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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Oktober 2021

1. Verlängerung und Änderung der Arbeitsschutzverordnung zum Corona-Virus
Die Grundregeln der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung bleiben bestehen und wurden zum 10.09.2021 geändert. Danach gilt:
* betriebliche Hygienepläne sind zu erstellen und zu aktualisieren, umzusetzen sowie in geeigneter Weise zur Kenntnis zu geben
* arbeitgeberseitiges Angebot zu Schelltests mindestens zweimal pro Woche bleibt bestehen
* arbeitgeberseitig kann der Impfstatus oder der Genesungsstatus bei der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden, eine entsprechende Auskunftspflicht der Mitarbeiter/innen besteht jedoch nicht
* betriebsbedingte Kontakte und die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen müssen weiterhin auf das notwendige Minimum reduziert bleiben
* es sind medizinische Gesichtsmasken zur Verfügung zu stellen, wo andere Maßnahmen keinen ausreichenden Schutz gewähren
* arbeitgeberseitig soll ermöglicht werden, dass sich Mitarbeiter/innen während der Arbeitszeit gegen das Coronavirus impfen lassen können. Dabei ist auf die Gesundheitsgefährdung hinzuweisen und über die Möglichkeit einer Schutzimpfung zu informieren

2. Urlaub verbraucht sich auch während der Quarantäne
In Betrieben, in denen Mitarbeiter/innen zwingenden Kontakt zu weiteren Personen, insbesondere Kunden und Geschäftspartnern haben, kann das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes angeordnet werden. Weigert sich die/der MA/in, so ist eine Kündigung gerechtfertigt, vgl. ArbG Cottbus vom 17.06.2021 – 11 Ca 10390/20.

3. Mitbestimmung des Betriebsrates beim Widerruf von Home-Office
Ausgehend von der Pandemie wurden einige Arbeitsplätze in den Bereich des Home-Office verlagert. Wenn arbeitgeberseitig dies nun wieder in die Präsenzarbeit zurückgeführt werden soll, ändern sich damit wiederum die Arbeitsumstände, der Ort der Arbeitsleistung usw. Mithin handelt es sich um eine Versetzung, die der vollen Mitbestimmung des Betriebsrates unterfällt. Dies gilt auch beim Widerruf vom Home-Office, vgl. LAG Köln,?Beschluss?vom?14.08.2020?–?9 TaBV 11/20.

4. Betriebsrat kann elektronische Zeiterfassung erzwingen
Ein Betriebsrat kann die Einführung eines Zeiterfassungssystems für die gesamte Belegschaft erzwingen. Denn ausweislich § 87 Abs. 1 BetrVG heißt es dort, dass der Betriebsrat mitzubestimmen hat. Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrates zur Einführung eines solchen Systems, vgl. LAG Hamm vom 27.07.2021 – 7 TaBV 79/20.

5. Schadensersatzklagen für Arbeitgeber haben hohe rechtliche Hürden
Zwar setzt sich die Arbeitnehmerseite Schadensersatzansprüchen aus, wenn diese durch vorsätzliche und rechtswidrige Handlungen das Vermögen der Arbeitgeberseite schädigt. Doch obliegt der Arbeitgeberseite die volle Beweispflicht für die Pflichtverletzung und die diese begründenden Handlungen. Dieser Beweislast wird die Arbeitgeberseite regelmäßig zur Geltendmachung eines Schadens nicht erfolgreich führen, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.04.2021 – 2 Sa231/20.

6. Azubi im Einsatz als Ungelernter
Wird ein Auszubildender faktisch wie ein Ungelernter in Arbeitstätigkeit eingesetzt, so hat er dann auch Anspruch auf die (tarifliche) Vergütung eines Ungelernten, vgl. ArbG Bonn vom 02.09.2021 – 1 Ca 308/21.

7. Kurzarbeit nur bei gegebener Rechtsgrundlage möglich
Eine arbeitgeberseitige Anordnung der Kurzarbeit ist rechtlich nur möglich, wenn dies individualvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich zulässig ist. Anderenfalls behält die/der Mitarbeiter/in den vollen Vergütungsanspruch gegen die Arbeitgeberseite, vgl. ArbG Siegburg vom 11.11.2020 – 4 Ca 1240/20.

8. Krankheit zeitpassend mit Kündigungsfrist
Hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeit, die genau den Zeitraum von der Zustellung der Kündigung an bis zum Beendigungszeitpunkt umfasst, wohnt der Zweifel an der Richtigkeit inne. Insoweit ist der Beweiswert der ärztlichen AU-Bescheinigung erschüttert, vgl. BAG vom 08.09.2021 – 5 AZR 149/21.

9. Krankheit zeitpassend mit Kündigungsfrist
Hinsichtlich eines Zeugnisses hat die Arbeitnehmerseite grundsätzlich keinen Anspruch auf eine sogenannte Bedauerns-, Bedankens- und gute Wünsche-Formel am Ende des Zeugnisses. Auf der anderen Seite sind solche Floskeln am Ende aber üblich. Darüber hinaus sei es ein Gebot der Höflichkeit, sich bei guten Leistungen für die mehrjährige Zusammenarbeit zu bedanken. Schließlich sind negative Auswirkungen auf künftige Bewerbungschancen bei Fehlen einer solchen Beendigungsformel nicht auszuschließen, da dadurch eine Entwertung des Arbeitszeugnisses vorliegen kann, vgl. LAG München vom 26.08.2021 – 3 SaGa 13/21.

10. Wenn das Tragen einer Maske ärztlich nachgewiesen nicht möglich ist
Ein Arbeitgeber darf die Beschäftigung der/des Mitarbeiters/in verweigern, wenn ein durch detailliertes ärztliches Attest ein Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht möglich ist. In diesem Fall soll die/der MA/in arbeitsunfähig sein, vgl. ArbG Siegburg vom 18.08.2021 – 4 Ca 2301/20.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

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Newsletter zum Arbeitsrecht September 2021

1. Grobe Beleidigung rechtfertigt Kündigung
Der Arbeitnehmer hatte geäußert, dass im Betrieb in Bezug auf die Führung ein „Hitlerregime“ herrsche. Solche Äußerungen können als grobe Beleidigung gewertet werden. Insoweit ist zu beachten, dass grobe Beleidigungen und Bedrohungen des Vorgesetzten einen Grund für eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung darstellen, vgl. LAG Köln vom 06.11.2020 – 10 Sa 280/19. Gleiches gilt bei verbalen Entgleisungen gegenüber Vorgesetzten wie „Arschloch“, „Wixer“ und „Pisser“, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 27.04.2021 – 2 Sa 152/20.

2. Urlaub verbraucht sich auch während der Quarantäne
Wer aufgrund einer Quarantäneanordnung festsitzt und die Zeit nicht anderweitig nutzen kann, verbraucht bei gegebener Urlaubsgewährung trotzdem seinen Urlaub. Eine Nachgewährung von Urlaub ist arbeitgeberseitig nicht geschuldet, diese setzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung voraus, die hier nicht gegeben war, vgl. ArbG Bonn vom 07.07.2021 – 2 Ca 504/21.

3. Überstunden müssen arbeitgeberseitig gewollt sein
Überstunden können arbeitnehmerseitig nicht selbst und ohne Wissen von Arbeitgeberseite getätigt werden. Jedenfalls sind diese dann nicht vergütungspflichtig. Insoweit müssen die Überstunden von Arbeitgeberseite angeordnet, gebilligt, geduldet oder sonst notwendig sein. Anderenfalls ist eine Überstundenklage abzuweisen, vgl. LAG Niedersachsen vom 06.05.2021 – 5 Sa 1292/20.

4. Urlaubsabgeltung nach Vergleich weg
Wenn im zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsvertrages ein arbeitsgerichtlicher Vergleich geschlossen wird, können mit einer finanziellen gegenseitigen Ausgleichsklausel auch Urlaubsabgeltungsansprüche erfasst werden, die ohne Regelung zum ausdrücklichen Erhalt derselben in Wegfall geraten, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 09.06.2021 – 3 Sa 82/21.

5. Zuordnung einer Filiale zu einem anderen Betrieb
In diesem Fall änderte sich die Tätigkeit der Arbeitnehmer nicht, auch nicht deren Einsatzort. Einzig und allein die Filiale wurde einem anderen Betrieb zugeordnet. Nach einer Entscheidung stellt sich die Zuordnung der Filiale zu einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers bereits als personelle Einzelmaßnahme dar. Damit erfordert diese Maßnahme die Beteiligung des Betriebsrates, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 11.03.2021 – 10 TaBV 811/20.

6. Dankesformel im Zeugnis
Die Parteien vereinbarten ein Zeugnis mit der Gesamtbeurteilung „gut“. Der Arbeitgeber dankte nicht für die Arbeit am Ende des Zeugnisses und bedauerte auch nicht das Ausscheiden der Arbeitnehmerseite. Zu Recht, wie das Arbeitsgericht entschied. Selbst gute Wünsche für die Zukunft muss das Zeugnis in der Schlussformel nicht enthalten, vgl. LAG München vom 15.07.2021 – 3 Sa 188/21.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht August 2021

1. Ehrenamt entzieht den Vergütungsanspruch?
Der Arbeitgeber ist Mitglied im Diakonischen Werk und betreibt Krankenhäuser und medizinische Versorgungszentren. Dem zuletzt als Oberarzt beschäftigten Kläger wurde während seiner Tätigkeit in der Mitarbeitervertretung die Vergütung nicht gezahlt, da nach § 19 Abs. 1 Satz 1 MVG-EKD diese Tätigkeit als Ehrenamt, also unentgeltlich ausgeübt wird.
Das Arbeitsgericht sprach dem Kläger die Vergütung zu. Nach der Entscheidung ist es dem Arbeitgeber verwehrt sich auf ein solches kirchliches Verbot zu berufen, um dem Mitglied der Mitarbeitervertretung die Vergütung vorzuenthalten, vgl. ArbG Aachen vom 26.03.2021 – 6 Ca 3433/20.

2. Kita-Erzieherin mit Alkoholsucht außerordentlich gekündigt
Die Arbeitgeberin betreibt mehrere Kindertagesstätten. Eine Erzieherin wurde im Zusammenhang gegebener Alkoholsucht außerordentlich gekündigt. Grundsätzlich bedarf eine solche Kündigung konkrete betriebliche Beeinträchtigungen. Da aber eine ordnungsgemäße und vor allem für die Kinder gefahrlose Kinderbetreuung nicht mehr möglich war, sah das Gericht die außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt an, vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 15.04.2021 – 5 Sa 331/20.

3. Müssen Überstunden bezahlt werden?
Spätestens mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird dies zum Streitthema. Arbeitnehmerseitig wird oft übersehen, dass die Darlegungs- und Beweislast dabei grundsätzlich auf Arbeitnehmerseite liegt.
Arbeitnehmerseitig muss insoweit u.a. dargelegt werden, dass die Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet wurde und an welchen konkreten Tagen von wann bis wann gearbeitet wurde. Kommt die Arbeitnehmerseite ihrer Darlegungslast bereits nicht nach, ist ein Zahlungsantrag zum Ausgleich behaupteter Überstunden abzuweisen, vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 19.02.2021 – 8 Sa 169/20.

4. Grundschullehrerin wehrt sich gegen Corona-Maßnahmen
Corona – noch immer ein Thema. In diesem Fall weigerte sich eine Grundschullehrern die arbeitgeberseitig vorgegebenen Corona-Schutzmaßnahmen umzusetzen. Daraufhin wurde sie vom Dienst suspendiert. Zurecht, wie das Gericht bestätigte, vgl. Veraltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 14.06.2021 – 2 L 1053/21.

5. Personalgestellung als Leiharbeit?
Der öffentliche Dienst weist Beschäftigten im Rahmen der sog. Personalgestellung andere Tätigkeitsorte zu anderen Dienstgebern zu. Insoweit stellt sich die Frage, ob dies nicht eine Art von Leiharbeit darstellt. Das Bundesarbeitsgericht hat daher den Gerichtshof der Europäischen Union um die Beantwortung zweier Fragen zur Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG ersucht.
Das Ergebnis wird darüber entscheiden, ob die Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD in den Anwendungsbereich der Leiharbeitsrichtlinie fällt.

6. Kündigungszugang im Homeoffice
Eine außerordentliche Kündigung muss auch in Pandemiezeiten, in denen Mitarbeitende sich im Homeoffice befinden, fristgemäß erklärt und zugestellt werden. Corona ist bei Fristüberschreitung nicht als höhere Gewalt zu berücksichtigen, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 31.03.2021 – 23 Sa 1381/20.

7. Anteilige Urlaubskürzung bei Kurzarbeit?
Kurzarbeit „Null“ soll eine Kürzung von Urlaub eben für diesen vollen Monat um 1/12 zulassen, wenn auch im ganzen Monat keine Arbeitstätigkeit erfolgte. Daraus ableitend kann arbeitgeberseitig der Urlaub nicht anteilig gekürzt werden, wenn im Betrieb beispielsweise nur an einzelnen Wochentagen Kurzarbeit gegeben ist, vgl. ArbG Osnabrück vom 08.06.2021 – 3 Ca 108/21.

8. Mitarbeiter/in durchsucht Computer des Kollegen
Grundsätzlich stellt das Durchsuchen eines Mitarbeiter-Computers nach dessen privater Korrespondenz einen wichtigen Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Bei jeder Kündigung bedarf es jedoch einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. Hier lag ein jahrelanges beanstandungsfreies Arbeitsverhältnis vor und die mitarbeitende Person handelte aus einer nachvollziehbaren starken moralischen Verpflichtung heraus. Im Ergebnis bestätigte das Gericht die Kündigung nicht, vgl. ArbG Aachen vom 22.04.2021 – 8 Ca 3432/20.

9. Fahrrad und Handy als Arbeitsmittel
Hier war der Mitarbeiter als Auslieferer für Essensbestellungen tätig und zwar sollte er das Essen mit dem Fahrrad unter Umgehung etwaigen Verkehrsaufkommens anliefern und für Abweichungen telefonisch erreichbar sein. Das Gericht entschied, dass arbeitgeberseitig Fahrrad und Mobiltelefon zu stellen sind, vgl. Hessisches LAG vom 12.03.2021 – 14 Sa 306/20 und 14 Sa 1158/20.

10. Pflegekraft im Privathaushalt und Mindestlohn
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass bei einer Tätigkeit einer Pflegekraft in einem Privathaushalt in Deutschland der Mindestlohn auch dann zu zahlen ist, wenn die Pflegekraft in einem Privathaushalt tätig wird und nicht aus Deutschland kommt, vgl. BAG vom 24.06.20231 – 5 AZR 505/20.

11. Abfindung plus Turboklausel-Was sagt die Steuer?
Wenn Arbeitsverhältnisse enden, werden mitunter Abfindungen vereinbart. Dabei kann zusätzlich vereinbart werden, dass etwaig erspartes Entgelt, wenn die Arbeitnehmerseite vorzeitig außerhalb der Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis selbst beendet, dieses ersparte Entgelt als zusätzliche Abfindung gezahlt wird. Dies wird als Turboklausel oder Sprinterprämie bezeichnet. Das Hessische Finanzgericht hat bestätigt, dass auch die weitere Abfindung ermäßigt zu besteuern ist, vgl. Hessisches Finanzgericht vom 27.07.2021 – 10 K 1597/20.

12. Eingesperrt in der Toilette
Wird ein Mitarbeiter/in durch eine/n andere/n in der Toilette eingesperrt, so rechtfertigt dies grundsätzlich die fristlose Kündigung, vgl. ArbG Siegburg vom 11.02.2021 – 5 Ca 1397/20.

13. Konkurrenten- (Eil-) Antrag abgelehnt
Im öffentlichen Dienst soll jeder Bürger/in einen gleichen Anspruch auf den Zugang zum Amt haben. Wenn hier Fehler erfolgt sein könnten, muss die betroffene nicht berücksichtigte Person die Besetzung der Stelle verhindern. Dies erfolgt durch einen einstweiligen Antrag und einem Hauptantrag, der sog. Konkurrenten- (Eil-)Antrag. In diesem Fall hat das Gericht den Antrag des nicht berücksichtigten Bewerbers um das Amt des Leiters der Hessischen Generalstaatsanwaltschaft abgelehnt, vgl. VerwG Gießen vom 12.07.2021 – 5 L 1296/21.GI

14. Betriebliche Rentenzusagen
Die lediglich befristete Gewährung einer EU-Rente (Erwerbsminderung) vom gesetzlichen Rententräger hindert nicht per se die Gewährung einer vergleichbaren Rente im Rahmen einer Versorgungszusage durch den Arbeitgeber, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 13.07.2021 – 3 AZR 445/20.

15. Begehrte Dienstplanänderung
Die Mitarbeiterin war mit der Einteilung im Dienstplan nicht einverstanden und „bat“ zur Verhinderung ihrer Krankschreibung um eine Änderung des Dienstplanes. Diese als Drohung ausgesprochene Ankündigung stellt an sich einen Grund für eine fristlose Kündigung dar, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 04.05.2021 – 5 Sa 319/20. Unter Beachtung der langen Beschäftigungsdauer und anderer Kriterien kann im Rahmen dessen aber eine ordnungsgemäße und fristgerechte Kündigung ausreichend sein, so das Landesarbeitsgericht.

16. Nachtzuschlag Ja oder Nein?
Dem Streit liegt ein Tarifvertrag zugrunde, der die Zuschläge für Nachtarbeit und die Zeiten hierzu regelt. Der Kläger hält die ihm gegenüber aufgrund des Tarifvertrages gewährten Zuschläge für zu gering. Die Frage wird sein, ob der Tarifvertrag wirksam ist oder gegen europäische Maßgaben verstößt. Daher hat das Bundesarbeitsgericht diese Frage dem Europäischen Gerichtshof in einem Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt, vgl. BAG vom 28.07.2021 – 10 AZR 397/20A.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Juli 2021

1. Küssen beendet das Arbeitsverhältnis

Ein männlicher Mitarbeiter versuchte mehrfach auf einer Teamklausur seiner Kollegin näher zu kommen. Auf Bitten anderer Mitarbeiter davon Abstand zu nehmen, hörte der Mitarbeiter nicht. Vielmehr folgte er ihr von der Hotelbar bis zu ihrer Zimmertür des Hotels und drängte ihr einen Kuss auf. Damit verletzte der Mitarbeiter seine Arbeitnehmerpflichten in erheblicher Weise. Die daraufhin erfolgte fristlose Kündigung wurde gerichtlich bestätigt, vgl. Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 01. April 2021 – 8 Sa 798/20.

2. Frage nach Impfstatus zulässig?

Grundsätzlich sind die Gesundheitsdaten und die Frage nach ärztlichen Behandlungen und auch Impfungen Privatsache, insoweit handelt es sich um schützenswerte Gesundheitsdaten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Eine Ausnahme bedarf also einer Erforderlichkeit und/oder Regelung. Diese bestehen beispielsweise im Gesundheitswesen, aber auch im Bereich der Seniorenheime und Pflegeeinrichtungen. Für diese Branchen hat das Infektionsschutzgesetz geregelt, dass eine Frage nach dem Impfstatus zulässig ist. Im Übrigen wäre die Frage nach dem Impfstatus mithin weiterhin nur zulässig, wenn diese für die Erfüllung der dem Arbeitgeber auferleg-ten Arbeitsschutzmaßnahmen notwendig ist.

3. Versetzung bei Maskenstreit

In diesem Fall war eine Mitarbeiterin in einem Krankenhaus beschäftigt und zwar auf einer sog. Corona-Station. Hier war das unbedingte und dauerhafte Tragen von FFP2-Masken angeordnet. Das Krankenhaus bot alle 120 Minuten eine Maskenpause an. Die Mitarbeiterin bestand auf einer Pause von jeweils 30 Minuten nach 75 Minuten Arbeit. Dem vermochte das Krankenhaus nicht nachzukommen und hat die Klägerin auf eine andere Station versetzt. Die Klage gegen die Verset-zung hatte in erster Instanz keinen Erfolg, vgl. ArbG Herne vom 06.05.2021 – 4 Ca 2437/20.

4. Kündigungsschutz bei aufgeteilter Elternzeit

Elternzeit muss nicht zusammenhängend genommen werden, diese kann auch auf verschiedene Zeitabschnitte aufgeteilt werden. In diesem Fall beantragte der Mitarbeiter Elternzeit für einen Zeit-raum 2019 und einen weiteren Zeitabschnitt für den Zeitraum 26.04.2020 bis 25.05.2020. Der Ar-beitgeber erklärte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor dem zweiten Elternzeitabschnitt. Das Landesarbeitsgericht erachtete die Kündigung nach § 134 BGB in Verbindung mit § 18 BEEG für unwirksam. Das Gericht sieht den vorgreifenden 8-wöchigen Kündigungsschutz vor jedem Zeitab-schnitt der Elternzeit als gegeben an, vgl. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 13.04.2021 – 2 Sa 300/20. Anders entschied noch das Landesarbeitsgericht Berlin im Urteil vom 15.12.2004 – 17 Sa 1729/04.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Juni 2021

1. Corona-Hilfe als Betrugsstraftat

Für den Fall beantragter Corona-Hilfen waren bestimmte Voraussetzungen anzugeben und zu versichern. Sind oder waren diese Angaben unrichtig und hat die Behörde in der Annahme der Richtig-keit dieser angegebenen Daten Zahlungen geleistet, kommt der Tatverdacht des Betruges in Be-tracht.
In dem hier gegebenen Fall ging es sogar soweit, dass das angegebene Kleingewerbe tatsächlich gar nicht existent war. Der Bundesgerichtshof hat im Ergebnis hier wegen Subventionsbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten bestätigt, vgl. BGH vom 04.05.2021 – 6 StR 137/21.

2. Bezeichnung mit „Ming-Vase“ als Kündigungsgrund

Hier bezeichnete eine Mitarbeitende, die Betriebsratsmitglied war, eine Vorgesetzte als „Ming-Vase“. Diese Äußerung und die damit im Zusammenhang stehenden Gesten wurden als Beleidi-gung mit rassistischer Tendenz gewertet und führten zur fristlosen Kündigung. Die hierfür erforderliche Zustimmung des Betriebsrates wurde durch das Arbeitsgericht ersetzt, vgl. ArbG Berlin vom 05.05.2021 – 55 BV 2053/21.

3. Tätowierungen können Lehrertätigkeit beenden

Ein im Land Berlin angestellter Lehrer trug Tätowierungen in Frakturschrift wie „Meine Ehre heißt Treue“, wie dies in rechtsradikalen Kreisen Verwendung finden soll. Die hierauf ergangene außerordentliche Kündigung wurde vom Lehrer angegriffen, ohne Erfolg. Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Kündigung, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 11.05.-2021 – 8 Sa 1655/20.

4. Der Tod des Arbeitgebers als Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Grundsätzlich enden Arbeitsverhältnisse durch Aufhebungsvertrag oder schriftliche Kündigung. Der Tod zählt nur dann, wenn die Arbeitnehmerseite verstirbt. Hier ging es um ein Arbeitsverhältnis mit einer Pflegekraft, Arbeitgeber war die zu pflegende Person. Nach dem Arbeitsvertrag sollte das Arbeitsverhältnis 14 Tage nach dem Tod des Arbeitgebers enden.
Das Landesarbeitsgericht sah hierin eine zulässige Befristungsvereinbarung und bestätigte das Vorliegen eines sachlichen Grundes von § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG. Damit endete das Arbeitsverhältnis, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 16.03.2021 – 5 Sa 295/20.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Mai 2021

1. Kinderkrankengeld – Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes

Für 2021 ist mit der Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes der Anspruch auf Kinderkrankengeld ausgeweitet worden. Dieser steigt von 20 Tagen pro Elternteil und Kind auf 30 Tage, für Elternpaare auf 60 Tage. Bei mehreren Kindern gelten maximal 65 Tage, bei Alleinerziehenden 130 Tage.

2. Kündigungsgründe können nachgeschoben werden

Hier kündigte die Arbeitgeberseite fristlos. Dabei muss die Kündigung nach § 622 Absatz 2 BGB innerhalb von 14 Tagen ausgesprochen werden. Vorliegend erfuhr die Arbeitgeberseite später wei-tere Gründe, die eine Kündigung rechtfertigten und schob diese Begründungen nach. Das Bundes-arbeitsgericht bestätigte diese arbeitgeberfreundliche Möglichkeit, vgl. BAG vom 12.01.2021 – 2 AZN 724/20.

3. Datenschutzbeauftragter auch Betriebsratsvorsitzender?

Hier ist die Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen ein Datenschutzbeauftragter von sei-nem Amt abberufen werden kann und ob die Regelungen im deutschen Datenschutz in Überein-stimmung mit den europäischen Vorgaben stehen. Ferner ist fraglich, ob Datenschutzbeauftragter auch der Betriebsratsvorsitzende in einer Person sein darf. Die Klärung dieser Fragen hat das Bun-desarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, vgl. BAG vom 27.04.2021 – 27.04.2021 – 9 AZR 383/19.(A).

4. Anspruch auf Kopien von E-Mails nach dem Datenschutz?

Nach dem Datenschutzrecht kann die Arbeitnehmerseite grundsätzlich verlangen, dass Datenkopi-en von Arbeitgeberseite herausgegeben werden müssen. Offen blieb im Ergebnis welchen Umfang dieser Anspruch konkret hat und wie detailliert die Arbeitnehmerseite den Anspruch im Detail be-zeichnen muss. In dem Fall hatte das Bundesarbeitsgericht einer Überlassung der Kopien über-sandter Mails zulasten der Arbeitnehmerseite abgelehnt, vgl. BAG vom 27.04.2021 – 2 AZR 342/20.

5. Arbeitnehmer in Quarantäne Ja/Nein?

In dem Fall verzögerte sich wohl der Zugang der nachweisbaren behördlichen Quarantäneanord-nung gegenüber dem Arbeitnehmer. Der Arbeitergeber bezweifelte die Quarantäne und verlangte die Arbeitsleistung. Im Ergebnis folgte die Kündigung. Das Arbeitsgericht entschied hier, dass die Kündigung rechtswidrig war infolge der behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne, vgl. ArbG Köln vom 15.04.2021 – 8 Ca 7334/20.

6. Schwerbehinderte sind zum Vorstellungsgespräch einzuladen

In dem Fall hatte der schwerbehinderte Bewerber eine Mindestnote ausweislich des geforderten Stellenprofils nicht erreicht und wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Frage ist, ob hier ein Verstoß vorliegt. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass hierzu lückenlos aufgeklärt werden müsse, ob arbeitgeberseitig eine konsequente Anwendung des Auswahlkriteriums gegeben war. Hierzu wurde der Rechtstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen, vgl. BAG vom 29.04.2021 – 8 AZR 279/20.

7. Betriebsrat hat Anspruch auf Videokonferenz

Infolge der geänderten Regelungen im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie haben Betriebsräte grundsätzlich das Recht ihre Sitzungen per Videokonferenz abzuhalten. Arbeitgeberseitig wurde diese Zeit nicht bezahlt, es ergingen zudem Abmahnungen. Das Arbeitsgericht entschied zugunsten des Betriebsrates, vgl. ArbG Köln vom 24.03.2021 – 18 BVGa11/21.

8. Arbeitsverweigerung wegen Corona-Risiko?

In diesem Fall ordnete der Arbeitgeber gegenüber einem Mitarbeiter an, dass dieser vor Ort – statt wie bislang im Homeoffice – zwei neue eingestellte Kollegen einarbeiten solle. Dies lehnte der Ar-beitnehmer als Risikopatient ab und wollte zudem seinen geplanten Erholungsurlaub durch einen solchen Kontakt zu dritten Personen nicht gefährden. Der Arbeitnehmer blieb auch nach wiederhol-ter arbeitgeberseitiger Aufforderung dabei. Das wertete das Gericht als beharrliche Arbeitsverwei-gerung und bestätigte die außerordentliche Kündigung, vgl. ArbG Kiel vom 11.03.2021 – 6 Ca 1912/20.

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Newsletter zum Arbeitsrecht April 2021

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

nachfolgend erhalten Sie den von Fachanwälten für Arbeitsrecht erstellten Newsletter.

Sollten Sie den Newsletter für Arbeitsrecht nicht weiter erhalten wollen,
genügt eine entsprechende Mail an kontakt@anwalt-rasehorn.de.

In diesem Fall erhalten Sie keinen weiteren Newsletter, Ihre Daten werden auf den Datenträgern gelöscht.

1. Auskunftsanspruch contra Annahmeverzug

Im Kündigungsschutzverfahren ergibt sich erst am Ende, ob eine Kündigung wirksam erklärt wor-den ist oder nicht. Sollte das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden sein, stellt sich die Frage, ob die Arbeitnehmerseite für die zurückliegende untätige Zeit zu bezahlen ist. Arbeitgeber müssen für diese Zeit aus Gründen des Annahmeverzuges die Vergütung bei nicht wirksamer Kündigung nach-zahlen. Aber arbeitgeberseitig besteht ein Anspruch auf Auskunftserteilung, welche Arbeitsangebote der Arbeitnehmerseite von der Arbeitsagentur vermittelt wurden und ob hierauf auch tatsächlich Bewerbungen erfolgten. Nach dem Bundesarbeitsgericht muss arbeitnehmerseitig auch dargelegt werden, weshalb es nicht zum Vertragsschluss gekommen ist oder warum es unzumutbar gewesen sein soll, sich auf diese Stelle zu bewerben, vgl. BAG vom 27.5.2020 – 5 AZR 387/19.
Demgemäß sollte die Auskunft in einer Widerklage gegen die Kündigungsschutzklage geltend ge-macht werden. Ferner sollte der Arbeitnehmerseite im Vorfeld Stellenangebote übermittelt werden. Diese Maßnahmen senken das Annahmeverzugs- und Abfindungsrisiko.

2. Teilzeit kann Ansprüche in Versorgungsregelung kürzen

Sofern Mitarbeitende in Teilzeit beschäftigt werden, kann es zulässig sein, dass eine entsprechende betriebliche Versorgungsregelung die Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung lediglich anteilig berück-sichtigt, vgl. BAG vom 23.03.2021 – 3 AZR 24/20.

3. Kündigung wegen Arbeitszeitüberschreitung

Ein Mitarbeiter wird neben seiner Hauptbeschäftigung in weiteren Arbeitsverhältnissen tätig und überschreitet so dauerhaft die nach dem Arbeitszeitgesetz zulässige Höchstarbeitszeit.
Nach der Rechtsprechung ist damit das zur Überschreitung der Höchstarbeitszeit führende Arbeits-verhältnis nichtig. Die darauf gestützte Kündigung wurde bestätigt, vgl. LAG Nürnberg vom 19. Mai 2020 – 7 Sa 11/19.

4. Leiterin von Seniorenheim missachtet Corona-Regeln

In diesem Fall hat eine Mitarbeiterin sich wiederholt nicht an gegebene Regelungen im Zusammen-hang mit COVID19 gehalten und war nicht nur ohne Dienstkleidung tätig, sondern missachtete auch die vorgegebene Trennung der Wohnbereiche in einem Seniorenpflegeheim nach Bereichen von an COVID19 erkrankten und nicht daran erkrankten Bewohnern/innen. Das Oberverwaltungsge-richt bestätigte daraufhin die Weisung, dass die Leiterin des Seniorenpflegeheims weiterhin nicht beschäftigt werden darf, vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 24.03.2021 – 12 B 198/21.

5. Hintergrunddienste – vergütungspflichtige Arbeitszeit?

Soweit Ärztinnen und Ärzte im Rahmen von sog. Hintergrunddiensten nach § 9 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte Bereitschaftsdienste leisten, stellt sich die Frage der Vergütung. Diese ist danach als vergütungspflichtige Zeit zu bejahen, sofern arbeitgeberseitig konkrete Vorgaben, insbe-sondere hinsichtlich der Zeit zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit und damit jedenfalls faktisch auch zum Aufenthaltsort getätigt werden, vgl. BAG vom 25.03.2021 – 6 AZR 264/20.

6. Betriebsschließung – wer zahlt Arbeitnehmervergütungen?

Muss der Arbeitgeber aufgrund behördlicher Anordnung den Betrieb schließen, trägt dieser das Be-triebsrisiko gemäß § 615 S. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer haben für diese Zeiten einen Anspruch auf sogenannten Annahmeverzugslohn, vgl. Landesar-beitsgericht Düsseldorf vom 30. März 2021 – 8 Sa 674/20.

7. Umziehzeit als Vergütungszeit?

Hier wurde den tätigen Wachschutzpolizisten ein Raum zum Umkleiden im Betrieb gestellt, den dieser aber nicht nutzte, sondern sich bereits daheim entsprechend anzog und so zum Dienst er-schien. Sofern danach die Arbeitnehmerseite die zur Verfügung gestellten Umziehräume nicht nutzt, fallen für das Anlegen der Dienstkleidung bereits zu Hause keine vergütungsrechtlichen Zei-ten an, so das BAG vom 31.03.2021 – 5 AZR 292/20 und 5 AZR 148/20.
Damit gilt: Keine Geltung als vergütungspflichtige Arbeitszeit beim Ankleiden zu Hause, wenn der Arbeitgeber Umziehmöglichkeiten betriebsintern stellt.

8. Betriebsrat mit oder ohne Videokonferenz

Die Pandemie verlangt nach Abstand. Wie kann dies besser als durch Digitalisierung und mittels Videokonferenzen sichergestellt werden. Schlecht nur, wenn die hierfür erforderliche Technik nicht zur Verfügung steht. Diese wurde dem Betriebsrat seitens des Arbeitgebers verweigert. Zu Unrecht, wie das Landesarbeitsgericht nun feststellte. Danach ist dem Betriebsrat eine technische Ausstat-tung zur Verfügung zu stellen, die diesem die Durchführung von Sitzungen und dergleichen in Form von Videokonferenzen ermöglicht, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 14.04.2021 – 15 TaBVGa 401/20.

9. Was wird sich ändern? Wahrscheinlich das Befristungsrecht!

Die sachgrundlose Befristung sollte bereits seit geraumer Zeit eingeschränkt werden. Nunmehr gibt es konkret Pläne, die bereits die nachfolgenden Punkte betreffen:
• Dauer 18 Monate, statt 2 Jahre
• Einmal verlängerbar, statt dreimal verlängerbar
• Zwingende Angabe im schriftlichen Arbeitsvertrag
• Quote von möglichen Befristungen (2,5 % der Beschäftigten ab 75 Mitarbeitenden)
• Wegfall der im öffentlichen Recht möglichen Haushaltsbefristung