbeitszeiterfassung durch neue Regelungen zum Arbeitszeitgesetz, die derzeit noch nicht in Kraft getreten sind. Nach dem zurzeit bestehenden Referentenentwurf zur Neuregelung zum Arbeitszeitgesetz werden voraussichtlich insbesondere folgende Punkte gesetzlich neu geregelt werden:

  • Arbeitgeberseitige Pflicht Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen
  • Pflicht der Arbeitgeberseite zur Kontrolle der Arbeitszeiterfassung
  • Pflicht zur Herausgabe der Aufzeichnungen über die Arbeitszeit auf Verlangen der Arbeitnehmerseite
  • Aufbewahrungspflicht der Arbeitszeitaufzeichnungen für zwei Jahre
  • Möglichkeit der nicht elektronischen Zeiterfassung durch Regelungen im Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung
  • Ausnahmeregelung für nicht elektronische Zeiterfassung für Kleinunternehmen, voraussichtlich für solche mit weniger als zehn Beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
  • Bußgeldregelung bis zu 30.000 € je Verstoß

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Newsletter zum Arbeitsrecht April 2023

  1. Nachzuschläge für Jeden eine anderer?

Die Frage ist, ob abhängig von der Belastung und anderen Faktoren die Nachtzuschläge in ihrer Höhe unterschiedlich ausfallen können. Das Bundesarbeitsgericht bejahte dies. So können aufgrund eines Tarifvertrages für gelegentliche Nachtarbeit ein Zuschlag von 50 Prozent gezahlt werden, für regelmäßige nächtliche Schichtarbeit aber nur von 20 Prozent, vgl. BAG vom 22.02.2023 – 10 AZR 332/20.

  1. Kündigungsschutz bei Schwangerschaft ab wann?

Kritisch für die Frage des Kündigungsschutzes nach dem Mutterschutzgesetz kann es werden, wenn die Kündigung zu Beginn der Schwangerschaft zugeht. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu entschieden, dass das Kündigungsverbot für schwangere Arbeitnehmerinnen 280 Tage vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin beginnt. Damit wird der frühestmögliche Zeitpunkt zum Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen berücksichtigt, vgl. BAG vom 24.11.2022 – 2 AZR 11/22.

  1. Kündigung trotz Kurzzeiterkrankungen?

Ja, wenn häufige Kurzerkrankungen vorliegen kann sich daraus eine Kündigung wegen der Krankheit aus personenbedingten Gründen rechtfertigen und zulässig sein. Dies kommt dann in Betracht, wenn aufgrund der Fehlzeiten eine negative Gesundheitsprognose vorliegt und der Betrieb einen wirtschaftlichen Schaden beschreiben kann. Soweit jedoch die Krankheiten ausgeheilt sind, scheitert die negative Zukunftsprognose und damit auch die Wirksamkeit der Kündigung, vgl. LAG Köln vom08.11.2022 – 4 Sa 297/21.

  1. Heimliche Video/Audioaufnahmen doch nicht strafbar?

Jedenfalls bei Beweisnot und der Intention die Strafbarkeit gegenüber den Ermittlungsbehörden (Polizei/Staatsanwaltschaft) nachzuweisen, kann eine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB entfallen lassen, vgl. Landgericht Karlsruhe, Beschluss vom 04.01.2023 – 16 Qs 98/22.

  1. Altersdiskriminierung auch im Sport?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet eine diskriminierende Vorgehensweise auch wegen des Alters. In diesem Fall wurde ein Schiedsrichter wegen seines Alters von 47 Jahren nicht mehr in die Schiedsrichterliste des Deutschen Fußballbundes aufgenommen. Das Gericht sprach daraufhin eine Entschädigungszahlung in Höhe von 48.500,00 € zu, vgl. Landgericht Frankfurt a.M., Entscheidung vom 25.01.2023, 2-16 O 22/21.

  1. Geringfügig Beschäftigte mit Anspruch auf gleichen Lohn?

Unter der Maßgabe, dass Vollzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte die gleiche Qualifikation haben und auch die gleichen Tätigkeiten ausführen, verbietet sich insbesondere im Verbot der mittelbaren Diskriminierung eine schlechtere Entlohnung. Auch die Tatsache, dass die geringfügig Beschäftigten in diesem Fall den Umfang der zeitlichen Lage mitunter durch Wünsche beeinflussen können, steht dem nicht entgegen, vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Januar 2023 – 5 AZR 108/22.

  1. Kündigung ohne BEM grundsätzlich unwirksam?

Nach der Rechtsprechung ist eine ausgesprochene Kündigung ohne vorherige Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements grundsätzlich unwirksam und nur in Ausnahmefällen wirksam. Dies kann der Fall sein, wenn die Arbeitnehmerseite einem solchen Verfahren nie zugestimmt hätte (LAG Berlin-Brandenburg vom 27.02.2019 – 17 Sa 1605/18). Allein der Umstand, dass das Integrationsamt einer zugestimmt hat, ersetzt jedoch nicht die vorherige Durchführung eines BEM-Verfahrens, vgl. BAG vom 15.12.2022 – 2 AZR 162/22

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Newsletter zum Arbeitsrecht März 2023

  1. Arbeitszeiterfassung auch für Vertrauensarbeitszeit?

Ja, die Zeiterfassung dient der Sicherstellung des Gesundheitsschutzes von Mitarbeitenden. Damit ist der Betriebsrat auch für die Ausgestaltung im Rahmen der Mitbestimmung zuständig auch für den Bereich der Vertrauensarbeitszeit. Somit sind Beginn und Ende der Arbeitszeit konkret zu erfassen. Die Vertrauensarbeitszeit mag dadurch gekennzeichnet sein, dass die Mitarbeitenden selbst Beginn und Ende bestimmen können. Dies lässt die daneben bestehende Dokumentationspflicht aber unberührt. Folglich sind auch hier die konkreten Zeiten zu erfassen, eine pauschale Angabe der Tätigkeit als Volumen von beispielsweise 8 Stunden wird dem nicht gerecht.

  1. Krankmeldung durch Boten?

In dem Fall hatte ein Arbeitnehmer seine Krankmeldung dich eine andere Person ausrichten lassen. Dies ist ausreichend, so das Arbeitsgericht Emden, vgl. ArbG Emden vom 16.08.2022 – 2 Ca 263/21. Die erteilte Abmahnung war daher rechtswidrig.
Allerdings trägt der krankheitsbedingt arbeitsunfähige Mitarbeitende auch das Risiko der nicht erfolgenden Mitteilung durch den Boten.

  1. SMS zur Unzeit?

Die vorgesetzte Person hat die Änderung zum Dienstplan per SMS an die Mitarbeitenden übermittelt. Die Mitteilung ging außerhalb der Arbeitszeit zu. Der Mitarbeitende erschien nicht zum Dienst. Das Landesarbeitsgericht urteilte, dass Arbeitgeber nicht erwarten dürfen, dass Telefonnachrichten in der Freizeit gelesen werden. Damit bestand auch keine Pflichtverletzung der Arbeitnehmerseite, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 27.09.2022 – 1 Sa 39 öD/22.

  1. Verdienst nach Vollzeit oder Teilzeit?

Geringfügig Beschäftigte erhalten mitunter einen geringeren Verdienst auf die Stunde bezogen. Sofern bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit also allein das Tätigkeitsvolumen anders ist, haben geringfügig Beschäftigte den gleichen Anspruch auf dieselbe Stundenvergütung, vgl. LAG München vom 19.01.2022 – 10 Sa 582/21. Die Revision der Arbeitgeberseite zum Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.

  1. Feiern trotz Krankheit?

Zwar ist man bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht in der Wohnung eingesperrt und darf sich lediglich nicht genesungswidrig verhalten. Doch eine kurzzeitige krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, in der man auf Ibiza auf einer Party fotografiert wird und das Leben ausgelassen feiert, kann eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit offenbaren. Dies kann geeinigt sein eine fristlose Kündigung zu begründen, so das Arbeitsgericht Siegburg vom 16.12.2022 – 5 Ca 1200/22.

  1. Urlaub und Verfall durch Tarifvertrag?

Eine Urlaubsabgeltung setzt stets die Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses voraus. Erst dann wandelt sich der Anspruch auf Urlaub in natura in einen solchen auf Abgeltung in Geld. Was ist, wenn hier eine Frist zur Geltendmachung im Tarifvertrag geregelt ist? Das Bundesarbeitsgericht hat hier geurteilt, dass der reine Geldanspruch tariflichen Ausschlussfristen unterfallen kann, die Verjährung kann indes aufgrund der erfolgten Rechtssprechungsänderung nicht vor dem Ende 2018 beginnen, vgl. BAG vom 31.01.2023 – 9 AZR 456/20.

  1. Bewerbung mit Beeinträchtigung?

Stellenangebote berücksichtigen nicht immer eine diskriminierungsfreie Darstellung. Was ist, wenn Bewerber/innen sich um die Stelle „bemühen“, allein um Entschädigungsansprüche geltend zu machen, obwohl die Voraussetzungen bei ihnen gar nicht gegeben sind. Solche Scheinbewerbungen können den Straftatbestand des Betruges erfüllen, vgl. BGH vom 04.05.2022 – 1 StR 3/21.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Februar 2023

  1. Abmahnung nach dem Datenschutzrecht entfernen?

Ein Beschäftigter hatte eine Abmahnung wegen einer Verspätung erhalten. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte dieser die Entfernung aus der Personalakte. Dies wurde von Arbeitgeberseite mit dem Hinweis auf die papiergebundene Personalakte verweigert. Zu Unrecht, wie entschieden worden ist. Der Anspruch auf Entfernung ergibt sich auch aus Art.17 Abs.1 DSGVO, vgl. LAG Hamm vom 13.09.2022 – 6 Sa 87/22.

  1. Wer arbeitet wo als Fremdpersonal – Info-Pflicht an den Betriebsrat?

Vielerorts wird Fremdpersonal eingesetzt. In diesen Fällen verlangen Betriebsräte Auskünfte. Nach der Rechtsprechung ist arbeitgeberseitig der Betriebsrat insbesondere über den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Arbeitsort und die Arbeitsaufgaben zu unterrichten, nicht jedoch über die Namen der eingesetzten Arbeitskräfte, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 12.10.2022 – 4 TaBV 3/21.

  1. Hinweisgeber/innen unter Schutz?

Hinweisgeber/innen von Verstößen in Unternehmen gegen Gesetze gegenüber Behörden setzen sich der Gefahr beruflicher Sanktionen bis hin zur Kündigung aus. Um dem zu begegnen sollen sog. Whistleblower gesetzlich geschützt werden, um sanktionslose Meldungen an Meldestellen zu ermöglichen. Die Grundlagen sollen in einem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) erfasst werden.

  1. Quarantäne bei Coronakontakt – mit oder ohne Entschädigung?

Sofern sich ein/e Arbeitnehmer/in allein wegen des Kontaktes zu einer Person mit Corona in Quarantäne befindet, begründet dies keinen Anspruch der Arbeitgeberseite auf Erstattung von gezahlten Entgeltfortzahlungen an die Arbeitnehmerseite. Das Gericht bestätigte den fehlenden Erstattungsanspruch der Arbeitgeberseite und wies die entsprechende Klage ab, vgl. VerwG Berlin vom 1.12.2022 – 14 K 631/20.

  1. Leiharbeitnehmer/innen mit gleichem Anspruch?

Leiharbeiter haben den grundsätzlichen gleichen Anspruch in der Vergütung, wie die fest angestellten Mitarbeitenden. Sofern eine schlechtere Vergütung erfolgt, muss dafür ein entsprechender deutlicher Ausgleich gegeben sein, vgl. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15.12.2022, C‑311/21.

  1. Sozialauswahl und ältere Beschäftigte mit weniger Schutz?

Grundsätzlich zählt auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter im Rahmen der Sozialauswahl und erhöht den Schutz im Laufe der Zeit. Sofern Mitarbeitende indes eine abschlagfreie Rente beziehen oder in den nächsten zwei Jahren beziehen können, kann dies verringernd bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden, vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.12.2022, 6 AZR 31/22.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
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