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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht November 2022

  1. Schwerbehindertenvertretung auch im Kleinbetrieb?

Eine Schwerbehindertenvertretung wird für eine Amtszeit von regelmäßig 4 Jahren gewählt. Problematisch wird es dann, wenn die Beschäftigtenzahl unter 5 Mitarbeitende sinkt. Hier hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein vorzeitiges erlöschen der Amtszeit im Gesetz nicht vorgesehen ist. Folglich bleibt die Schwerbehinderten damit in dem Kleinbetrieb bestehen, vgl. BAG vom 19.10.2022 – 7ABR27/21

  1. Umwandlung in Europäische SE ohne Betriebsrat und Gewerkschaft?

Das deutsche Recht kennt Aktiengesellschaften, GmbH-s und auch die UG (Unternehmergesellschaft – haftungsbeschränkt). Hier bestehen generell die Möglichkeiten der Beteiligung von Gewerkschaften für Arbeitsbedingungen oder der Bildung eines Betriebsrates. Bei einer Umwandlung in eine Europäische Gesellschaft (SE) könnte die Gefahr einer Verringerung dieser Arbeitnehmer-Beteiligungsformen gegeben sein. Der europäische Gerichtshof hat hierzu entschieden, dass die Umwandlung in eine SE die Beteiligung von Gewerkschaften nicht verringern darf Wahlgänge von Arbeitnehmer-Vertretungen nach nationalem Recht auch weiter gewährleistet sein sollen, vgl. EuGH vom 18.10.2022 – C-677/20.

  1. Maskenpflicht – Kann dies von Arbeitgeberseite angeordnet werden?

Der Jurist sagt: Es kommt darauf an!

Sofern eine gesetzliche zwingende Regelung besteht, handelt die Arbeitgeberseite allein in Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben. Damit besteht auch das recht die Maskenpflicht anzuordnen, eben in Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Wenn diese gesetzlichen Vorgaben aber nicht bestehen oder ein ermessen und damit ein Spielraum besteht, kann die Arbeitgeberseite solche Anordnung bei bestehendem Betriebsrat nicht wirksam ohne dessen Beteiligung treffen. Hintergrund ist, dass hier das Verhalten und die Ordnung im Betrieb betroffen sind (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) und daher ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates besteht. In der Letzt genannten Konstellation wäre also eine arbeitgeberseitige Anordnung ohne wirksame Beteiligung des Betriebsrates nicht rechtswirksam.

  1. Zeiterfassung immer und überall?

Die Frage der Arbeitszeiterfassung kann sich insbesondere im sog. Homeoffice als fraglich darstellen. Der Europäische Gerichtshof hatte bereits entschieden, dass die Arbeitszeiten zu erfassen sind. Doch gilt dies auch in Deutschland oder muss hier der deutsche Gesetzgeber dies erst in nationales Recht umsetzen? Das Bundesarbeitsgericht ist dem EuGH gefolgt mit dem Ergebnis, dass damit sämtliche Arbeitszeiten aufzuzeichnen sind, also auch die im Homeoffice, vgl. BAG vom 13.9.2022 – 1 ABR 22/21.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Oktober 2022

  1. „Impfung macht frei“ auf YouTube rechtfertigt fristlose Kündigung?

In dem Fall hatte eine Lehrkraft dieses an die Inschrift des Konzentrationslagers angelehnte Statement auf YouTube veröffentlicht. Daraufhin wurde ihr die fristlose Kündigung erklärt. Das Gericht urteilte, dass mit derartiger Darstellung die Grenzen von Kunst- und Meinungsfreiheit überschritten sind und bestätigte die Kündigung, vgl. ArbG Berlin vom 14.09.2022 – 22 Ca 22322.

  1. ver.di auch für die Pflege zuständig?

Die Gewerkschaft ver.di strebte an auch Tarifverträge für die Pflegebranche abzuschließen. Hiergegen wehrte sich der Arbeitgeberverband, ohne Erfolg, wie das Bundesarbeitsgericht urteilte, vgl. BAG vom 13.09.2022 – 1 ABR 2421.

  1. Wann verjährt der Urlaub?

Der Urlaub ist immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung. Bereits entschieden ist, dass Arbeitgeber die Arbeitnehmerseite nunmehr auf den drohenden Verfall nicht genommenen Urlaubs im jeweiligen Jahr hinweisen müssen. Aber wann verjährt der Anspruch auf Urlaub nun? Der europäische Gerichtshof entschied, dass der Urlaubsanspruch nicht ohne weiteres verjährt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Arbeitnehmerseite tatsächlich nicht in der Lage war, den Urlaub zu verbrauchen. Die Arbeitgeber haben insoweit die Möglichkeit durch nachweisbare Hinweise und Aufforderungen die Arbeitnehmerseite zum Urlaubsantritt aufzufordern, auch um die dreijährige Verjährungsfrist in Gang zu setzen, vgl. EuGH vom 22.09.2022 – C-120/21 LB.

  1. Arbeitnehmerüberlassung – Höchstgrenze von 18 Monaten?

Eine solche Höchstgrenze sieht das Gesetz zwar vor, doch gilt abweichend davon, dass die Tarifvertragsparteien diese gesetzlich zulässige Grenze von 18 Monaten abweichend vereinbaren dürfen. Damit kann diese auch überschritten werden, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 14.09.2022 – 4 AZR 8321.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht September 2022

  1. Kälte auf Arbeit?

Ab dem 01.09.2022 gelten gesetzliche Vorgaben zum Energiesparen. Erfasst werden zunächst öffentliche Gebäude, die nur noch bis 19 °C beheizt werden dürfen. Ausgenommen bleiben zur Aufrechterhaltung des Gesundheitsschutzes insbesondere Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten. Im Übrigen gilt weiterhin die Arbeitsstättenverordnung.

  1. Arbeitszeiterfassung nun generell?

In einem entschiedenen Fall wollte ein Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zur Arbeitszeiterfassung erstreiten. Ein solches ist dann nicht gegeben, wenn der Arbeitgeberseite kein Spielraum zur Verfügung steht und bereits eine gesetzliche Verpflichtung besteht. Eben mit dieser Begründung dahingehend, dass Arbeitgeber ohnehin zur Erfassung der Arbeitszeiten aus den arbeitsschutzrechtlichen Regelungen in Verbindung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gesetzlich verpflichtet seien, scheiterte der Antrag des Betriebsrates. Diese Begründung des Bundesarbeitsgerichtes geht damit über die bisherige Ansicht, dass es keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gibt, hinaus, vgl. BAG vom 13.09.2022 – 1 ABR 22/21.

  1. Dauernachtarbeit führt zu 30 Prozent Zuschlag?

Ja, vor dem Hintergrund, dass Nachtarbeit der Gesundheit abträglich ist, bedarf es eines erhöhten Ausgleiches. Damit besteht bei Dauernachtarbeit ein Anspruch auf einen Zuschlag oder Freizeitausgleich. Das Bundesarbeitsgericht bewertete den Zuschlag mit 30 Prozent auf das Bruttogehalt als angemessen, vgl. BAG vom 20.05.2022 – 10 AZR 230/19.

  1. Kündigung wegen Kirchenaustritts?

Die Kirchen haben ein erweitertes Selbstbestimmungsrecht (Kirchenfreiheit). In dem Fall wurde einer Hebamme in einem katholischen Krankenhaus gekündigt, die aus der Kirche ausgetreten ist. Problematisch ist dies vor allem deswegen, weil andere nicht katholische Hebammen beschäftigt werden. Damit könnte sich eine Ungleichbehandlung in der Wertung ergeben, wenn sowohl nicht katholische als auch katholische Hebammen beschäftigt werden, nur letzteren bei Austritt die Kündigung droht. Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, vgl. BAG vom 21.7.2022 – 2 AZR 130/21 (A).

  1. Urlaub hält länger als gedacht?

Der Anspruch auf den Urlaub kann zwar am Ende eines jeden Jahres untergehen, doch verfällt dieser im Ergebnis nur, wenn die Arbeitgeber ihrer Hinweisobliegenheit nachgekommen sind. Auch die Verjährung von Urlaubsansprüchen ist nunmehr nicht ohne weiteres möglich. Voraussetzung hierfür ist ein arbeitgeberseitiger Hinweis, dass der Urlaub genommen werden muss und die Möglichkeit der Urlaubsinanspruchnahme besteht. Ferner bedarf es des Hinweises, dass der Urlaub andernfalls verfällt, vgl. EuGH vom 22.09.2022 Az.: EUGH, C-120/21, C-518/20, C-727/20.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht August 2022

  1. Mobbing ist mehr als ein Konflikt

Mobbing, ein nicht selten verwendetes Wort, liegt dann vor, wenn über einen längeren Zeitraum gezielte Handlungen in das Persönlichkeitsrecht eingreifen. Diese Handlungen müssen systematisch Mitarbeitende benachteiligen. Liegen die erforderlichen Voraussetzungen vor, können Schadenersatzansprüche die Folge sein. Hingegen genügen mögliche Konflikte allein nicht, um diese Voraussetzungen zu erfüllen, so das Landesarbeitsgericht, vgl. LAG Thüringen vom 25.01.2022 – 1 Sa 269/20.

  1. Raucherpause ist auch Pause

Pausen dienen der Erholung. Was, wenn Mitarbeitende sich immer wieder in sog. Raucherpausen begeben und sich hier nicht im System zur Pause abmelden? Dies kann eine schwerwiegende Pflichtverletzung begründen, die eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann, vgl. LAG Thüringen vom 03.05.2022 – 1 Sa 18/21

  1. Schwerbehinderung und Integrationsamt

Auch Mitarbeitende, die schwerbehindert sind, können gekündigt werden. Hierzu bedarf es der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Wenn dies arbeitgeberseitig missachtet wird, kann ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gegeben sein. Damit hier ein Anspruch auf Entschädigung in Betracht kommt, bedarf es jedoch weiterer konkreter Anhaltspunkte. Diese fehlten im Vortrag der Klägerseite, so dass die Zahlung eines Entschädigungsbetrages vom Gericht zurückgewiesen worden ist, vgl. BAG vom 02.06.2022 – 8 AZR 191/21

  1. Können Arbeitgeber Corona-Tests anordnen?

Corona war Thema und bleibt derzeit noch ein Thema. Wenn Arbeitgeber hierauf reagieren, können im Rahmen eines betrieblichen Hygienekonzepts Corona-Tests angeordnet werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt, vgl. BAG vom 01.06.2022 – 5 AZR 28/22.

  1. Urlaubsabgeltung und Freischicht

Die nachträgliche Urlaubsabgeltung nach noch abzugeltenden Tagen kann mitunter schwierig sein. In diesem Fall wurde der Mitarbeiter in ein Schichtsystem eingegliedert, das auch Freischichten vorsah (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder – TV-L). Die Frage war, wie weit diese zu berücksichtigen sind. Sofern diese nicht vorab im Dienstplan feststehen, waren diese zugunsten der Mitarbeitenden nicht zu berücksichtigen, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 04.05.2022 – 23 Sa 1135/21

  1. Trinkgelder und Kündigung

Trinkgelder werden in verschiedene Branchen gezahlt, u.a. im Hotel- und Gaststättengewerbe. Was, wenn Mitarbeitende solche Gelder für sich behalten, obwohl hierfür eine Gemeinschaftskasse besteht? In solchen Fällen kommt eine erhebliche und schwerwiegende Pflichtverletzung in Betracht, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann, vgl. ArbG Siegburg vom 14.07.2022 – 5 Ca 413/22

  1. Bewerbung über ebay

Eine Bewerbung auf eine angebotene Stellenanzeige auf der Plattform ebay-Kleinanzeigen ist auch eine Bewerbung. Wenn dort ausdrücklich nach einer Sekretärin gesucht wird, so werden männliche Bewerber benachteiligt. In diesem Fall sprach das Gericht drei Monatsgehälter als Entschädigung zu, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 21.07.2022 – 2 Sa 21/22

  1. Aus dem Urlaub zurück und man darf nicht in den Betrieb?

Ein Arbeitgeber wies einem aus dem Urlaub zurückkehrenden Mitarbeitenden zurück, da dieser aus einem Risikogebiet zurückkehrte. Es lagen keine Symptome vor und es bestand kein gesetzliches Absonderungsrecht. Damit befand sich die Arbeitgeberseite im Annahmeverzug und musste die Vergütung trotz fehelender Arbeit nachzahlen, vgl. BAG vom 10.08.2022 – 5 AZR 154/22.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juli 2022

  1. Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis?

In diesem Fall informierte der Arbeitgeber die Mitarbeitenden, dass diese zukünftig Kundentermine und Außenwirkungen in Präsenz nur noch dann wahrnehmen dürfen, wenn sie vollständig geimpft sind. Eine Mitarbeiterin gab daraufhin an, vollständig geimpft zu sein. Der Impfausweis wies indes einen gefälschten Impfnachweis aus. Darauf wurde ihr die Kündigung ausgesprochen. Die fristlose Kündigung wurde durch das Arbeitsgericht bestätigt, vgl. ArbG Köln vom 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21.

  1. Überstunden und Beweisregel?

Um eine Überstundenvergütung erfolgreich geltend zu machen, ist es Sache der Arbeitnehmerseite vorzutragen und zu beweisen, dass diese Stunden erbracht worden sind und arbeitgeberseitig diese Stunden angeordnet oder geduldet worden sind. Eine Beweislastumkehr bei nicht korrekter arbeitgeberseitiger Erfassung der Überstunden kommt nicht in Betracht, vgl. BAG vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21.

  1. Neuer Richtlinie der EU zu Regelungen im Arbeitsvertrag umfasst im Kern:
  • Ausführlichere Unterrichtung über wesentliche Aspekte des Beschäftigungsverhältnisses, frühzeitig und in schriftlicher Form
  • Höchstdauer für die Probezeit zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses
  • Möglichkeit der Mehrfachbeschäftigung, Verbot von Ausschließlichkeitsklauseln und Einschränkungen für Unvereinbarkeitsklauseln
  • Mindestplanbarkeit der Arbeit mit angemessenem Vorlauf für Arbeitnehmer/innen, deren Arbeitszeitplan unvorhersehbar ist (z. B. Arbeit auf Abruf)
  • Vorschriften zur Verhinderung von Missbrauch für Null-Stunden-Verträge
  • Anspruch auf schriftliche Antwort auf Ersuchen um Übergang zu einer Beschäftigungsform mit sichereren Arbeitsbedingungen
  • Anspruch auf kostenlose obligatorische Fortbildung im Falle der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Bereitstellung einer solchen Fortbildung
  1. Fortbildung und Rückzahlungsklauseln?

Rückzahlungsklauseln unterfallen strengen Regelungen und erweisen sich mitunter als unwirksam. So sind solche Klauseln auch dann insgesamt unwirksam, wenn die Arbeitnehmerseite beispielsweise unverschuldet erkrankt und selbst aus diesen Gründen der nicht mehr möglichen Tätigkeitsausübung kündigt, vgl. BAG vom BAG 01.03.2022 – 9 AZR 260/21.

  1. Kein leidensgerechter Arbeitsplatz im Homeoffice?

Zwar können Arbeitnehmer/innen verlangen, dass leidensgerechte Ausgestaltungen ihres Arbeitsplatzes erzwingen, nicht jedoch das Einrichten neuer Arbeitsplätze in diesem Rahmen, wie auch in Bezug auf die Ausgestaltung und Schaffung eines solchen Arbeitsplatzes im Homeoffice, vgl. LAG Köln vom 12.01.2022 – 3 Sa 540/21.

  1. Raucherpause ist Pause?

Wer sich entgegen der arbeitgeberseitigen Weisung wiederholt und hartnäckig dem Ausstempeln zur Raucherpause entzieht riskiert eine ordentliche Kündigung, so das LAG Thüringen vom 03.05.2022 -1Sa18/21.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juni 2022

  1. Impfunfähigkeits-Bescheinigung aus dem Internet?

Einem Ausdruck aus dem Internet über eine Impfunfähigkeit liegt keine ärztliche Untersuchung zugrunde. In Einrichtungen mit Impfpflicht kann eine solche Vorlage einen erheblichen arbeitsrechtlichen Verstoß begründen. Die Vorlage einer solchen Bescheinigung aus dem Internet gegenüber dem Arbeitgeber kann somit die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, vgl. ArbG Lübeck vom 18.04.2022 – 5 Ca 189/22.

  1. Kündigung bei Vorlage eines gefälschten Impfausweises?

Wer sich der arbeitgeberseitigen Weisung zur Einhaltung der 2-G-Regeln widersetzt und einen gefälschten Impfausweis vorliegt, um sodann auch in Kontakt mit Kunden treten zu dürfen, begeht eine erhebliche Pflichtverletzung. Das Gericht bestätigte daraufhin die Kündigung, vgl. ArbG Köln vom 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21.

  1. Erfüllen Sachbezüge den Mindestlohn?

Der Mindestlohn steigt weiter und es stellt sich immer wieder neu die Frage, was alles an Zuwendungen angerechnet werden kann, um den Mindestlohn zu erfüllen. In diesem Fall wurde freie Unterkunft und Verpflegung gewährt. Diese Sachzuwendungen erkannte die Behörde beim Mindestlohn nicht an und verlangte die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Das Gericht entschied, dass der gesetzliche Mindestlohn nach der Entgeltleistung in Geld zu berechnen ist (vgl. BAG vom 25.10.2016 – 5 AZR 135/16) mit der Folge, dass Sachbezüge bei der Bestimmung des Mindestlohns außer Betracht bleiben. Somit wurde der Arbeitgeber zu Nachzahlungen verurteilt, vgl. Bayrisches Landessozialgericht vom 28.02.2022 – L 7BA 1/22 BER.

  1. Mitbestimmung bei Personalstärke?

Hier war zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber strittig, wie viel Personal in einer Pflegeeinrichtung/Klinik eingesetzt werden muss. Im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens kam es zu einer Entscheidung über die Bestimmung der Personalstärke. Diesen Spruch der Einigungsstelle bewertete das Gericht für unwirksam. Die Einigungsstelle kann nur eine Regelung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen vereinbaren, nicht aber konkreten Maßnahmen wie das Festlegen eines Personalschlüssels festlegen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ist auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden beschränkt. Die Festlegung des Personalschlüssels bleibt dem Arbeitgeber vorbehalten, vgl. BAG vom 17.12.2021 – 1 ABR 25/20.

  1. Teure Seminare mit Geschenken?

Seminare für Betriebsräte Unterfällen der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers. Was aber, wenn es bei diesem Seminar beispielsweise Tablets mit dazu gibt (sog. Give-aways). Dies steht der Pflicht zur Kostenübernahme nicht entgegen, jedenfalls dann nicht, wenn vergleichbare Seminare nicht kostengünstiger sind, vgl. BAG vom 17.11.2021 – 7 ABR 27/20.

  1. Sexuelle Belästigung – Kündigung ohne vorherige Abmahnung?

In diesem Fall hatte ein Vorgesetzter wiederholt Einladungen an Mitarbeiterinnen ausgesprochen, wie etwa eine solche zu einem gemeinsamen Saunabesuch. Daneben kam es zu weiteren Belästigungen, ohne dass dem Vorgesetzten eine Abmahnung ausgesprochen worden ist. Letztlich wurde ihm gegenüber die Kündigung erklärt. Das Gericht urteilte in diesem Fall, dass der Kündigung eine vorherige Abmahnung hätte vorausgehen müssen und erachtete die Kündigung für rechtsunwirksam, vgl. LAG Hamm vom 23.02.2022 – 10 Sa 492/21. Im Ergebnis können zwar sexuelle Belästigungen auch fristlose Kündigungen begründen. Im Einzelfall ist es indes schwierig vorherzusagen, wann eine Abmahnung zuvor erforderlich ist und wann eine solche wegen der Schwere der Pflichtverletzung entbehrlich sein kann. Dies ist auch bei der Anhörung des Betriebsrates im Rahmen der Kündigung zu berücksichtigen.

  1. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die einrichtungsbezogene Impfpflicht

In diesem Fall ging es um die Klagen gegen die Impfnachweispflicht in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen. Das Gericht urteilte, dass der Schutz von Gesundheit und Leben höher wiegt als die Beeinträchtigung von Grundrechten von Menschen, die sich gegen die Impfpflicht wandten. Die gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht erhobenen Verfassungsbeschwerden wies das Bundesverfassungsgericht daher zurück, vgl. BVerfG vom 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – siehe Pressemitteilung

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/bvg22-042.html;jsessionid=33C521D2E82FE990100CD3F450B62BCE.1_cid354

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Newsletter zum Arbeitsrecht Mai 2022

  1. Fehlerhafte Beratung durch den Betriebsrat

Versäumt die Arbeitnehmerseite die Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage und basiert dies auf der möglicherweise fehlerhaften Beratung des Betriebsrates, so hat die Klage keinen Erfolg. Es bleibt bei der Versäumung der Klagefrist, so das Landesarbeitsgericht Hamm vom 11.01.2022 – 14 Sa 938/21.

  1. Einladung zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)

Sofern vor einer Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen kein BEM durchgeführt worden ist, hat eine solche Kündigung regelmäßig keine Aussicht auf Erfolg. Grundsätzlich genügt jedoch eine Einladung zum BEM, wenn dieser die Arbeitsnehmerseite nicht folgt, kommt es auf den sonstigen Inhalt des BEM nicht mehr an. Das setzt jedoch eine ordnungsgemäße Einladung zum BEM voraus. In das Einladungsschreiben zum BEM müssen u.a. Hinweise, dass nur solche Daten erhoben werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, der Gesundung und Gesunderhaltung des Betroffenen dienendes BEM durchführen zu können; welche Krankheitsdaten – als sensible Daten i.S.v. Art. 9 Abs. 1, 4 Nr. 15 DSGVO – erhoben und gespeichert werden und inwieweit und für welche Zwecke die Gesundheitsdaten dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden. Fehlerhafte Einladungen gehen zu Lasten der Arbeitgeberseite und dies betrifft auch Datenschutzverstöße, wie das Gericht entschied, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 20.10.2021 – 4 Sa 70/20.

  1. Hinweispflicht auf Urlaub auch bei Schwerbehindertenurlaub?

Sofern Arbeitgeber nicht auf Urlaub hinweisen, setzen sie sich einem Schadensersatz auf Nachgewährung von Urlaub aus. Die Frage ist, ob dies auch für den Schwerebehindertenurlaub gilt. Das Gericht entschied, dass Arbeitgeber nicht anlasslos auf diesen Zusatzurlaub hinweisen müssen. Der Schadensersatz entfällt damit nicht nur, wenn die Arbeitnehmerseite aufgrund dauerhafter Erkrankung gar nicht in der Lage ist, den Urlaub zu nehmen genauso, wenn die Arbeitgeberseite keine Kenntnis von der Schwerbehinderung der Arbeitnehmerseite hatte, vgl. BAG vom 30.11.21 – 9 AZR 143/21.

  1. Betriebsratsmitglied fristlos gekündigt

In diesem Fall hatte das Betriebsratsmitglied die Unterlagen aus einem früheren Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber veröffentlicht. Diese Veröffentlichung enthielt auch Gesundheitsdaten anderer Mitarbeiter/innen. Diese rechtfertigte die fristlose Kündigung, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 25.03.2022 – 7 Sa 63/21.

  1. Fürsorgepflicht des Geschäftsführers

In diesem Fall kehrte der Geschäftsführer mit Erkältungssymptomen aus dem Urlaub zurück. Im Ergebnis litt er an einer Covid-Infektion. Eine Mitarbeiterin musste sich in Quarantäne begeben und musste den geplanten Hochzeitstermin absagen. Mangels Testung des Geschäftsführers hatte dieser eigene Symptome nicht ernstgenommen und damit gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen. Infolge dessen machte sich der Geschäftsführer/Arbeitgeber wegen der Hochzeitsabsage schadensersatzpflichtig, vgl. LAG München vom LAG München 14.02.2022 – 4 Sa 457/21.

  1. Heimliche Aufnahme – kündigungsbegründend?

Grundsätzlich stellen heimliche Aufnahmen eines Gespräches einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar und sind – ungeachtet der auch strafrechtlichen Relevanz – geeignet eine Kündigung zu begründen. In diesem Fall hatte der Vorgesetzte jedoch die Arbeitnehmerseite selbst mit beleidigenden Äußerungen in dessen Persönlichkeitsrecht verletzt und zudem erklärt, dass er den Spieß umdrehen würde, wenn die Arbeitnehmerseite etwas von diesem Gespräch preisgeben würde. Unter Beachtung dieses Gesamtgeschehens führte die heimliche Aufzeichnung des Gesprächs nicht zu einer wirksamen Kündigung, vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 19.11.2021 – 2 Sa 40/21.

  1. Ersatzruhetag auch, wenn Tätigkeit den Feiertag nur anreißt?

In diesem Fall arbeitete der Mitarbeiter in Schichten. Eine Schicht endete morgens um 3:30 Uhr an einem gesetzlichen Feiertag. Der Mitarbeiter erhielt einen Lohnzuschlag und eine Ruhepause von 24 Stunden. Trotzdem verlangte der Mitarbeiter für die Tätigkeit an einem Feiertag einen Ersatzruhetag. Zu Recht, wie das Bundesarbeitsgericht urteilte, vgl. BAG vom 8.12.2021 – 10 AZR 641/19.

  1. Freistellung wegen fehlendem Impfnachweis im Pflegeheim

In diesem Fall stellte der Arbeitgeber eine Mitarbeiterin in einem Seniorenheim von der Arbeitspflicht frei, weil diese keine Impfung gegen Covid/Corona nachwies. Die Mitarbeiterin entgegnete, dass das Gesundheitsamt bislang noch kein Beschäftigungsverbot ausgesprochen hat. Hierauf kommt es nicht an. Die Arbeitgeberseite kann eigenständig hierauf reagieren, ohne dass es eines Beschäftigungsverbotes seitens des Gesundheitsamtes bedarf, vgl. ArbG Gießen vom 12.04.2022 – 5 Ga 1/22 und 5 Ga 2/22.

  1. Befristungen unterliegen dem Schriftformerfordernis

Hier war die Unterschrift unter dem befristeten Arbeitsvertrag lediglich eingescannt Damit entsprach die Befristung nicht dem Schriftformerfordernis und war unwirksam, so dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 16.03.2022 – 23 Sa 1133/21.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Newsletter zum Arbeitsrecht April 2022

1. Musicaldarstellerin verweigert Impfung und wird gekündigt

Eine Musicaldarstellerin wurde wegen fehlender Corona-Schutzimpfung gekündigt. Der Betrieb legte intern ein 2-G-Modell fest. Die Mitarbeiterin bot an, täglich einen Testnachweise vorzulegen. Dies reichte dem Arbeitgeber nicht und er erklärte die Kündigung vor Arbeitsantritt. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit der Klage und berief sich auf das Maßregelverbot des § 612a BGB. Das Gericht führte aus, dass der Arbeitgeber ein 2-G-Modell im Betrieb durchsetzen darf und wies die Klage ab, vgl. ArbG Berlin vom 3.2.2022 – 17 Ca 11178/21.

2. Aufhebungsvertrag sofort oder gar nicht?

Das Bundesarbeitsgericht hatte in einer Entscheidung vom 7.2.2019 (6 AZR 75/18) das Gebot fairen Verhandelns berücksichtigt. Ein Verstoß gegen ein solches Gebot kann die Wirksamkeit arbeitsrechtlicher Verträge oder auch Aufhebungsverträge betreffen. Aus diesem Gebot des fairen Verhandelns könnte man ableiten wollen, dass ein arbeitgeberseitiges Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages, der nur sofort angenommen werden kann, gegen dieses Gebot verstoßen könnte. Dies ist jedoch nach einer neueren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes nicht der Fall. Arbeitgeber können fordern, dass entweder sofort zugestimmt wird oder das Angebot nicht mehr gilt, vgl. BAG vom 24.2.2022 – 6 AZR 333/71.

3. Quarantäne und Urlaub

Der Urlaub ist nachzugewähren, wenn die Arbeitnehmerseite im Urlaub in Quarantäne muss. Denn diese nicht selbstbestimmte Situation ist faktisch vergleichbar mit der Erkrankung im Urlaub – so führte das Landesarbeitsgericht Hamm aus, vgl. LAG Hamm vom 27.01.2022 – 5 Sa 1030/21. Anders das LAG Schleswig-Holstein. Nach dessen Entscheidung werden der Arbeitnehmerseite, die während seines Urlaubs wegen des Kontakts zu einer Corona infizierten Person aufgrund behördlicher Anordnung in Quarantäne muss, die Urlaubstage nicht gutgeschrieben. Das Gericht führte aus, dass § 9 Bundesurlaubsgesetz hier nicht greife, vgl. Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.02.2022 – 1 Sa 208/21. Klarheit wird erst das Bundesarbeitsgericht bringen. Die Entscheidung zu den Revisionen steht noch aus.

4. Das Ende der Corona-Regeln im Betrieb?

Mit dem 20.3.2022 fanden viele der Corona-Regeln ihr Ende. Was bedeutet dies für die Betriebe und die Beschäftigten? Die etwaige Weitergeltung oder Veränderungen der Regeln müssen die Arbeitgeber in Abstimmung mit dem ggf. vorhandene Betriebsrat abstimmen. Basisschutzmaßnahmen in Betrieben sollen insoweit beibehalten werden, zumindest für eine Übergangszeit, wie Umsetzung gemäß der AHA+L-Regel, Bereitstellung medizinischer Gesichtsmasken (Mund-Nase-Schutz), Verminderung betrieblicher Personenkontakte usw.

5. Dienstplan ohne Betriebsrat?

Bei der Aufstellung von Dienstplänen hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Setzt der Arbeitgeber, etwa in Krankenhäusern, wiederholt Dienstpläne ohne Beteiligung des Betriebsrats um, liegt eine Wiederholungsgefahr vor. Dann hat der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch. LAG Schleswig-Holstein vom 02.11.2021 – 1 TaBV 13/21.

6. Betriebliches Eingliederungsmanagement und Datenschutz

Ohne betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) sind krankheitsbedingte Kündigungen meist ohne Erfolg. Anders sieht es aus, wenn der Betroffene das BEM ablehnt. Allerdings muss der Arbeitgeber dafür in der Einladung alle Voraussetzungen berücksichtigt haben. Hierzu gehören auch alle möglichen Hinweise zum Datenschutz. Etwaige Fehler gehen zu Lasten des Arbeitgebers, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 20.10.2021 – 4 Sa 70/20.

7. Überwachung der Belegschaft ohne Betriebsratsbeteiligung

Hat ein Arbeitgeber seine Belegschaft überwacht, ohne den Betriebsrat zu beteiligen, kann der Betriebsrat lediglich die Einstellung der Überwachung durchsetzen. Die Beseitigung der Folgen etwa, dass Dritte Daten löschen müssen, kann nicht durchgesetzt werden, vgl. BAG vom 23.03.202 – 1 ABR 31/19.

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Newsletter zum Arbeitsrecht März 2022

1. Persönlicher Assistent – Darf man das Alter beschränken?

Ein Assistenzdienst hatte ein Stellenangebot veröffentlicht, ausweislich dessen eine 28-jährige Studentin mit einem Grad der Behinderung für sich eine Assistentin sucht, im Alter am besten zwischen 18 und 30 Jahren. Hintergrund ist hier, dass Menschen mit Behinde-rung eine solche Hilfe zur Teilhabe am Leben erhalten können. Die abgelehnte im Jahr 1968 geborene Bewerberin sah sich wegen ihres Alters diskriminiert und macht eine Entschädi-gung geltend. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage unter dem besonderen Blickwinkel der Regelungen nach dem SGB IX, ob hier eine unmittelbare Benachteiligung wegen Alters deswegen gerechtfertigt sein kann, weil auch das Recht von Menschen mit Behinderung auf eine unabhängige und selbstbestimmte Lebensführung beachtet werden muss, dem Europä-ischen Gerichtshof vorgelegt, vgl. BAG vom 24.02.2022 – 8 AZR 208/21(A).

2. Kündigung durch Übermittlung per WhatsApp

Das Kündigungsschreiben mag nicht zugestellt werden können. Dies eröffnet aber nicht die Möglichkeit ein Foto vom Kündigungsschreiben per WhatsApp an die Arbeitnehmerseite zu übermitteln. Damit ist die Kündigung lediglich elektronisch zugegangen, nicht aber in der nach § 623 BGB erforderlichen Schriftform. Folglich ist eine solche Kündigung wegen des Formmangels nichtig, vgl. LAG München vom 28.10.20212 – 3 Sa 362/21.

3. Massenentlassungsanzeige und Mitteilungspflichten

Das Bundesarbeitsgericht hat eine Frage im Zusammenhang mit der Massenentlassungs-anzeige dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Entscheidend ist hier der Sinn und Zweck des § 17 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz. Sollte die Übermittlung betreffend der Massenentlassungsanzeige an Betriebsrat und Arbeitsagentur Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung sein, so wäre eine Kündigung bei unterlassener Übermittlung unwirksam, vgl. BAG vom 27.01.2022 – 6 AZR 155/21 (A).

4. Nichtberücksichtigung schwerbehinderter Bewerber/innen

Vorsicht bei der Nichtberücksichtigung von schwerbehinderten Menschen. Sofern die fach-liche Eignung für eine von einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich fehlt, führt die Nichtberücksichtigung regelmäßig zu einem Entschädi-gungsanspruch gemäß den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, vgl. Verwaltungsgericht Mainz vom 28.01.2022 – 4 K 1036/20.MZ

5. Kündigung des Wahlvorstandes

Ein befristet beschäftigter Mitarbeiter war Wahlvorstand für den Betriebsrat und erhielt eine außerordentliche Kündigung. Hiergegen wendete sich der Mitarbeiter mit seiner Klage. Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigung unwirksam ist und gegen den Schutz des § 15 Abs. 3 KSchG verstößt und der Mitarbeiter damit bis zum Ablauf der vereinbarten Befristung weiter beschäftigt werden muss, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 12.01.2022 – 23 SaGa 1521/21.

6. E-Mail -Zugang und Beweispflicht

Sofern der Absender für seine E-Mail keine Fehlermeldung erhält hat er dennoch keinen Beweis für die erfolgte Zustellung einer E-Mail an den Empfänger. Die fehlende Meldung über die Unzustellbarkeit einer E-Mail führt nicht zu einer Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast, vgl. LAG Köln vom 11.01.2022 – 4 Sa 315/21.

7. Unentschuldigtes Fehlen kann fristlose Kündigung begründen

Ein unentschuldigtes Fehlen sowie eine Selbstbeurlaubung stellen erhebliche Pflichtverlet-zungen dar. Damit kann eine fristlose Kündigung bei eigenmächtigem Urlaub gerechtfertigt sein. Auf eine etwaige Berechtigung des Urlaubs/Freistellung kommt es nicht an, der Urlaub muss zuvor arbeitgeberseitig bewilligt sein, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 23.11.2021 – 5 Sa 88/21. Dies hatte jüngst auch das Bundesarbeitsgericht am 20.05.2021 bestätigt (2 AZR 457/20).

8. Wegfall mehrerer Corona-Regelungen

Sofern die bisherigen Regelungen vom Gesetzgeber nicht verlängert werden sollten, treten diese am 20.03.2022 außer Kraft.

• Keine 3-G-Regel am Arbeitsplatz
• Angebotspflicht für Home-Office entfällt
• Betriebsversammlungen können bis 19.03.2022 audiovisuell durchgeführt werden

Inwieweit die Angebotspflicht zu Corona-Tests, ein Hygienekonzept oder die Minimierung betriebsbedingter Kontakte aufrechterhalten bleiben oder an die veränderte Lage angepasst werden, bliebt abzuwarten.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Februar 2022

1. Fristlose Kündigung nach E-Mail – Weitergabe

In dem Fall hatte eine Mitarbeiterin eine E-Mail des Pastors gelesen und sodann die Daten betref-fend möglicher sexueller Übergriffe auf einen Stick gesichert und dies an eine ehrenamtliche Mitar-beiterin der Gemeinde anonym weitergeleitet. Das Gericht wertete dies dahingehend, dass die Mit-arbeiterin somit unbefugt eine Kopie einer an ihren Vorgesetzten gerichteten E-Mail fertigte und an Dritte weiterleitete. Nachdem die Klägerin erstinstanzlich noch Erfolg hatte, bestätigte das Landes-arbeitsgericht hingegen die fristlose Kündigung, vgl. LAG Köln vom 02.11.2021 – 4 Sa 290/21.

2. Urlaub und Mehrarbeitszuschläge
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Mitarbeitende, die Urlaub beanspruchen, wäh-rend dieser Zeit keine Nachteile bei Mehrarbeitszuschlägen erleiden dürfen. Eine andere Handha-bung könnte Mitarbeitende davon abhalten Urlaub zu beanspruchen, vgl. EuGH vom 13.01.2022 – C-514/20.

3. Probezeit und Personalrat (Betriebsrat)
Auch Kündigungen in der Probezeit bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Anhörung eines bestehenden Personalrates. In der arbeitgeberseitigen Mitteilung reichen jedoch subjektive Ein-schätzungen aus, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 05.10.2021 – 5 Sa 22/21.

4. Dauer der Arbeitszeit und Betriebsrat
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und einer Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit.
Dies eröffnet jedoch nicht die Kompetenz des Betriebsrates bei der Dauer der wöchentlichen Ar-beitszeit mitzubestimmen. Insoweit ist es dem Betriebsrat auch verwehrt, eine Betriebsvereinbarung abschließen zu dürfen, diese ist wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam, vgl. BAG vom 17.08.2021 – 1 AZR 175/20.

5. Praktika und Mindestlohn

Grundsätzlich haben alle Beschäftigten einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Hierun-ter können auch Praktikanten fallen. Allerdings haben Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum als Voraussetzung für ein Studium absolvieren, hierauf keinen Anspruch, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 19.01.2022 – 5 AZR 217/21.

6. Mitarbeiterkündigung in der Probezeit und Behinderung
Grundsätzlich bedarf es außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes, also in den ersten 6 Beschäfti-gungsmonaten, keiner Begründung der arbeitgeberseitigen Kündigung. Sofern die zu kündigende Person allerdings wegen einer Behinderung die Aufgaben nicht mehr erfüllen kann, so hat der Ar-beitgeber zunächst eine andere Einsatzmöglichkeit vor Ausspruch einer Kündigung zu prüfen, vgl. EuGH vom 10.02.2022 – C-485/20.

7. Elternzeit und Kündigung
In diesem Fall hatte eine sich in der Elternzeit befindende Mutter über Facebook beleidigende Kommentare über Vorgesetzte und Kollegen abgegeben. Dies führte zur Kündigung des Arbeits-verhältnisses. Zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht bestätigte, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 17.09.2021 – 12 Sa 23/21.

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