Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht März 2023

  1. Arbeitszeiterfassung auch für Vertrauensarbeitszeit?

Ja, die Zeiterfassung dient der Sicherstellung des Gesundheitsschutzes von Mitarbeitenden. Damit ist der Betriebsrat auch für die Ausgestaltung im Rahmen der Mitbestimmung zuständig auch für den Bereich der Vertrauensarbeitszeit. Somit sind Beginn und Ende der Arbeitszeit konkret zu erfassen. Die Vertrauensarbeitszeit mag dadurch gekennzeichnet sein, dass die Mitarbeitenden selbst Beginn und Ende bestimmen können. Dies lässt die daneben bestehende Dokumentationspflicht aber unberührt. Folglich sind auch hier die konkreten Zeiten zu erfassen, eine pauschale Angabe der Tätigkeit als Volumen von beispielsweise 8 Stunden wird dem nicht gerecht.

  1. Krankmeldung durch Boten?

In dem Fall hatte ein Arbeitnehmer seine Krankmeldung dich eine andere Person ausrichten lassen. Dies ist ausreichend, so das Arbeitsgericht Emden, vgl. ArbG Emden vom 16.08.2022 – 2 Ca 263/21. Die erteilte Abmahnung war daher rechtswidrig.
Allerdings trägt der krankheitsbedingt arbeitsunfähige Mitarbeitende auch das Risiko der nicht erfolgenden Mitteilung durch den Boten.

  1. SMS zur Unzeit?

Die vorgesetzte Person hat die Änderung zum Dienstplan per SMS an die Mitarbeitenden übermittelt. Die Mitteilung ging außerhalb der Arbeitszeit zu. Der Mitarbeitende erschien nicht zum Dienst. Das Landesarbeitsgericht urteilte, dass Arbeitgeber nicht erwarten dürfen, dass Telefonnachrichten in der Freizeit gelesen werden. Damit bestand auch keine Pflichtverletzung der Arbeitnehmerseite, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 27.09.2022 – 1 Sa 39 öD/22.

  1. Verdienst nach Vollzeit oder Teilzeit?

Geringfügig Beschäftigte erhalten mitunter einen geringeren Verdienst auf die Stunde bezogen. Sofern bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit also allein das Tätigkeitsvolumen anders ist, haben geringfügig Beschäftigte den gleichen Anspruch auf dieselbe Stundenvergütung, vgl. LAG München vom 19.01.2022 – 10 Sa 582/21. Die Revision der Arbeitgeberseite zum Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg.

  1. Feiern trotz Krankheit?

Zwar ist man bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht in der Wohnung eingesperrt und darf sich lediglich nicht genesungswidrig verhalten. Doch eine kurzzeitige krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, in der man auf Ibiza auf einer Party fotografiert wird und das Leben ausgelassen feiert, kann eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit offenbaren. Dies kann geeinigt sein eine fristlose Kündigung zu begründen, so das Arbeitsgericht Siegburg vom 16.12.2022 – 5 Ca 1200/22.

  1. Urlaub und Verfall durch Tarifvertrag?

Eine Urlaubsabgeltung setzt stets die Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses voraus. Erst dann wandelt sich der Anspruch auf Urlaub in natura in einen solchen auf Abgeltung in Geld. Was ist, wenn hier eine Frist zur Geltendmachung im Tarifvertrag geregelt ist? Das Bundesarbeitsgericht hat hier geurteilt, dass der reine Geldanspruch tariflichen Ausschlussfristen unterfallen kann, die Verjährung kann indes aufgrund der erfolgten Rechtssprechungsänderung nicht vor dem Ende 2018 beginnen, vgl. BAG vom 31.01.2023 – 9 AZR 456/20.

  1. Bewerbung mit Beeinträchtigung?

Stellenangebote berücksichtigen nicht immer eine diskriminierungsfreie Darstellung. Was ist, wenn Bewerber/innen sich um die Stelle „bemühen“, allein um Entschädigungsansprüche geltend zu machen, obwohl die Voraussetzungen bei ihnen gar nicht gegeben sind. Solche Scheinbewerbungen können den Straftatbestand des Betruges erfüllen, vgl. BGH vom 04.05.2022 – 1 StR 3/21.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Februar 2023

  1. Abmahnung nach dem Datenschutzrecht entfernen?

Ein Beschäftigter hatte eine Abmahnung wegen einer Verspätung erhalten. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte dieser die Entfernung aus der Personalakte. Dies wurde von Arbeitgeberseite mit dem Hinweis auf die papiergebundene Personalakte verweigert. Zu Unrecht, wie entschieden worden ist. Der Anspruch auf Entfernung ergibt sich auch aus Art.17 Abs.1 DSGVO, vgl. LAG Hamm vom 13.09.2022 – 6 Sa 87/22.

  1. Wer arbeitet wo als Fremdpersonal – Info-Pflicht an den Betriebsrat?

Vielerorts wird Fremdpersonal eingesetzt. In diesen Fällen verlangen Betriebsräte Auskünfte. Nach der Rechtsprechung ist arbeitgeberseitig der Betriebsrat insbesondere über den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Arbeitsort und die Arbeitsaufgaben zu unterrichten, nicht jedoch über die Namen der eingesetzten Arbeitskräfte, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 12.10.2022 – 4 TaBV 3/21.

  1. Hinweisgeber/innen unter Schutz?

Hinweisgeber/innen von Verstößen in Unternehmen gegen Gesetze gegenüber Behörden setzen sich der Gefahr beruflicher Sanktionen bis hin zur Kündigung aus. Um dem zu begegnen sollen sog. Whistleblower gesetzlich geschützt werden, um sanktionslose Meldungen an Meldestellen zu ermöglichen. Die Grundlagen sollen in einem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) erfasst werden.

  1. Quarantäne bei Coronakontakt – mit oder ohne Entschädigung?

Sofern sich ein/e Arbeitnehmer/in allein wegen des Kontaktes zu einer Person mit Corona in Quarantäne befindet, begründet dies keinen Anspruch der Arbeitgeberseite auf Erstattung von gezahlten Entgeltfortzahlungen an die Arbeitnehmerseite. Das Gericht bestätigte den fehlenden Erstattungsanspruch der Arbeitgeberseite und wies die entsprechende Klage ab, vgl. VerwG Berlin vom 1.12.2022 – 14 K 631/20.

  1. Leiharbeitnehmer/innen mit gleichem Anspruch?

Leiharbeiter haben den grundsätzlichen gleichen Anspruch in der Vergütung, wie die fest angestellten Mitarbeitenden. Sofern eine schlechtere Vergütung erfolgt, muss dafür ein entsprechender deutlicher Ausgleich gegeben sein, vgl. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15.12.2022, C‑311/21.

  1. Sozialauswahl und ältere Beschäftigte mit weniger Schutz?

Grundsätzlich zählt auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter im Rahmen der Sozialauswahl und erhöht den Schutz im Laufe der Zeit. Sofern Mitarbeitende indes eine abschlagfreie Rente beziehen oder in den nächsten zwei Jahren beziehen können, kann dies verringernd bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden, vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.12.2022, 6 AZR 31/22.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Januar 2023

  1. Mehrarbeitszuschläge auch für Urlaubsstunden?


Hier war die Frage, ob der in einem Tarifvertrag zugrunde liegende Schwellenwert für Mehrarbeitszuschläge bereits erreicht war. Würde man die durchschnittlichen Stunden auch während der Urlaubszeit mitberücksichtigen, waren danach Mehrarbeitszuschläge zu zahlen. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass auch genommene Urlaubsstunden zu berücksichtigen sind, so dass das Zeitarbeitsunternehmen die Mehrarbeitszuschläge zu zahlen hat, vgl. BAG vom 16.11.2022 – 10 AZR 210/19.

  1. Der Schulungsanspruch nur online?

Betriebsräte und Personalräte haben einen eignen Schulungsanspruch. Diese werden in Präsenz aber auch online angeboten. Letztere sind oft preisgünstiger, zumal Fahrzeiten und Übernachtungen entfallen. In diesem Fall wollte ein Arbeitgeber den Personalrat auf online-Schulungen verweisen und Schulungen in Präsenz damit verweigern. Zu Unrecht, die Personalräte müssen sich danach nicht auf Webinare verweisen lassen, vgl. LAG Düsseldorf vom 24.11.2022 – 8 TaBV 59/21.

  1. Kündigung ohne Betriebsrats – Anhörung?

Mitunter ergeht eine Kündigung und Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite finden eine Einigung mit einem Abfindungsvergleich. Was ist, wenn der zuständige Betriebsrat nicht im Rahmen der Anhörung vor Kündigung beteiligt wird? Hier stellt sich dies als Verletzung der betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen dar mit der Folge, dass der Betriebsrat auf Unterlassung klagen kann und für den Wiederholungsfall Ordnungsgelder drohen können, vgl. Hessisches LAG vom 8.8.2022 – 16 TaBV 191/21.

  1. Versetzung auch ins Ausland?

In diesem Fall bestätigte das Bundesarbeitsgericht die Möglichkeit der Versetzung auch ins Ausland. Diese Möglichkeit entspricht und unterfällt dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht, sofern im Arbeitsvertrag oder sonst nichts anderes vereinbart ist. Dieser Fall betraf ein international tätiges Luftverkehrsunternehmen, vgl. BAG vom 30.11.2022 – 5 AZR 36/21.

  1. Urlaub auf ewig?

Der Urlaub ist grundsätzlich arbeitnehmerseitig zu beantragen und bis zum jeweiligen Jahresende in Anspruch zu nehmen. Ausnahmen bestehen zum Beispiel bei Krankheit, in deren Folge der Urlaub nicht verbraucht werden kann und nicht zum Jahresende verfällt. Was aber ist, wenn kein Übertragungsgrund gegeben ist? In solchen Fällen tritt mangels Verbrauchs von Urlaub auch kein Wegfall des Urlaubsanspruchs ein. Die Frage, die sich daran anschließt war, ob dieser Anspruch auf den Urlaub irgendwann verjährt? Das Bundesarbeitsgericht entschied hier, dass die Verjährung erst zu laufen beginnt, nachdem die Arbeitgeberseite ihrer Obliegenheit zum Hinweis des bestehenden Resturlaubes und den drohenden Verfall nachgekommen ist, vgl. BAG vom 20.12.2022 – 9 AZR 245/19. Arbeitgeber sollten daher die erfolgten Belehrungen dokumentieren.

  1. AU – alles neu?

Nunmehr gibt es die elektronische Krankmeldung (eAU). Damit entfällt die in Papierform der Arbeitnehmerseite von der Arztpraxis ausgestellte AU-Bescheinigung. Stattdessen erfolgt eine elektronische Meldung an die zuständige Krankenkasse. Im Rahmen des Datenaustauschverfahrens kann die Arbeitgeberseite die AU-Mitteilung sodann bei der Krankenkasse abrufen. Dies ersetzt jedoch nicht die Pflicht der Arbeitnehmerseite aus § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz. Danach besteht die Pflicht der Arbeitnehmerseite, der Arbeitgeberseite die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen weiterhin.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Dezember 2022

  1. Videoüberwachung beweist Arbeitszeitbetrug?

Hier erfolgte zunächst ein anonymer Hinweis auf Arbeitszeitbetrug. Daraufhin wurde am Zugangstor zum Betriebsgelände eine Videoüberwachung ausgewertete und diese mit dem elektronischen Zeiterfassungssystem abgeglichen. Hieraus ergaben sich die Unstimmigkeiten. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes war die Videoüberwachung am Zugangstor zum Betrieb grundsätzlich ungeeignet, um die geleistete Arbeitszeit der Mitarbeiter zu kontrollieren. Damit bewertete das Gericht die Kündigung als unwirksam, vgl. LAG Niedersachsen vom 06.07.2022, 8 Sa 1150/20.

  1. Zahlungsrückgriff des Arbeitgebers gegen Betriebsratsmitglied?

Der Arbeitgeber zahlte eine verringerte Vergütung aus und behielt einen Teil zurück, um mit Kosten aufzurechnen, die der Arbeitnehmer als Betriebsratsmitglied für Schulungen verursacht hatte. Das Landesarbeitsgericht entschied hier, dass selbst, wenn es keine Kostentragungspflicht von Arbeitgeberseite gegeben haben sollte, ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, solche vom Lohn des als Betriebsrat tätigen Arbeitnehmers abzuziehen. Dies würde im Übrigen einer Benachteiligung des Mitgliedes des Betriebsrates entsprechen, vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 30.08.2022, 9 Sa 945/21.

  1. Werbung am Auto als Arbeitslohn?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass an die Arbeitnehmerseite gezahltes Geld für die Firmen-Werbung am Fahrzeug-Kennzeichen Arbeitslohn ist und als solcher der (sozialversicherungsrechtlichen) steuerlichen Abgabepflicht unterfällt, vgl. BFH vom 21.06.2022 – VI R 20/20.

  1. Kündigung wegen schädlicher Äußerungen vor dem Arbeitsvertrag?

Das Arbeitsgericht Berlin hat die fristlose Kündigung gegenüber einer Redakteurin für rechtsunwirksam erachtet. Der Entscheidung lag zugrunde, dass die Redakteurin Israel-feindliche Äußerungen getätigt habe. Problematisch war hier, dass diese Äußerungen zeitlich vor dem Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses getätigt worden sein sollen. Damit bestand in der Zeit des Arbeitsverhältnisses keine Pflichtverletzung, so dass die Kündigung keinen Bestand hatte, vgl. ArbG Berlin vom 05.09.2022 – 22 Ca 1647/22.

  1. Zeiterfassung – Mitbestimmung des Betriebsrates?

Das Bundesarbeitsgericht hat jüngst daran festgehalten, dass Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sind, die Arbeitszeiten aller Arbeitnehmer/innen zu erfassen. Ein Mitbestimmungsrecht für den Betriebsrat besteht damit nur für das „Wie“, nicht aber für das „Ob“ der Arbeitszeiterfassung, vgl. BAG vom 13.09.2022 – 1 ABR 22/21.

  1. Betriebsrat im Gesamtbetriebsrat ohne Arbeitsverhältnis?

Der Betriebsrat eines Gemeinschaftsbetriebes kann in den Gesamtbetriebsrat eines Trägerunternehmens auch Mitglieder entsenden, die in keinem Arbeitsverhältnis zu diesem Unternehmen stehen, vgl. BAG vom 01.06.2022 – 7 ABR 41/20.

  1. Erst Zwischenzeugnis dann fristlose Kündigung?

Hier wurde der Arbeitnehmerseite ein Zwischenzeugnis erstellt, ausweislich dessen das Verhalten der Mitarbeiterseite immer einwandfrei war. Sodann wurde arbeitgeberseitig wegen eines etwaigen groben Fehlverhaltens im Zusammenhang mit der Erstellung des Zwischenzeugnisses die fristlose Kündigung ausgesprochen. Hiergegen wehrte sich die Arbeitnehmerseite mit Erfolg. Das Zwischenzeugnis und die nahezu zeitgleich ausgesprochene fristlose Kündigung widersprechen sich, so dass das Gericht die Kündigung für rechtsunwirksam erachtete, vgl. LAG Hamm vom 03.05.200 – 14 Sa 1350/21.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht November 2022

  1. Schwerbehindertenvertretung auch im Kleinbetrieb?

Eine Schwerbehindertenvertretung wird für eine Amtszeit von regelmäßig 4 Jahren gewählt. Problematisch wird es dann, wenn die Beschäftigtenzahl unter 5 Mitarbeitende sinkt. Hier hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein vorzeitiges erlöschen der Amtszeit im Gesetz nicht vorgesehen ist. Folglich bleibt die Schwerbehinderten damit in dem Kleinbetrieb bestehen, vgl. BAG vom 19.10.2022 – 7ABR27/21

  1. Umwandlung in Europäische SE ohne Betriebsrat und Gewerkschaft?

Das deutsche Recht kennt Aktiengesellschaften, GmbH-s und auch die UG (Unternehmergesellschaft – haftungsbeschränkt). Hier bestehen generell die Möglichkeiten der Beteiligung von Gewerkschaften für Arbeitsbedingungen oder der Bildung eines Betriebsrates. Bei einer Umwandlung in eine Europäische Gesellschaft (SE) könnte die Gefahr einer Verringerung dieser Arbeitnehmer-Beteiligungsformen gegeben sein. Der europäische Gerichtshof hat hierzu entschieden, dass die Umwandlung in eine SE die Beteiligung von Gewerkschaften nicht verringern darf Wahlgänge von Arbeitnehmer-Vertretungen nach nationalem Recht auch weiter gewährleistet sein sollen, vgl. EuGH vom 18.10.2022 – C-677/20.

  1. Maskenpflicht – Kann dies von Arbeitgeberseite angeordnet werden?

Der Jurist sagt: Es kommt darauf an!

Sofern eine gesetzliche zwingende Regelung besteht, handelt die Arbeitgeberseite allein in Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben. Damit besteht auch das recht die Maskenpflicht anzuordnen, eben in Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Wenn diese gesetzlichen Vorgaben aber nicht bestehen oder ein ermessen und damit ein Spielraum besteht, kann die Arbeitgeberseite solche Anordnung bei bestehendem Betriebsrat nicht wirksam ohne dessen Beteiligung treffen. Hintergrund ist, dass hier das Verhalten und die Ordnung im Betrieb betroffen sind (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) und daher ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates besteht. In der Letzt genannten Konstellation wäre also eine arbeitgeberseitige Anordnung ohne wirksame Beteiligung des Betriebsrates nicht rechtswirksam.

  1. Zeiterfassung immer und überall?

Die Frage der Arbeitszeiterfassung kann sich insbesondere im sog. Homeoffice als fraglich darstellen. Der Europäische Gerichtshof hatte bereits entschieden, dass die Arbeitszeiten zu erfassen sind. Doch gilt dies auch in Deutschland oder muss hier der deutsche Gesetzgeber dies erst in nationales Recht umsetzen? Das Bundesarbeitsgericht ist dem EuGH gefolgt mit dem Ergebnis, dass damit sämtliche Arbeitszeiten aufzuzeichnen sind, also auch die im Homeoffice, vgl. BAG vom 13.9.2022 – 1 ABR 22/21.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Oktober 2022

  1. „Impfung macht frei“ auf YouTube rechtfertigt fristlose Kündigung?

In dem Fall hatte eine Lehrkraft dieses an die Inschrift des Konzentrationslagers angelehnte Statement auf YouTube veröffentlicht. Daraufhin wurde ihr die fristlose Kündigung erklärt. Das Gericht urteilte, dass mit derartiger Darstellung die Grenzen von Kunst- und Meinungsfreiheit überschritten sind und bestätigte die Kündigung, vgl. ArbG Berlin vom 14.09.2022 – 22 Ca 22322.

  1. ver.di auch für die Pflege zuständig?

Die Gewerkschaft ver.di strebte an auch Tarifverträge für die Pflegebranche abzuschließen. Hiergegen wehrte sich der Arbeitgeberverband, ohne Erfolg, wie das Bundesarbeitsgericht urteilte, vgl. BAG vom 13.09.2022 – 1 ABR 2421.

  1. Wann verjährt der Urlaub?

Der Urlaub ist immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung. Bereits entschieden ist, dass Arbeitgeber die Arbeitnehmerseite nunmehr auf den drohenden Verfall nicht genommenen Urlaubs im jeweiligen Jahr hinweisen müssen. Aber wann verjährt der Anspruch auf Urlaub nun? Der europäische Gerichtshof entschied, dass der Urlaubsanspruch nicht ohne weiteres verjährt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Arbeitnehmerseite tatsächlich nicht in der Lage war, den Urlaub zu verbrauchen. Die Arbeitgeber haben insoweit die Möglichkeit durch nachweisbare Hinweise und Aufforderungen die Arbeitnehmerseite zum Urlaubsantritt aufzufordern, auch um die dreijährige Verjährungsfrist in Gang zu setzen, vgl. EuGH vom 22.09.2022 – C-120/21 LB.

  1. Arbeitnehmerüberlassung – Höchstgrenze von 18 Monaten?

Eine solche Höchstgrenze sieht das Gesetz zwar vor, doch gilt abweichend davon, dass die Tarifvertragsparteien diese gesetzlich zulässige Grenze von 18 Monaten abweichend vereinbaren dürfen. Damit kann diese auch überschritten werden, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 14.09.2022 – 4 AZR 8321.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht September 2022

  1. Kälte auf Arbeit?

Ab dem 01.09.2022 gelten gesetzliche Vorgaben zum Energiesparen. Erfasst werden zunächst öffentliche Gebäude, die nur noch bis 19 °C beheizt werden dürfen. Ausgenommen bleiben zur Aufrechterhaltung des Gesundheitsschutzes insbesondere Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten. Im Übrigen gilt weiterhin die Arbeitsstättenverordnung.

  1. Arbeitszeiterfassung nun generell?

In einem entschiedenen Fall wollte ein Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zur Arbeitszeiterfassung erstreiten. Ein solches ist dann nicht gegeben, wenn der Arbeitgeberseite kein Spielraum zur Verfügung steht und bereits eine gesetzliche Verpflichtung besteht. Eben mit dieser Begründung dahingehend, dass Arbeitgeber ohnehin zur Erfassung der Arbeitszeiten aus den arbeitsschutzrechtlichen Regelungen in Verbindung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gesetzlich verpflichtet seien, scheiterte der Antrag des Betriebsrates. Diese Begründung des Bundesarbeitsgerichtes geht damit über die bisherige Ansicht, dass es keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gibt, hinaus, vgl. BAG vom 13.09.2022 – 1 ABR 22/21.

  1. Dauernachtarbeit führt zu 30 Prozent Zuschlag?

Ja, vor dem Hintergrund, dass Nachtarbeit der Gesundheit abträglich ist, bedarf es eines erhöhten Ausgleiches. Damit besteht bei Dauernachtarbeit ein Anspruch auf einen Zuschlag oder Freizeitausgleich. Das Bundesarbeitsgericht bewertete den Zuschlag mit 30 Prozent auf das Bruttogehalt als angemessen, vgl. BAG vom 20.05.2022 – 10 AZR 230/19.

  1. Kündigung wegen Kirchenaustritts?

Die Kirchen haben ein erweitertes Selbstbestimmungsrecht (Kirchenfreiheit). In dem Fall wurde einer Hebamme in einem katholischen Krankenhaus gekündigt, die aus der Kirche ausgetreten ist. Problematisch ist dies vor allem deswegen, weil andere nicht katholische Hebammen beschäftigt werden. Damit könnte sich eine Ungleichbehandlung in der Wertung ergeben, wenn sowohl nicht katholische als auch katholische Hebammen beschäftigt werden, nur letzteren bei Austritt die Kündigung droht. Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, vgl. BAG vom 21.7.2022 – 2 AZR 130/21 (A).

  1. Urlaub hält länger als gedacht?

Der Anspruch auf den Urlaub kann zwar am Ende eines jeden Jahres untergehen, doch verfällt dieser im Ergebnis nur, wenn die Arbeitgeber ihrer Hinweisobliegenheit nachgekommen sind. Auch die Verjährung von Urlaubsansprüchen ist nunmehr nicht ohne weiteres möglich. Voraussetzung hierfür ist ein arbeitgeberseitiger Hinweis, dass der Urlaub genommen werden muss und die Möglichkeit der Urlaubsinanspruchnahme besteht. Ferner bedarf es des Hinweises, dass der Urlaub andernfalls verfällt, vgl. EuGH vom 22.09.2022 Az.: EUGH, C-120/21, C-518/20, C-727/20.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht August 2022

  1. Mobbing ist mehr als ein Konflikt

Mobbing, ein nicht selten verwendetes Wort, liegt dann vor, wenn über einen längeren Zeitraum gezielte Handlungen in das Persönlichkeitsrecht eingreifen. Diese Handlungen müssen systematisch Mitarbeitende benachteiligen. Liegen die erforderlichen Voraussetzungen vor, können Schadenersatzansprüche die Folge sein. Hingegen genügen mögliche Konflikte allein nicht, um diese Voraussetzungen zu erfüllen, so das Landesarbeitsgericht, vgl. LAG Thüringen vom 25.01.2022 – 1 Sa 269/20.

  1. Raucherpause ist auch Pause

Pausen dienen der Erholung. Was, wenn Mitarbeitende sich immer wieder in sog. Raucherpausen begeben und sich hier nicht im System zur Pause abmelden? Dies kann eine schwerwiegende Pflichtverletzung begründen, die eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann, vgl. LAG Thüringen vom 03.05.2022 – 1 Sa 18/21

  1. Schwerbehinderung und Integrationsamt

Auch Mitarbeitende, die schwerbehindert sind, können gekündigt werden. Hierzu bedarf es der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Wenn dies arbeitgeberseitig missachtet wird, kann ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gegeben sein. Damit hier ein Anspruch auf Entschädigung in Betracht kommt, bedarf es jedoch weiterer konkreter Anhaltspunkte. Diese fehlten im Vortrag der Klägerseite, so dass die Zahlung eines Entschädigungsbetrages vom Gericht zurückgewiesen worden ist, vgl. BAG vom 02.06.2022 – 8 AZR 191/21

  1. Können Arbeitgeber Corona-Tests anordnen?

Corona war Thema und bleibt derzeit noch ein Thema. Wenn Arbeitgeber hierauf reagieren, können im Rahmen eines betrieblichen Hygienekonzepts Corona-Tests angeordnet werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt, vgl. BAG vom 01.06.2022 – 5 AZR 28/22.

  1. Urlaubsabgeltung und Freischicht

Die nachträgliche Urlaubsabgeltung nach noch abzugeltenden Tagen kann mitunter schwierig sein. In diesem Fall wurde der Mitarbeiter in ein Schichtsystem eingegliedert, das auch Freischichten vorsah (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder – TV-L). Die Frage war, wie weit diese zu berücksichtigen sind. Sofern diese nicht vorab im Dienstplan feststehen, waren diese zugunsten der Mitarbeitenden nicht zu berücksichtigen, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 04.05.2022 – 23 Sa 1135/21

  1. Trinkgelder und Kündigung

Trinkgelder werden in verschiedene Branchen gezahlt, u.a. im Hotel- und Gaststättengewerbe. Was, wenn Mitarbeitende solche Gelder für sich behalten, obwohl hierfür eine Gemeinschaftskasse besteht? In solchen Fällen kommt eine erhebliche und schwerwiegende Pflichtverletzung in Betracht, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann, vgl. ArbG Siegburg vom 14.07.2022 – 5 Ca 413/22

  1. Bewerbung über ebay

Eine Bewerbung auf eine angebotene Stellenanzeige auf der Plattform ebay-Kleinanzeigen ist auch eine Bewerbung. Wenn dort ausdrücklich nach einer Sekretärin gesucht wird, so werden männliche Bewerber benachteiligt. In diesem Fall sprach das Gericht drei Monatsgehälter als Entschädigung zu, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 21.07.2022 – 2 Sa 21/22

  1. Aus dem Urlaub zurück und man darf nicht in den Betrieb?

Ein Arbeitgeber wies einem aus dem Urlaub zurückkehrenden Mitarbeitenden zurück, da dieser aus einem Risikogebiet zurückkehrte. Es lagen keine Symptome vor und es bestand kein gesetzliches Absonderungsrecht. Damit befand sich die Arbeitgeberseite im Annahmeverzug und musste die Vergütung trotz fehelender Arbeit nachzahlen, vgl. BAG vom 10.08.2022 – 5 AZR 154/22.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juli 2022

  1. Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis?

In diesem Fall informierte der Arbeitgeber die Mitarbeitenden, dass diese zukünftig Kundentermine und Außenwirkungen in Präsenz nur noch dann wahrnehmen dürfen, wenn sie vollständig geimpft sind. Eine Mitarbeiterin gab daraufhin an, vollständig geimpft zu sein. Der Impfausweis wies indes einen gefälschten Impfnachweis aus. Darauf wurde ihr die Kündigung ausgesprochen. Die fristlose Kündigung wurde durch das Arbeitsgericht bestätigt, vgl. ArbG Köln vom 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21.

  1. Überstunden und Beweisregel?

Um eine Überstundenvergütung erfolgreich geltend zu machen, ist es Sache der Arbeitnehmerseite vorzutragen und zu beweisen, dass diese Stunden erbracht worden sind und arbeitgeberseitig diese Stunden angeordnet oder geduldet worden sind. Eine Beweislastumkehr bei nicht korrekter arbeitgeberseitiger Erfassung der Überstunden kommt nicht in Betracht, vgl. BAG vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21.

  1. Neuer Richtlinie der EU zu Regelungen im Arbeitsvertrag umfasst im Kern:
  • Ausführlichere Unterrichtung über wesentliche Aspekte des Beschäftigungsverhältnisses, frühzeitig und in schriftlicher Form
  • Höchstdauer für die Probezeit zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses
  • Möglichkeit der Mehrfachbeschäftigung, Verbot von Ausschließlichkeitsklauseln und Einschränkungen für Unvereinbarkeitsklauseln
  • Mindestplanbarkeit der Arbeit mit angemessenem Vorlauf für Arbeitnehmer/innen, deren Arbeitszeitplan unvorhersehbar ist (z. B. Arbeit auf Abruf)
  • Vorschriften zur Verhinderung von Missbrauch für Null-Stunden-Verträge
  • Anspruch auf schriftliche Antwort auf Ersuchen um Übergang zu einer Beschäftigungsform mit sichereren Arbeitsbedingungen
  • Anspruch auf kostenlose obligatorische Fortbildung im Falle der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Bereitstellung einer solchen Fortbildung
  1. Fortbildung und Rückzahlungsklauseln?

Rückzahlungsklauseln unterfallen strengen Regelungen und erweisen sich mitunter als unwirksam. So sind solche Klauseln auch dann insgesamt unwirksam, wenn die Arbeitnehmerseite beispielsweise unverschuldet erkrankt und selbst aus diesen Gründen der nicht mehr möglichen Tätigkeitsausübung kündigt, vgl. BAG vom BAG 01.03.2022 – 9 AZR 260/21.

  1. Kein leidensgerechter Arbeitsplatz im Homeoffice?

Zwar können Arbeitnehmer/innen verlangen, dass leidensgerechte Ausgestaltungen ihres Arbeitsplatzes erzwingen, nicht jedoch das Einrichten neuer Arbeitsplätze in diesem Rahmen, wie auch in Bezug auf die Ausgestaltung und Schaffung eines solchen Arbeitsplatzes im Homeoffice, vgl. LAG Köln vom 12.01.2022 – 3 Sa 540/21.

  1. Raucherpause ist Pause?

Wer sich entgegen der arbeitgeberseitigen Weisung wiederholt und hartnäckig dem Ausstempeln zur Raucherpause entzieht riskiert eine ordentliche Kündigung, so das LAG Thüringen vom 03.05.2022 -1Sa18/21.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juni 2022

  1. Impfunfähigkeits-Bescheinigung aus dem Internet?

Einem Ausdruck aus dem Internet über eine Impfunfähigkeit liegt keine ärztliche Untersuchung zugrunde. In Einrichtungen mit Impfpflicht kann eine solche Vorlage einen erheblichen arbeitsrechtlichen Verstoß begründen. Die Vorlage einer solchen Bescheinigung aus dem Internet gegenüber dem Arbeitgeber kann somit die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, vgl. ArbG Lübeck vom 18.04.2022 – 5 Ca 189/22.

  1. Kündigung bei Vorlage eines gefälschten Impfausweises?

Wer sich der arbeitgeberseitigen Weisung zur Einhaltung der 2-G-Regeln widersetzt und einen gefälschten Impfausweis vorliegt, um sodann auch in Kontakt mit Kunden treten zu dürfen, begeht eine erhebliche Pflichtverletzung. Das Gericht bestätigte daraufhin die Kündigung, vgl. ArbG Köln vom 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21.

  1. Erfüllen Sachbezüge den Mindestlohn?

Der Mindestlohn steigt weiter und es stellt sich immer wieder neu die Frage, was alles an Zuwendungen angerechnet werden kann, um den Mindestlohn zu erfüllen. In diesem Fall wurde freie Unterkunft und Verpflegung gewährt. Diese Sachzuwendungen erkannte die Behörde beim Mindestlohn nicht an und verlangte die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Das Gericht entschied, dass der gesetzliche Mindestlohn nach der Entgeltleistung in Geld zu berechnen ist (vgl. BAG vom 25.10.2016 – 5 AZR 135/16) mit der Folge, dass Sachbezüge bei der Bestimmung des Mindestlohns außer Betracht bleiben. Somit wurde der Arbeitgeber zu Nachzahlungen verurteilt, vgl. Bayrisches Landessozialgericht vom 28.02.2022 – L 7BA 1/22 BER.

  1. Mitbestimmung bei Personalstärke?

Hier war zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber strittig, wie viel Personal in einer Pflegeeinrichtung/Klinik eingesetzt werden muss. Im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens kam es zu einer Entscheidung über die Bestimmung der Personalstärke. Diesen Spruch der Einigungsstelle bewertete das Gericht für unwirksam. Die Einigungsstelle kann nur eine Regelung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen vereinbaren, nicht aber konkreten Maßnahmen wie das Festlegen eines Personalschlüssels festlegen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ist auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden beschränkt. Die Festlegung des Personalschlüssels bleibt dem Arbeitgeber vorbehalten, vgl. BAG vom 17.12.2021 – 1 ABR 25/20.

  1. Teure Seminare mit Geschenken?

Seminare für Betriebsräte Unterfällen der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers. Was aber, wenn es bei diesem Seminar beispielsweise Tablets mit dazu gibt (sog. Give-aways). Dies steht der Pflicht zur Kostenübernahme nicht entgegen, jedenfalls dann nicht, wenn vergleichbare Seminare nicht kostengünstiger sind, vgl. BAG vom 17.11.2021 – 7 ABR 27/20.

  1. Sexuelle Belästigung – Kündigung ohne vorherige Abmahnung?

In diesem Fall hatte ein Vorgesetzter wiederholt Einladungen an Mitarbeiterinnen ausgesprochen, wie etwa eine solche zu einem gemeinsamen Saunabesuch. Daneben kam es zu weiteren Belästigungen, ohne dass dem Vorgesetzten eine Abmahnung ausgesprochen worden ist. Letztlich wurde ihm gegenüber die Kündigung erklärt. Das Gericht urteilte in diesem Fall, dass der Kündigung eine vorherige Abmahnung hätte vorausgehen müssen und erachtete die Kündigung für rechtsunwirksam, vgl. LAG Hamm vom 23.02.2022 – 10 Sa 492/21. Im Ergebnis können zwar sexuelle Belästigungen auch fristlose Kündigungen begründen. Im Einzelfall ist es indes schwierig vorherzusagen, wann eine Abmahnung zuvor erforderlich ist und wann eine solche wegen der Schwere der Pflichtverletzung entbehrlich sein kann. Dies ist auch bei der Anhörung des Betriebsrates im Rahmen der Kündigung zu berücksichtigen.

  1. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die einrichtungsbezogene Impfpflicht

In diesem Fall ging es um die Klagen gegen die Impfnachweispflicht in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen. Das Gericht urteilte, dass der Schutz von Gesundheit und Leben höher wiegt als die Beeinträchtigung von Grundrechten von Menschen, die sich gegen die Impfpflicht wandten. Die gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht erhobenen Verfassungsbeschwerden wies das Bundesverfassungsgericht daher zurück, vgl. BVerfG vom 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – siehe Pressemitteilung

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/bvg22-042.html;jsessionid=33C521D2E82FE990100CD3F450B62BCE.1_cid354

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!