Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht April 2025

1. Verfall von Aktienoptionen nach Eigenkündigung?
Einige Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeitenden Aktienoptionen, die oftmals als virtuelle Beteiligungsoptionen ausgestaltet sind. Diese führen zu Zahlungsansprüchen der Arbeitnehmerseite gegenüber dem Arbeitgeber. Nach den zugrunde liegenden Vereinbarungen verfallen diese Ansprüche jedoch häufig, wenn das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung endet. Das Bundesarbeitsgericht hat solche Verfallklauseln jüngst für unwirksam erklärt. Es beanstandete die Klauseln an dem Maßstab der Inhaltskontrolle nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB). Der Zahlungsanspruch blieb daher trotz Eigenkündigung bestehen, vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2025 – 10 AZR 67/24.

2. Kündigungszugang per Einwurf-Einschreiben?
Die Frage des Zugangs einer Kündigung ist regelmäßig streitentscheidend. Sie kann insbesondere für die Berechnung der Kündigungsfrist oder für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nach sechsmonatiger Beschäftigungsdauer maßgeblich sein. Kündigungen werden häufig per Einschreiben oder Einwurf-Einschreiben übermittelt. Bestreitet der Kündigungsempfänger jedoch den Zugang, reicht ein Einwurf-Einschreiben selbst in Verbindung mit einem Einlieferungsbeleg nicht aus, um den Zugang der Kündigung rechtssicher nachzuweisen, vgl. BAG, Urteil vom 30.01.2025 – 2 AZR 68/24.

3. Kündigung bei unbemerkter Schwangerschaft?
Rechtlich problematisch war bislang der Fall, in dem eine Kündigung zugeht, obwohl die betroffene Frau ihre Schwangerschaft zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht kennt oder eine ärztliche Bestätigung noch nicht vorliegt. Wird die Schwangerschaft erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist festgestellt und ärztlich bestätigt, dass sie bereits im Zeitpunkt des Kündigungszugangs bestand, ist eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage möglich. Das Bundesarbeitsgericht hielt die Kündigung daher für unwirksam, vgl. BAG, Urteil vom 03.04.2025 – 2 AZR 156/24.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Familien und Erbrecht

Das Nachlassinsolvenzverfahren

Das Nachlassinsolvenzverfahren ist DIE Lösung zu Auseinandersetzung zerstrittener Erbengemeinschaften oder für den Fall, dass nicht alle Mit-Erben bekannt sind oder erreicht werden können.

Aber auch Pflichtteilsansprüche können auf diesem Weg effektiv durchgesetzt werden.

Insolvenz? Das klingt immer merkwürdig.

Mit einer Insolvenz möchte man doch nicht nichts zu tun haben. Oder doch?

Stellen Sie sich den folgenden Fall vor:

Vater und Sohn sind zu gleichen Teilen Erben eines wertvollen Hausgrundstücks nach der verstorbenen Mutter.

Der Vater errichtet ein Testament, womit er einen Dritten (E) zum Alleinerben bestimmt. Der Sohn (S) ist dadurch enterbt.

Der Vater hinterlässt kein nennenswertes finanzielles Vermögen.

Der Sohn möchte nun mit dem Erben des Vaters eine Verständigung zur Immobilie herbeiführen. Am besten soll E ihm seinen Anteil abkaufen oder die Immobilie soll freihändig verkauft und der Erlös geteilt werden.

Zugleich macht S dem E gegenüber seinen Pflichtteil geltend, den er ist ja enterbt.

E aber mauert. Er erteilt weder Auskünfte noch ist er überhaupt zur Mitwirkung bereit. Er lehnt jede Einigung ab, möchte den S mürbe machen.

S lässt sich anwaltlich beraten und beantragt die Nachlassinsolvenz.

Die Nachlassinsolvenz ist im BGB in den §§ 1978 ff. geregelt. Voraussetzung ist wie im herkömmlichen Insolvenzverfahren die Überschuldung des Nachlasses oder die Zahlungsunfähigkeit des Erben. Die Verfahrensvorschriften richten sich auch hier nach der InsO.

Antragsteller kann jeder Erbe (Alleinerbe, Miterbe, Vorerbe, Nacherbe und Erbeserbe) oder Nachlassgläubiger sein.

Zu unserem Fall:

Ein Fall der Überschuldung des Nachlasses ist hier nicht gegeben. Die Immobilie ist so werthaltig, dass sämtliche Nachlassverbindlichkeiten gedeckt würden.

Allerdings ist der zum Alleinerben des Vaters bestimmte E zahlungsunfähig. Im Nachlass befinden sich nicht genügend finanzielle Mittel, um den erheblichen Pflichtteilsanspruch des enterbten S zu erfüllen.

Was passiert nun:

Der Insolvenzverwalter wird nun die Immobilie verwerten, d. h. meistbietend veräußern und vom Erlös die entstehenden Verfahrenskosten und den Pflichtteilsanspruch des S als Nachlassverbindlichkeit bezahlen.

Die aus dem Erlös verbleibenden Mittel werden zwischen E und S verteilt.

S muss sich nicht etwa ewig mit E auseinandersetzen, weder die gemeinsame Immobilie betreffend, noch zur Erfüllung seines Pflichtteils. All das wird durch den Insolvenzverwalter erledigt.

Es kommt sogar noch besser: Die Kosten des Insolvenzverfahrens trägt E als Schuldner aus seinem Masseanteil, denn Kosten dürfen nicht dazu führen, dass der Pflichtteilsanspruch des S als Anspruch auf Mindestteilhabe am Nachlass geschmälert wird.

Die Nachlassinsolvenz ist auch ein vortreffliches Mittel, wenn es darum geht, zerstrittene Erbengemeinschaften an einer Immobilie auseinanderzusetzen. Natürlich muss auch hier ein Insolvenzgrund gegeben sein. Häufig ist es so, dass die Immobilie über die Zeit hohe Kosten verursacht, jedoch kein liquider finanzieller Nachlass (mehr) vorhanden ist. Wobei häufig ein bei Behörden und Institutionen bekannter Miterbe ständig auf Zahlung in Anspruch genommen wird.

Riedel
Rechtsanwalt

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht März 2025

1. Kündigung unwirksam, wenn die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung fehlt?

In diesem Fall lag ein Kündigungssachverhalt zugrunde, bei dem im Betrieb eine Schwerbehindertenvertretung existierte. Obwohl das Integrationsamt beteiligt wurde, unterblieb die ordnungsgemäße Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor der Kündigung. Dies führte dazu, dass die Kündigungsschutzklage der schwerbehinderten Arbeitnehmerseite Erfolg hatte. Die Kündigung beendete das Arbeitsverhältnis nicht – auch nicht innerhalb der Probezeit.
Vgl. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 5 Sa 127/22.

2. Bewerbungspflicht innerhalb der Kündigungsfrist?

In dieser Entscheidung ging es um einen Fall, in dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt und die Arbeitnehmerseite unter Fortzahlung des Vergütungsanspruchs freigestellt hatte. Die Frage war, ob die Arbeitnehmerseite den Zahlungsanspruch verliert, wenn sie es böswillig unterlässt, sich um eine anderweitige Beschäftigung zu bemühen. Die Rechtsprechung stellt klar, dass regelmäßig kein böswilliges Unterlassen anderweitiger Verdienstmöglichkeiten vorliegt, sofern es den Zeitraum vor Ablauf der Kündigungsfrist betrifft.
Vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.02.2025 – 5 AZR 127/24.

3. Darf der Verdacht einer Straftat ins Arbeitszeugnis aufgenommen werden?

In diesem Fall wurde ein Arbeitszeugnis für einen Mitarbeiter des Jugendamtes erstellt. Dieser war unter anderem für Kinderschutzmaßnahmen zuständig. Parallel lief ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornographischer Materialien. Die zentrale Frage war, ob die Unschuldsvermutung auch bedeutet, dass das Ermittlungsverfahren nicht im Zeugnis erwähnt werden darf. Das Gericht entschied, dass in besonderen Ausnahmefällen der Schutz von Kindern und Jugendlichen Vorrang haben kann und ein laufendes Ermittlungsverfahren im Zeugnis Erwähnung finden darf. Dies entspreche zudem dem Grundsatz der Zeugniswahrheit.
Vgl. Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 23.01.2025 – 5 Ca 1465/24.

4. Durchsetzung eines Arbeitszeugnisses aus einem Vergleich per Zwangsvollstreckung?

In einem arbeitsgerichtlichen Vergleich war die Verpflichtung zur Erstellung eines wohlwollenden, qualifizierten Arbeitszeugnisses mit einer konkreten Leistungsbewertung vereinbart worden. Dennoch wurde das Zeugnis nicht ausgestellt. Das Gericht entschied, dass der Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auch aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich per Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann – in diesem Fall durch Verhängung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 €. Sollte dieses nicht beigetrieben werden können, droht Zwangshaft von bis zu sechs Monaten.
Vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.01.2025 – 5 Ta 1/25.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Februar 2025

  1. Eine Kundin verlangt einen männlichen Berater – zahlt der Arbeitgeber dafür an die weibliche Mitarbeiterin?

Eine Kundin hatte Bauleistungen beauftragen wollen und lehnte die Bearbeitung durch eine weibliche Mitarbeiterin ab. Sie bestand auf Beratung durch einen männlichen Mitarbeiter. Nach der gerichtlichen Entscheidung hätte der Arbeitgeber dafür sorgen müssen, dass die Kundin nicht nach Geschlechtern differenzieren kann. Da der Arbeitgeber hier nicht konsequent gegengesteuert hat, akzeptierte er die von der Kundin ausgehende Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Das Gericht verurteilte den Arbeitgeber zu einer Entschädigungszahlung an die weibliche Mitarbeiterin in Höhe von 1.500 €, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 20.11.2024 – 10 Sa 13/24.

  1. Wenn gestreikt wird, kommen als Ersatz einfach die Leiharbeitskräfte?

Wenn ein Betrieb unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist und Arbeitnehmer streiken, steht der Arbeitgeber vor der Herausforderung, dass nicht genug Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Die Frage ist, inwieweit der Arbeitgeber zur Sicherstellung des Arbeitsablaufs Leiharbeitnehmer einsetzen kann, um die streikenden Arbeitskräfte zu ersetzen. Eine gerichtliche Entscheidung stellte fest, dass der Gewerkschaft nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ein Unterlassungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber zusteht, vgl. ArbG Köln vom 13.12.2024 – 19 Ga 86/24.

  1. Betriebsvereinbarung – offener als das Datenschutzrecht?

Die Erfassung und Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten basierte auf einer Betriebsvereinbarung, die es dem Arbeitgeber ermöglichte, weitergehende Daten zu erfassen und zu übermitteln. Diese Betriebsvereinbarung war weniger streng als die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Frage stellt sich, ob durch Kollektivvereinbarungen, wie Betriebsvereinbarungen, auch zulasten der Arbeitnehmerseite von der DSGVO abgewichen werden darf. Das Ergebnis: Betriebsvereinbarungen müssen den Grundsätzen der DSGVO entsprechen und dürfen dieser nicht widersprechen, vgl. Europäischer Gerichtshof vom 19.12.2024 – C-65/23.

  1. Auskunftsverweigerung zur Datenverarbeitung sanktionslos?

Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verlangte die Arbeitnehmerin gemäß Art. 15 DSGVO Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Die Arbeitgeberseite verweigerte die Herausgabe dieser Informationen, was zu einem gerichtlichen Verfahren führte. Während das Arbeitsgericht der Arbeitnehmerin einen Betrag von 4.000 € zusprach, wies das Landesarbeitsgericht Nürnberg die Zahlungsforderung zurück. Das Bundesarbeitsgericht stellte schließlich klar, dass ein Anspruch auf Zahlung als immateriellen Schaden den Nachweis eines tatsächlichen Schadens erfordert. Wenn ein solcher Schaden nicht nachweisbar ist, besteht kein Schadensersatzanspruch allein aufgrund eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen die DSGVO, vgl. BAG vom 20.06.2024 – 8 AZR 124/23.

  1. Zielvereinbarung ohne Ziele?

Wenn eine Zielvereinbarung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses getroffen wird, hat der Arbeitgeber die Pflicht, die entsprechenden Ziele rechtzeitig vor Beginn des Zeitraums für die variable Vergütung mitzuteilen oder mit der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer zu vereinbaren. Fehlen solche Vorgaben, hat die Arbeitnehmerseite grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch, wenn der Arbeitgeber keine Ziele vorgibt, an deren Erreichung die Zahlung einer variablen Vergütung geknüpft ist, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 19.02.2025 – 10 AZR 57/24.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn wurde erneut von der Redaktion des Magazins Focus auf Grundlage einer unabhängigen Datenerhebung zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht gezählt!

Kategorien
Familien und Erbrecht

Ehrlichkeit im Erbscheinverfahren ist Pflicht!

Wer im Erbscheinverfahren falsche Angaben macht, riskiert nicht nur die Übernahme von Verfahrens- und Anwaltskosten, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen. Ein Testament ist nur gültig, wenn es vollständig eigenhändig vom Erblasser geschrieben oder notariell beurkundet wurde – eine bloße Unterschrift reicht nicht aus. Das OLG Celle entschied, dass die falsche eidesstattliche Versicherung einer Frau, die ein unwirksames Testament vorlegte, dazu führte, dass stattdessen die gesetzliche Erbfolge galt (OLG Celle, Beschl. v. 09.01.2025 – 6 W 156/24). Ihre Geschwister erhielten das Erbe anteilig und durften ihre Anwaltskosten ersetzt bekommen. Zudem leitete das Gericht die Akten an die Staatsanwaltschaft weiter, da eine falsche Versicherung strafbar ist.

Roy Riedel
Rechtsanwalt

Kategorien
Familien und Erbrecht

Darlehen und Schenkungsteuer bei Angehörigen ?

Gewährung niedrigverzinster Darlehen zwischen nahen Angehörigen kann Schenkungsteuer auslösen

Der Sachverhalt:

Geschwister gewährten sich untereinander ein hohes Darlehen. Es wurde auf unbestimmte Zeit gewährt und mit nur einem Prozent verzinst. Der Bruder als Darlehensnehmer bekam nun unliebsame Post vom Finanzamt. Das Finanzamt hatte Schenkungsteuer festgesetzt. In der verbilligten Überlassung der Darlehenssumme sah es eine freigebige Zuwendung in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten geringen Zinssatz und dem marktüblichen Zinssatz, welcher zum damaligen Zeitpunkt mit 2,81 % anzusetzen war. Vor dem Hintergrund des auf unbestimmte Zeit gewährten Darlehens behandelte das Finanzamt den Vorgang als zugewandte Nutzungen und Leistungen von ungewisser Dauer und bewertet den Nutzungsvorteil mit dem 9,3 fachen des Jahreswertes der Zinsdifferenz zum Markt üblichen Zins. Damit wurde der Freibetrag bei der Schenkungsteuer zwischen Geschwistern i.H.v. 20.000 € überschritten.

Roy Riedel
Rechtsanwalt

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Januar 2025

Ein Jahreswechsel bringt oft auch rechtliche Neuerungen. Für entsprechende gesetzlichen Änderungen in Bezug auf das Arbeitsrecht wird nachfolgend ein kurzer Überblick gegeben:

  1. Anträge zur Elternzeit

Gemäß dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz können Anträge zur Gewährung von Elternzeit nunmehr auch in Textform beantragt werden. Im Unterschied zur Schriftform bedarf die Textform keiner Unterschrift im Original, sodass der Antrag beispielsweise auch per E-Mail oder per Fax gestellt werden kann. Für die Form von Arbeitgeberseite gilt dem entsprechend ebenfalls die Textform.

  1. Befristung bei Regel-Altersrenten

Im Gegensatz zu sonstigen Arbeitsverträgen bedarf die Vereinbarung zu einem befristeten Arbeitsverhältnis die Einhaltung der Schriftform gemäß § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Auch für Kündigungen im Arbeitsverhältnis verbleibt es beim Schriftformerfordernis gemäß § 623 BGB. Damit bedürfen solche Erklärungen der Unterschrift im Original. Eine weitere Möglichkeit bestand darin zu vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des Regel-Renteneintrittsalters sein Ende findet. Eine solche Befristung bei Regelaltersrente kann nunmehr in Textform (§ 126b BGB) wirksam vereinbart werden.

  1. Nachweisgesetz

Das Nachweisgesetz bestimmt die Erforderlichkeit der wesentlichen Vertragsbedingungen betreffend des Arbeitsverhältnisses. Auch hier ist nunmehr die Textform möglich.

  1. Arbeitszeugnis

Die Gewerbeordnung gestattet nunmehr auch die Erteilung von Arbeitszeugnissen mit Einwilligung von Arbeitnehmerseite in elektronischer Form. Mitarbeitende können jedoch auch künftig davon abweichend ein schriftliches Arbeitszeugnis verlangen.

  1. Leiharbeit

Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz galt bislang das Erfordernis der Schriftform für Verträge zwischen Verleiher und Entleiher. Nunmehr können solche Verträge auch in Textform geschlossen werden.

  1. Pflegezeit

Wer Angehörige bei Vorliegen der Voraussetzungen pflegen möchte, kann Pflegezeit beantragen. Auch insoweit können solche Anträge nunmehr in Textform gestellt werden.

  1. Aushangpflichten  

Arbeitgeber sind verpflichtet bestimmte Gesetzestexte, wie das Arbeitszeitgesetz oder das Jugendarbeitsschutzgesetz, im Betrieb auszuhängen. Nunmehr genügt es, wenn der Arbeitgeber diese Informationen den Mitarbeitenden digital zugänglich macht.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Dezember 2024

  1. Teilzeitbeschäftigte jetzt mit Überstundenzuschlag?

Zunächst bedarf es des Vorliegens der Voraussetzungen für Überstunden sowie eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Überstundenzuschlag, beispielsweise in einem Tarifvertrag. Das Bundesarbeitsgericht hat jüngst entschieden, dass tarifliche Regelungen, aufgrund derer Teilzeitbeschäftigte erst dann Überstundenzuschläge erhalten, wenn sie die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten überschreiten, unwirksam sind, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 05.12.2024 – 8 AZR 370/20.

Hierbei darf nicht übersehen werden, dass beispielsweise Teilzeitbeschäftigte mit einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden und 5 Überstunden damit einen höheren Verdienst erzielen, als ein Vollzeitbeschäftigter mit 40 Wochenarbeitsstunden. Zwar würden hier beide jeweils 40 Wochenarbeitszeitstunden leisten, jedoch würden beim Teilzeitbeschäftigten 5 Stunden von den 40 geleisteten Stunden zuzüglich eines Überstundenzuschlages abgerechnet werden. Dies würde zu einem höheren Zahlungsanspruch führen als für Vollzeitbeschäftigte bei gleichen geleisteten 40 Wochenarbeitszeitstunden. Im Ergebnis besteht dadurch die Gefahr, dass gegebenenfalls in künftigen Tarifverträgen von der Regelung von Überstundenzuschlägen Abstand genommen werden könnte.

  1. Entschädigung für männliche Bewerber auf Sekretärinnen-Stelle?

Ein angehender Wirtschaftsjurist klagte auf Zahlung einer Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Er bewarb sich auf eine als „Sekretärin“ ausgeschriebene Arbeitsstelle. Er wandte ein, dass die Stelle nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben war und er deswegen abgelehnt worden sei. Besonders war hier, dass er sich in vielen Städten bewarb, die auch weit entfernt voneinander lagen. Die Frage war daher, ob seine Bewerbungen nicht nur auf eine Entschädigung abzielten als alleiniges Ziel und sich seine Klagen auf Entschädigung als rechtsmissbräuchlich darstellten. Bereits die bisherige Rechtsprechung erkannte die Möglichkeit eines Rechtsmissbrauchs an, wenn sich die Entschädigung das alleiniges Ziel der Bewerbung darstellt. Unter Maßgabe dessen wies das Bundesarbeitsgericht den geltend gemachten Entschädigungsanspruch des Klägers ab, vgl. BAG vom 19.09.2024 – 8 AZR 21/24.

  1. Nächtliche Zustellung der Zeitung nur mit Zuschlag?

Nachtarbeit ist der Gesundheit nicht förderlich. Das Arbeitszeitgesetz sieht hierfür einen Ausgleich vor. Demgemäß urteilte das Bundesarbeitsgericht, dass in diesem Fall der Zeitungszusteller nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30% des Bruttoentgelts bei dauerhafter Nachtarbeit verlangen kann, vgl. BAG 10 AZR 261/20.

  1. Bonus – mit oder ohne Ziele?

Dem Fall lag eine Vereinbarung zugrunde, auf Grundlage der die Arbeitnehmerseite einen Bonus bei Zielerreichung erhalten sollte. Die jeweiligen Ziele sollten gemeinsam vereinbart werden. Bei fehlender Einigung sollte die Arbeitgeberseite die Möglichkeit haben, die Ziele einseitig festzulegen. Hiervon machte die Arbeitgeberseite auch Gebrauch und legte die Ziele einseitig fest. Dies führt dazu, dass die Arbeitgeberseite im Ergebnis die Zahlung der Boni mangels Zielerreichung gegenüber der Arbeitgeberseite verweigerte. Die Zahlungsklage der Arbeitnehmerseite hiergegen hatte Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht urteilte dahingehend, dass Grundlage hierfür die gemeinsame Zielvereinbarung ist und es der Arbeitgeberseite verwehrt ist, einseitige Ziele festlegen zu können, vergleiche BAG vom 03.07.2024 – 10 AZR 171/23.

  1. Zusatzurlaub – Tarifvertrag gibt diesen in die Macht der Betriebsräte?

Hier war in einem einschlägigen Tarifvertrag eine Regelung enthalten, der bestimmte, dass ein Zusatzurlaub bei langjähriger Betriebstätigkeit betrieblich zu regeln ist. Aus dieser Bestimmung heraus war strittig, ob damit die Tarifparteien eine Regelung schaffen wollten, die dem Betriebsrat die Möglichkeit gibt, einen solchen Zusatzurlaub erzwingbar verhandeln zu können. Das Landesarbeitsgericht erkannte zwar die Möglichkeit von Tarifverträgen an, die den Betriebsparteien erweiterte Kompetenzen übertragen können, hatte jedoch Zweifel, ob der Tarifvertrag in seinem Wortlaut diese Zielrichtung im Blick hatte. Im Ergebnis erkannte des Landesarbeitsgericht kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht aus dem Wortlaut dieses Tarifvertrages und entschied sich gegen die Auffassung des Betriebsrates. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde zum Bundesarbeitsgericht gegen seine Entscheidung zugelassen, vgl. LAG Niedersachsen vom 28.05.2024 – 11 TaBV 76/23

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht November 2024

  1. Po-Klatscher führt zur fristlosen Kündigung?

Während einer Betriebsfeier und in ausgelassener Stimmung klatscht ein Mitarbeiter einer Kollegin mit seiner Hand auf deren Po und zieht die Kollegin gegen deren Willen zu sich heran. Dieses Verhalten bewertete die Arbeitgeberseite als schwerwiegenden Pflichtverstoß einer sexuellen Belästigung und sprach die außerordentliche Kündigung aus. Zu Recht, wie das Gericht urteilte, vgl. Arbeitsgericht Siegburg vom 24. Juli 2024 –  3 Ca 387/24.

  1. Probezeit zu lang bei Befristungen?

Nach § 622 Absatz 3 BGB kann eine Probezeit von längstens 6 Monaten vereinbart werden. Was ist, wenn das Arbeitsverhältnis für ein Jahr befristet wird? Ist dann eine Probezeit von 6 Monaten zu lang? Nach § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz muss eine vereinbarte Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erwartenden Dauer der Befristung stehen. Hier wird ein geringeres Zeitvolumen angenommen, so dass bei einer Befristung von einem Jahr die Probezeit nicht länger als mit 3 Monaten vereinbart werden darf. Damit endete das Arbeitsverhältnis durch die Arbeitgeberkündigung trotzdem, jedoch nicht mit der kurzen Kündigungsfrist von zwei Wochen, sondern mit der Frist von 4 Wochen, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 02.07.2024 –  19 Sa 1150/23.

  1. Einwurf/Einschreiben und Kündigung – wann erfolgte der Zugang?

In dem Fall ging es um eine Kündigung, die am 30.09. des fraglichen Jahres als Einwurf/Einschreiben in den Briefkasten der Arbeitnehmerseite durch die Post eingeworfen worden ist. Strittig war, ob der Brief innerhalb der üblichen Postzustellzeiten eingeworfen worden war oder danach. In der Letzt genannten Variante würde die Zustellung dann nicht mehr für den 30.09., sondern erst für den Folgetag gelten. Dies war deswegen so bedeutend, da hier eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Quartalsende galt. Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass hier der Beweis des ersten Anscheins gilt. Danach wird unterstellt, dass die Postbediensteten die Zustellung innerhalb der Arbeitszeit bewirkten und folglich die Zustellung in diesem Zeitfenster als erfolgt gilt. Diesen Anschein konnte die Klägerseite in dem Verfahren nicht widerlegen, vgl. BAG vom 20.06.2024 – 2 AZR 213/23.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Familien und Erbrecht

Wohnungskündigung durch Erben führt zur Annahme der Erbschaft?

Kündigung der Wohnung durch Erben kann Annahme der Erbschaft bedeuten –

Anfechtung der Annahme der Erbschaft

In der Praxis kommt es vor, dass Angehörige des Erblassers die Erbschaft ausschlagen möchten, nachdem sie Gelegenheit hatten, sich in der Wohnung des Erblassers ein Bild von dessen Vermögensverhältnissen machen konnten. Stellt sich heraus, dass viele offene Rechnungen existieren, auch Mietschulden, aber kein entsprechendes Vermögen vorhanden ist, insbesondere keinen Finanzvermögen, der Nachlass also überschuldet ist möchten die zum Erben berufenen Angehörigen das Erbe ausschlagen. Die dafür gegebene Frist zur Erb Ausschlagungserklärung gegenüber dem für den letzten Wohnsitz des Erblassers zuständigen Nachlassgerichts beträgt 6 Wochen.

Nun möchten die Erben aber in guter Absicht noch die Angelegenheiten des Erblassers klären, wobei sie dem Vermieter gegenüber die Kündigung erklären und die Wohnung räumen. Die Erben suchen nun das Nachlassgericht auf und erklären fristgerecht die Ausschlagung des Erbes.

Etwas später erhalten die Erben Post vom Nachlassgericht, womit ihnen mitgeteilt wird, dass die Ausschlagung des Erbes unwirksam sei, weil sie das Erbe zuvor schon angenommen hätten.

Was steckt dahinter?

Die Kündigung der Mietwohnung kann juristisch die Annahme der Erbschaft bedeuten. Der Jurist spricht hier von konkludentem oder schlüssigem Handeln.

Folge dessen ist, dass die Ausschlagung des Erbes nicht mehr möglich ist, weil die Erbschaft schon angenommen wurde.

Allerdings eröffnet das Gesetz in einem solchen Fall die Möglichkeit, die (irrtumsbedingte) Annahme der Erbschaft anzufechten. Unsere Erben waren im Irrtum über die Bedeutung ihres Handelns. Dem juristischen Laien ist regelmäßig nicht bewusst, dass eine solche Kündigung die Annahme der Erbschaft zur Folge haben kann.

Die Anfechtung der Annahme der Erbschaft muss nun gegenüber bzw. zu Protokoll des Nachlassgerichts erfolgen. Die Frist beträgt 6 Wochen. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von den Umständen erfährt, die seinen Irrtum begründen.

Roy Riedel, Rechtsanwalt