Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Januar 2022

1. Die erleichterten Regelungen zur Kurzarbeit gelten bis 31.03.2022

• Die Zahl der Beschäftigten, die im Betrieb vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bleibt auf mindestens zehn Prozent abgesenkt;
• Keine Notwendigkeit zum vorrangigen Abbau negativer Arbeitszeitsalden vor der Gewäh-rung von Kurzarbeitergeld;
• Auch Leiharbeitnehmer/innen erhalten Kurzarbeitergeld;
• Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 50 Prozent an Arbeitgeber auf An-trag

2. Urlaub in der Insolvenz

Kann der Urlaub nicht mehr gewährt werden, so kann ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei be-endeten Arbeitsverhältnissen bestehen. In der Insolvenz des Arbeitgebers ist ein solcher vollständig als Masseverbindlichkeit zu berücksichtigen, jedenfalls dann, wenn seitens der Insolvenzverwaltung noch Arbeitsleistungen in Anspruch genommen worden sind, BAG vom 25.11.2021 – 6 AZR 94/19.

3. Fristlose Kündigung des Ersatzmitgliedes des Betriebsrates wegen Krankheit

Die fristlose Kündigung eines Ersatzmitglieds des Betriebsrates wegen häufiger Kurzerkrankungen ist die Ausnahme. Sofern das Ersatzmitglied ca. 2/3 des Jahres arbeitsfähig ist, ist eine Kündigung unwirksam, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 18.08.2021 – 3 Sa 6/21.

4. Urlaubskürzung bei Kurzarbeit

Eine Urlaubskürzung wegen Kurzarbeit ist nur möglich, wenn die Kurzarbeit auch rechtlich wirksam eingeführt worden ist, also durch Individualvereinbarung oder auf der Grundlage einer Betriebsver-einbarung, vgl. BAG vom 30.11.2021 – 9 AZR 225/21.

5. Weigerung zum Schnelltest kann Kündigung rechtfertigen

Weigert sich die Arbeitnehmerseite wiederholt die von Arbeitgeberseite angeordneten Schnelltests durchzuführen, so kommt eine Kündigung in Betracht, wenn zuvor eine Abmahnung ausgespro-chen worden ist, vgl. Arbeitsgericht Hamburg vom 24.11.2021 – 27 Ca 208/21.

6. Brückenteilzeit nur bei Beachtung 3-monatiger Ankündigungsfrist

Die Brückenteilzeit gibt die Möglichkeit nach einer begrenzten Verkürzung der Arbeitszeit wieder zurück zur Vollzeit zu gelangen. Dabei ist dreimonatige Ankündigungsfrist zu beachte. Ist diese nicht eingehalten, so kann arbeitgeberseitig der Antrag abgelehnt werden, vgl. BAG vom 07.09.2021 – 9 AZR 595/20

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Dezember 2021

1. Beleidigung ohne vorherige Abmahnung
Beleidigungen können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Hier hatte ein Lagerarbeiter, der schwerbehindert ist, Kollegen u.a. mit Ausdrücken wie „Drecksossi“ beleidigt. Das Gericht war der Auffassung, dass eine Abmahnung ggf. eine Verhaltensänderung des Mitarbeiters hätte bewirken können. Da es an einer solchen Abmahnung aber fehlte, hatte die außerordentliche fristlose Kündi-gung in diesem Fall keinen bestand, vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 18.06.2021 – 1 Sa 75/21.

2. Wenn das BEM zu weit geht
Eine Arbeitnehmerin hatte längere krankheitsbedingte Ausfallzeiten und wurde zu einem Betriebli-chen Eingliederungsmanagement (BEM) eingeladen. Hierbei wurde sie auch um die Offenlegung ihrer Gesundheitsdaten gebeten. Die Mitarbeiterin reagierte nicht und erhielt die Kündigung. Das Gericht urteilte, dass die Mitarbeiterin ihre Gesundheitsdaten nicht offenlegen muss, schon gar nicht gegenüber den Vorgesetzten. Insofern überschritt die BEM-Einladung die zulässigen Grenzen. Da-mit scheiterte auch die Kündigung, vgl. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg vom 28. Juli 2021 – 4 Sa 68/20.

3. Vorgesetzter aus anderem Betrieb
In diesem Fall wurde der Vorgesetzte gewechselt, dieser kam und blieb in einem anderen Betrieb. Der Arbeitnehmer fragte sich, ob der bisherige Betriebsrat zuständig bleibt oder der des anderen Betriebes. Entscheidend ist nicht, ob die Weisungen von einem Vorgesetzten eines anderen Stan-dortes kommen, sondern vielmehr die Eingliederung in den Betrieb vor Ort. Damit bleibt auch der Betriebsrat vor Ort zuständig, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 26.05.2021 – 7 ABR 17/20.

4. Betriebsratswahl – mangelnde Information über Fehler
Hier ging es um eine Betriebsratswahl in einem Seniorenheim. Hierbei hatte der Wahlvorstand ei-nem Listenvertreter mitgeteilt, dass ein Bewerber nicht wählbar ist. Zwar wurde mitgeteilt, dass die Mängel heilbar seien, auf die konkreten Auswirkungen wurde jedoch nicht hingewiesen. Die man-gelnde Aufklärung der Konsequenzen führte zur erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl, vgl. LAG Nürnberg vom 03.06.2019 – 1 TaBV 3/19.

5. Masken und ihr Tragen als Erschwernis?
Hier ging es darum, ob das Tragen einer sog. OP – Maske im Reinigungsgewerbe einen tariflichen Erschwerniszuschlag auslösen kann. Nach der Entscheidung des Gerichts käme dies nur beim Tragen einer FFP2-Maske in Betracht, nicht aber beim Tragen der OP-Maske, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 17.11.2021 – 17 Sa 1067/21.

6. Umkleidezeit ist Arbeitszeit?
Es gilt der Grundsatz, wenn es für die Ausübung der Arbeitstätigkeit zwingend erforderlich ist (Si-cherheit wie Absturzsicherung bei Dacharbeiten, Hygiene beim Krankenhauspersonal, usw.) oder der Arbeitgeber wegen einem einheitlichen Erscheinungsbild eine besondere Kleidung verlangt, so gehört die Umkleidezeit zur Arbeitszeit. Hiervon kann aber zum Nachteil der Arbeitnehmerseite durch Tarifvertrag abgewichen werden, vgl. BAG vom 21.07.2021 – 5 AZR 572/20.

7. 3-G-Regel im Betrieb ab 24.11.2021
Die Regel gilt insbesondere für alle Betrieb, in denen Personenkontakt besteht. Insoweit gilt für den Zugang zum Betrieb, dass man nachweisen muss, ob man geimpft, genesen oder gerade getestet ist. Für die Arbeitnehmerseite besteht mithin die Gefahr keine Vergütung zu erhalten, bei nicht er-folgendem Nachweis. Auch dürften Abmahnungen bis hin zu Kündigung möglich sein können.

8. Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten – richtig?
Die Arbeitnehmerseite muss wissen für wie viele Stunden die Vergütung vereinbart ist. Damit ist die pauschale Regelung, dass mit dem Gehalt die Überstunden abgegolten sind unwirksam. Vorliegend verdiente der Kläger monatlich 1.800 € für eine 40-Stundenwoche. Gemäß dem Arbeitsvertrag wa-ren damit zugleich 10 Überstunden im Monat abgegolten. In dieser Korridorregelung sah das Ge-richt keine Unwirksamkeit, so dass diese Überstunden nicht zusätzlich zu vergüten waren, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 14.09.2021 – 2 Sa 26/21.

Ich wünsche kommende schöne und erholsame Feiertage und ein kommendes neu-es Jahr 2022! Bleiben Sie glücklich und gesund!

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

3-G am Arbeitsplatz ab 24.11.2021

Wer darf arbeiten und was muss nachgewiesen werden?
Die meisten Beschäftigten haben Kontakt zu anderen Menschen. Solche Kontakte bürgen auch die Risiken von krankheitsbedingten Ansteckungen in sich, hier insbesondere mit dem so genannten Corona-Virus.
Daher müssen Mitarbeitende ab dem 24.11.2021 entweder geimpft, genesen oder getestet (3-G-Regelung) sein.

Wie wird die 3-G-Regelung nachgewiesen?
Die Möglichkeit eines negativen sogenannten Corona-Tests genügt. Dieser darf indes nicht älter als 24 Stunden sein. Alternativ müsste die Bestätigung zum Status genesen nachgewiesen werden oder der Impfstatus.

Kann der Arbeitgeber einen Nachweis verlangen?
Die Frage ist bislang mit Nein beantwortet worden. Mit der sich nunmehr ergebenden neuen gesetzlichen Lage ist der Arbeitgeber sogar zur Prüfung und Kontrolle verpflichtet. Wer dennoch den Impfstatus nicht offenlegen will, muss alternativ die jeweiligen Tests nachweisen, um den Anforderungen nach 3-G gerecht zu werden. Grundlage sind die Änderungen im Infektionsschutzgesetz.
Gilt die Nachweispflicht auch für im Homeoffice Tätige?
Nein. Entscheidend ist hier der Kontakt zu weiteren Personen. Wer ausschließlich im Homeoffice arbeitet hat damit keinen arbeitstätigkeitsbezogenen Kontakt zu anderen Personen und benötigt in diesem Rahmen keinen Nachweis.

Welche Kosten fallen mit den nachzuweisenden Tests für Ungeimpfte an?
Derzeit ist dies nicht einheitlich geklärt, auch fallen unterschiedliche Kosten für Tests an. Zwei Tests, die arbeitgeberseitig bislang angeboten werden mussten, werden wohl auch weiterhin von Arbeitgeberseite an Kosten übernommen werden. Ein weiterer Test kann im Rahmen der kostenfreien Bürgertest eingeholt werden. Ausgehend davon dürften die zwei weiteren erforderlichen Tests bei einer 5-Tage-Arbeitswoche hinsichtlich der Kosten der Arbeitnehmerseite zur Last fallen.

Welche Folgen könnte die Weigerung betreffend der 3-G-Regel haben?
Nach der neuen gesetzlichen Lage dürften Arbeitgeber dann Arbeitnehmer/innen ohne Nachweis im Sinne der 3-G-Regel nicht beschäftigen. Damit könnte somit auch der Anspruch auf Zahlung von Vergütung und Lohn entfallen. Eine weitere Folge wäre bei dann fehlendem Arbeitsangebot mangels Einhaltung der 3-G-Regel die Annahme einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung. Unter Maßgabe dessen könnte dies eine Abmahnung und ferner eine Kündigung zur Folge haben.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht November 2021

1. Äußerungen per WhatsApp begründen nicht immer eine Kündigung
Die als technischer Leiter eines Vereins für Flüchtlingshilfe gekündigte Person äußerte sich in WhatsApp herabwürdigend u.a. in Bezug auf Flüchtlinge. Hierauf erfolgte die Kündigung.
Das LAG Berlin-Brandenburg hat die Kündigung für unwirksam erachte, da die Kommunikati-on privater Natur war und über einen kleinen Teilnehmerkreis erfolgte, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 19.07.2021 – 21 Sa 1291/20
(https://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/pressemitteilungen/2021/pressemitteilung.1127867.php).
2. Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat mit Bindungswirkung
In diesem Fall war Hintergrund, dass in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben einen un-ternehmenseinheitlichen Betriebsrat durch Abstimmung der Belegschaft begründete. Diese Ab-stimmung ist damit auch für folgende Wahlen bindend, allerdings kann dieser Beschluss durch spätere Bildung eines gemeinsamen Betriebes seine Wirkung wieder verlieren, vgl. BAG vom 24.03.2021 – 7 ABR 16/20.
3. Rückkehr aus dem Homeoffice
In dieser Fallgestaltung erlaubte der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter im Homeoffice tätig zu werden. Dies sollte dann später nicht mehr fortgesetzt werden, der Mitarbeiter sollte wieder im Betrieb arbeitstätig sein. Hiergegen wehrte sich der Mitarbeiter. Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber seine Weisung abändern kann, sofern betriebliche Gründe gegen die Fortsetzung der Tätigkeit im Homeoffice sprechen, vgl. LAG München vom 26.08.2021 – 3 Sa 13/21.
4. Wegfall der Entschädigung durch den Staat für nicht Geimpfte
Wer Kontakt mit einem Corona-Fall hatte muss sich ggf. in Quarantäne begeben, auch kann diese durch das Gesundheitsamt angeordnet werden. Unabhängig einmal von der Frage, in-wieweit Zahlungsansprüche gegen den Arbeitgeber bestehen oder nicht, kam eine Entschädi-gung nach dem Infektionsschutzgesetz für möglichen Verdienstausfall in Betracht. Diese ist nun für nicht geimpfte Personen weggefallen.
5. Kündigung bei Aufruf zur Betriebsratswahl unwirksam
Eine Kündigung gegenüber Mitarbeitenden, die erst kurz zuvor zu einer Wahl des Betriebsrates aufgerufen haben, ist unwirksam. Vgl. ArbG Berlin vom 16.09.2021 – 41 Ca 3718/21.
6. Kurzarbeit nur bei gegebener Rechtsgrundlage möglich
Eine arbeitgeberseitige Anordnung der Kurzarbeit ist rechtlich nur möglich, wenn dies indivi-dual¬vertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich zulässig ist. Anderenfalls be-hält die/der Mitarbeiter/in den vollen Vergütungsanspruch gegen die Arbeitgeberseite, vgl. ArbG Siegburg vom 11.11.2020 – 4 Ca 1240/20.
7. Krankheit zeitpassend mit Kündigungsfrist
Hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeit, die genau den Zeitraum von der Zustellung der Kündi-gung an bis zum Beendigungszeitpunkt umfasst, wohnt der Zweifel an der Richtigkeit inne. In-soweit ist der Beweiswert der ärztlichen AU-Bescheinigung erschüttert, vgl. BAG vom 08.09.2021 – 5 AZR 149/21.
8. Altersvorsorgemöglichkeit begrenzbar
Hier war eine betriebliche Altersvorsorgereglung Gegenstand des Urteils. In dieser waren Mitar-beitende, die bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatten von dem Bezug ausgeschlossen. Zu-recht, wie das Gericht entschied. Diese Höchstaltersgrenze stellt weder eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters noch eine solche wegen des weiblichen Geschlechts dar, vgl. BAG vom 21.09.2021 – 3 AZR 147/21.
9. Urlaub und Betriebsrat
Urlaubsangelegenheiten gehören stets zum kollektiven Arbeitsrechtsbezug nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG. Daher hat der bestehende Betriebsrat bei der Gewährung des Urlaubs mitzubestim-men. Nicht erfasst vom Mitbestimmungsrecht ist indes die zeitliche Lage, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 24.06.2021 – 26 TaBV 785/21.
10. Maskenverweigerern droht Kündigung
Die Weigerung einer Lehrkraft zum Tragen einer Mund- und Nasenbedeckung kann eine Kün-digung des arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisses begründen, vgl. LAGF Berlin-Brandenburg vom 07.10.2021 – 10 Sa 867/21.
11. Viele Verspätungen können Kündigung rechtfertigen
Verspätungen stellen eine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung dar. In diesem Fall erfolgten Ver-spätungen an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen. Dies hat die ordentliche Kündigung be-gründet, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 31.08.2021 – 1 Sa 70öD/21.
12. Gehaltsnachweise zum Erhalt eines Kredites geschönt
Auch Taten, die nicht direkt den Arbeitgeber schädigen können eine Kündigung begründen. Hier hatte ein Mitarbeiter seine Gehaltsnachweise gefälscht, um einen Kredit bei einer Bank zu bekommen. Das Gericht bestätigte die fristlose Kündigung vgl. LAG Hamm vom 19.08.2021 – 8 Sa 1671/19.
13. Befristung nicht ohne Schriftform
Nach einer Entscheidung des Gerichtes ist eine formwirksame Befristung nicht gegeben, wenn lediglich eine elektronische Signatur vorliegt. Die wirksame b Befristung setzt Schriftform vo-raus, diese war damit nicht eingehalten. Folglich war die Befristung unwirksam, das Arbeits-verhältnis war mithin unbefristet begründet, vgl. ArbG Berlin vom 28.09.2021 – 36 Ca 15296/20.
14. Strafverfahren hinderte nicht Fortgang des Kündigungsverfahrens
In manchen Fällen beruhen die Kündigungen auf etwaigem strafbarem Verhalten. Dabei kann es ein Interesse sein das Strafrecht erst zu einer Entscheidung kommen zu lassen, bevor über die Kündigung entschieden wird. Grundsätzlich, müssen aber auch beide Verfahrensrichtungen nicht zum selben Ergebnis führen. In diesem Fall hat das Gericht entschieden, dass das arbeits-gerichtliche Verfahren fortzusetzen ist und der Ausgang des Strafverfahrens nicht abgewartet wird, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 06.10.2021 – 11 Ta 1120/21.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Oktober 2021

1. Verlängerung und Änderung der Arbeitsschutzverordnung zum Corona-Virus
Die Grundregeln der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung bleiben bestehen und wurden zum 10.09.2021 geändert. Danach gilt:
* betriebliche Hygienepläne sind zu erstellen und zu aktualisieren, umzusetzen sowie in geeigneter Weise zur Kenntnis zu geben
* arbeitgeberseitiges Angebot zu Schelltests mindestens zweimal pro Woche bleibt bestehen
* arbeitgeberseitig kann der Impfstatus oder der Genesungsstatus bei der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden, eine entsprechende Auskunftspflicht der Mitarbeiter/innen besteht jedoch nicht
* betriebsbedingte Kontakte und die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen müssen weiterhin auf das notwendige Minimum reduziert bleiben
* es sind medizinische Gesichtsmasken zur Verfügung zu stellen, wo andere Maßnahmen keinen ausreichenden Schutz gewähren
* arbeitgeberseitig soll ermöglicht werden, dass sich Mitarbeiter/innen während der Arbeitszeit gegen das Coronavirus impfen lassen können. Dabei ist auf die Gesundheitsgefährdung hinzuweisen und über die Möglichkeit einer Schutzimpfung zu informieren

2. Urlaub verbraucht sich auch während der Quarantäne
In Betrieben, in denen Mitarbeiter/innen zwingenden Kontakt zu weiteren Personen, insbesondere Kunden und Geschäftspartnern haben, kann das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes angeordnet werden. Weigert sich die/der MA/in, so ist eine Kündigung gerechtfertigt, vgl. ArbG Cottbus vom 17.06.2021 – 11 Ca 10390/20.

3. Mitbestimmung des Betriebsrates beim Widerruf von Home-Office
Ausgehend von der Pandemie wurden einige Arbeitsplätze in den Bereich des Home-Office verlagert. Wenn arbeitgeberseitig dies nun wieder in die Präsenzarbeit zurückgeführt werden soll, ändern sich damit wiederum die Arbeitsumstände, der Ort der Arbeitsleistung usw. Mithin handelt es sich um eine Versetzung, die der vollen Mitbestimmung des Betriebsrates unterfällt. Dies gilt auch beim Widerruf vom Home-Office, vgl. LAG Köln,?Beschluss?vom?14.08.2020?–?9 TaBV 11/20.

4. Betriebsrat kann elektronische Zeiterfassung erzwingen
Ein Betriebsrat kann die Einführung eines Zeiterfassungssystems für die gesamte Belegschaft erzwingen. Denn ausweislich § 87 Abs. 1 BetrVG heißt es dort, dass der Betriebsrat mitzubestimmen hat. Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrates zur Einführung eines solchen Systems, vgl. LAG Hamm vom 27.07.2021 – 7 TaBV 79/20.

5. Schadensersatzklagen für Arbeitgeber haben hohe rechtliche Hürden
Zwar setzt sich die Arbeitnehmerseite Schadensersatzansprüchen aus, wenn diese durch vorsätzliche und rechtswidrige Handlungen das Vermögen der Arbeitgeberseite schädigt. Doch obliegt der Arbeitgeberseite die volle Beweispflicht für die Pflichtverletzung und die diese begründenden Handlungen. Dieser Beweislast wird die Arbeitgeberseite regelmäßig zur Geltendmachung eines Schadens nicht erfolgreich führen, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.04.2021 – 2 Sa231/20.

6. Azubi im Einsatz als Ungelernter
Wird ein Auszubildender faktisch wie ein Ungelernter in Arbeitstätigkeit eingesetzt, so hat er dann auch Anspruch auf die (tarifliche) Vergütung eines Ungelernten, vgl. ArbG Bonn vom 02.09.2021 – 1 Ca 308/21.

7. Kurzarbeit nur bei gegebener Rechtsgrundlage möglich
Eine arbeitgeberseitige Anordnung der Kurzarbeit ist rechtlich nur möglich, wenn dies individualvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich zulässig ist. Anderenfalls behält die/der Mitarbeiter/in den vollen Vergütungsanspruch gegen die Arbeitgeberseite, vgl. ArbG Siegburg vom 11.11.2020 – 4 Ca 1240/20.

8. Krankheit zeitpassend mit Kündigungsfrist
Hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeit, die genau den Zeitraum von der Zustellung der Kündigung an bis zum Beendigungszeitpunkt umfasst, wohnt der Zweifel an der Richtigkeit inne. Insoweit ist der Beweiswert der ärztlichen AU-Bescheinigung erschüttert, vgl. BAG vom 08.09.2021 – 5 AZR 149/21.

9. Krankheit zeitpassend mit Kündigungsfrist
Hinsichtlich eines Zeugnisses hat die Arbeitnehmerseite grundsätzlich keinen Anspruch auf eine sogenannte Bedauerns-, Bedankens- und gute Wünsche-Formel am Ende des Zeugnisses. Auf der anderen Seite sind solche Floskeln am Ende aber üblich. Darüber hinaus sei es ein Gebot der Höflichkeit, sich bei guten Leistungen für die mehrjährige Zusammenarbeit zu bedanken. Schließlich sind negative Auswirkungen auf künftige Bewerbungschancen bei Fehlen einer solchen Beendigungsformel nicht auszuschließen, da dadurch eine Entwertung des Arbeitszeugnisses vorliegen kann, vgl. LAG München vom 26.08.2021 – 3 SaGa 13/21.

10. Wenn das Tragen einer Maske ärztlich nachgewiesen nicht möglich ist
Ein Arbeitgeber darf die Beschäftigung der/des Mitarbeiters/in verweigern, wenn ein durch detailliertes ärztliches Attest ein Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht möglich ist. In diesem Fall soll die/der MA/in arbeitsunfähig sein, vgl. ArbG Siegburg vom 18.08.2021 – 4 Ca 2301/20.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht September 2021

1. Grobe Beleidigung rechtfertigt Kündigung
Der Arbeitnehmer hatte geäußert, dass im Betrieb in Bezug auf die Führung ein „Hitlerregime“ herrsche. Solche Äußerungen können als grobe Beleidigung gewertet werden. Insoweit ist zu beachten, dass grobe Beleidigungen und Bedrohungen des Vorgesetzten einen Grund für eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung darstellen, vgl. LAG Köln vom 06.11.2020 – 10 Sa 280/19. Gleiches gilt bei verbalen Entgleisungen gegenüber Vorgesetzten wie „Arschloch“, „Wixer“ und „Pisser“, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 27.04.2021 – 2 Sa 152/20.

2. Urlaub verbraucht sich auch während der Quarantäne
Wer aufgrund einer Quarantäneanordnung festsitzt und die Zeit nicht anderweitig nutzen kann, verbraucht bei gegebener Urlaubsgewährung trotzdem seinen Urlaub. Eine Nachgewährung von Urlaub ist arbeitgeberseitig nicht geschuldet, diese setzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung voraus, die hier nicht gegeben war, vgl. ArbG Bonn vom 07.07.2021 – 2 Ca 504/21.

3. Überstunden müssen arbeitgeberseitig gewollt sein
Überstunden können arbeitnehmerseitig nicht selbst und ohne Wissen von Arbeitgeberseite getätigt werden. Jedenfalls sind diese dann nicht vergütungspflichtig. Insoweit müssen die Überstunden von Arbeitgeberseite angeordnet, gebilligt, geduldet oder sonst notwendig sein. Anderenfalls ist eine Überstundenklage abzuweisen, vgl. LAG Niedersachsen vom 06.05.2021 – 5 Sa 1292/20.

4. Urlaubsabgeltung nach Vergleich weg
Wenn im zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsvertrages ein arbeitsgerichtlicher Vergleich geschlossen wird, können mit einer finanziellen gegenseitigen Ausgleichsklausel auch Urlaubsabgeltungsansprüche erfasst werden, die ohne Regelung zum ausdrücklichen Erhalt derselben in Wegfall geraten, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 09.06.2021 – 3 Sa 82/21.

5. Zuordnung einer Filiale zu einem anderen Betrieb
In diesem Fall änderte sich die Tätigkeit der Arbeitnehmer nicht, auch nicht deren Einsatzort. Einzig und allein die Filiale wurde einem anderen Betrieb zugeordnet. Nach einer Entscheidung stellt sich die Zuordnung der Filiale zu einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers bereits als personelle Einzelmaßnahme dar. Damit erfordert diese Maßnahme die Beteiligung des Betriebsrates, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 11.03.2021 – 10 TaBV 811/20.

6. Dankesformel im Zeugnis
Die Parteien vereinbarten ein Zeugnis mit der Gesamtbeurteilung „gut“. Der Arbeitgeber dankte nicht für die Arbeit am Ende des Zeugnisses und bedauerte auch nicht das Ausscheiden der Arbeitnehmerseite. Zu Recht, wie das Arbeitsgericht entschied. Selbst gute Wünsche für die Zukunft muss das Zeugnis in der Schlussformel nicht enthalten, vgl. LAG München vom 15.07.2021 – 3 Sa 188/21.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht August 2021

1. Ehrenamt entzieht den Vergütungsanspruch?
Der Arbeitgeber ist Mitglied im Diakonischen Werk und betreibt Krankenhäuser und medizinische Versorgungszentren. Dem zuletzt als Oberarzt beschäftigten Kläger wurde während seiner Tätigkeit in der Mitarbeitervertretung die Vergütung nicht gezahlt, da nach § 19 Abs. 1 Satz 1 MVG-EKD diese Tätigkeit als Ehrenamt, also unentgeltlich ausgeübt wird.
Das Arbeitsgericht sprach dem Kläger die Vergütung zu. Nach der Entscheidung ist es dem Arbeitgeber verwehrt sich auf ein solches kirchliches Verbot zu berufen, um dem Mitglied der Mitarbeitervertretung die Vergütung vorzuenthalten, vgl. ArbG Aachen vom 26.03.2021 – 6 Ca 3433/20.

2. Kita-Erzieherin mit Alkoholsucht außerordentlich gekündigt
Die Arbeitgeberin betreibt mehrere Kindertagesstätten. Eine Erzieherin wurde im Zusammenhang gegebener Alkoholsucht außerordentlich gekündigt. Grundsätzlich bedarf eine solche Kündigung konkrete betriebliche Beeinträchtigungen. Da aber eine ordnungsgemäße und vor allem für die Kinder gefahrlose Kinderbetreuung nicht mehr möglich war, sah das Gericht die außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt an, vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 15.04.2021 – 5 Sa 331/20.

3. Müssen Überstunden bezahlt werden?
Spätestens mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird dies zum Streitthema. Arbeitnehmerseitig wird oft übersehen, dass die Darlegungs- und Beweislast dabei grundsätzlich auf Arbeitnehmerseite liegt.
Arbeitnehmerseitig muss insoweit u.a. dargelegt werden, dass die Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet wurde und an welchen konkreten Tagen von wann bis wann gearbeitet wurde. Kommt die Arbeitnehmerseite ihrer Darlegungslast bereits nicht nach, ist ein Zahlungsantrag zum Ausgleich behaupteter Überstunden abzuweisen, vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 19.02.2021 – 8 Sa 169/20.

4. Grundschullehrerin wehrt sich gegen Corona-Maßnahmen
Corona – noch immer ein Thema. In diesem Fall weigerte sich eine Grundschullehrern die arbeitgeberseitig vorgegebenen Corona-Schutzmaßnahmen umzusetzen. Daraufhin wurde sie vom Dienst suspendiert. Zurecht, wie das Gericht bestätigte, vgl. Veraltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 14.06.2021 – 2 L 1053/21.

5. Personalgestellung als Leiharbeit?
Der öffentliche Dienst weist Beschäftigten im Rahmen der sog. Personalgestellung andere Tätigkeitsorte zu anderen Dienstgebern zu. Insoweit stellt sich die Frage, ob dies nicht eine Art von Leiharbeit darstellt. Das Bundesarbeitsgericht hat daher den Gerichtshof der Europäischen Union um die Beantwortung zweier Fragen zur Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG ersucht.
Das Ergebnis wird darüber entscheiden, ob die Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD in den Anwendungsbereich der Leiharbeitsrichtlinie fällt.

6. Kündigungszugang im Homeoffice
Eine außerordentliche Kündigung muss auch in Pandemiezeiten, in denen Mitarbeitende sich im Homeoffice befinden, fristgemäß erklärt und zugestellt werden. Corona ist bei Fristüberschreitung nicht als höhere Gewalt zu berücksichtigen, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 31.03.2021 – 23 Sa 1381/20.

7. Anteilige Urlaubskürzung bei Kurzarbeit?
Kurzarbeit „Null“ soll eine Kürzung von Urlaub eben für diesen vollen Monat um 1/12 zulassen, wenn auch im ganzen Monat keine Arbeitstätigkeit erfolgte. Daraus ableitend kann arbeitgeberseitig der Urlaub nicht anteilig gekürzt werden, wenn im Betrieb beispielsweise nur an einzelnen Wochentagen Kurzarbeit gegeben ist, vgl. ArbG Osnabrück vom 08.06.2021 – 3 Ca 108/21.

8. Mitarbeiter/in durchsucht Computer des Kollegen
Grundsätzlich stellt das Durchsuchen eines Mitarbeiter-Computers nach dessen privater Korrespondenz einen wichtigen Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Bei jeder Kündigung bedarf es jedoch einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. Hier lag ein jahrelanges beanstandungsfreies Arbeitsverhältnis vor und die mitarbeitende Person handelte aus einer nachvollziehbaren starken moralischen Verpflichtung heraus. Im Ergebnis bestätigte das Gericht die Kündigung nicht, vgl. ArbG Aachen vom 22.04.2021 – 8 Ca 3432/20.

9. Fahrrad und Handy als Arbeitsmittel
Hier war der Mitarbeiter als Auslieferer für Essensbestellungen tätig und zwar sollte er das Essen mit dem Fahrrad unter Umgehung etwaigen Verkehrsaufkommens anliefern und für Abweichungen telefonisch erreichbar sein. Das Gericht entschied, dass arbeitgeberseitig Fahrrad und Mobiltelefon zu stellen sind, vgl. Hessisches LAG vom 12.03.2021 – 14 Sa 306/20 und 14 Sa 1158/20.

10. Pflegekraft im Privathaushalt und Mindestlohn
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass bei einer Tätigkeit einer Pflegekraft in einem Privathaushalt in Deutschland der Mindestlohn auch dann zu zahlen ist, wenn die Pflegekraft in einem Privathaushalt tätig wird und nicht aus Deutschland kommt, vgl. BAG vom 24.06.20231 – 5 AZR 505/20.

11. Abfindung plus Turboklausel-Was sagt die Steuer?
Wenn Arbeitsverhältnisse enden, werden mitunter Abfindungen vereinbart. Dabei kann zusätzlich vereinbart werden, dass etwaig erspartes Entgelt, wenn die Arbeitnehmerseite vorzeitig außerhalb der Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis selbst beendet, dieses ersparte Entgelt als zusätzliche Abfindung gezahlt wird. Dies wird als Turboklausel oder Sprinterprämie bezeichnet. Das Hessische Finanzgericht hat bestätigt, dass auch die weitere Abfindung ermäßigt zu besteuern ist, vgl. Hessisches Finanzgericht vom 27.07.2021 – 10 K 1597/20.

12. Eingesperrt in der Toilette
Wird ein Mitarbeiter/in durch eine/n andere/n in der Toilette eingesperrt, so rechtfertigt dies grundsätzlich die fristlose Kündigung, vgl. ArbG Siegburg vom 11.02.2021 – 5 Ca 1397/20.

13. Konkurrenten- (Eil-) Antrag abgelehnt
Im öffentlichen Dienst soll jeder Bürger/in einen gleichen Anspruch auf den Zugang zum Amt haben. Wenn hier Fehler erfolgt sein könnten, muss die betroffene nicht berücksichtigte Person die Besetzung der Stelle verhindern. Dies erfolgt durch einen einstweiligen Antrag und einem Hauptantrag, der sog. Konkurrenten- (Eil-)Antrag. In diesem Fall hat das Gericht den Antrag des nicht berücksichtigten Bewerbers um das Amt des Leiters der Hessischen Generalstaatsanwaltschaft abgelehnt, vgl. VerwG Gießen vom 12.07.2021 – 5 L 1296/21.GI

14. Betriebliche Rentenzusagen
Die lediglich befristete Gewährung einer EU-Rente (Erwerbsminderung) vom gesetzlichen Rententräger hindert nicht per se die Gewährung einer vergleichbaren Rente im Rahmen einer Versorgungszusage durch den Arbeitgeber, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 13.07.2021 – 3 AZR 445/20.

15. Begehrte Dienstplanänderung
Die Mitarbeiterin war mit der Einteilung im Dienstplan nicht einverstanden und „bat“ zur Verhinderung ihrer Krankschreibung um eine Änderung des Dienstplanes. Diese als Drohung ausgesprochene Ankündigung stellt an sich einen Grund für eine fristlose Kündigung dar, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 04.05.2021 – 5 Sa 319/20. Unter Beachtung der langen Beschäftigungsdauer und anderer Kriterien kann im Rahmen dessen aber eine ordnungsgemäße und fristgerechte Kündigung ausreichend sein, so das Landesarbeitsgericht.

16. Nachtzuschlag Ja oder Nein?
Dem Streit liegt ein Tarifvertrag zugrunde, der die Zuschläge für Nachtarbeit und die Zeiten hierzu regelt. Der Kläger hält die ihm gegenüber aufgrund des Tarifvertrages gewährten Zuschläge für zu gering. Die Frage wird sein, ob der Tarifvertrag wirksam ist oder gegen europäische Maßgaben verstößt. Daher hat das Bundesarbeitsgericht diese Frage dem Europäischen Gerichtshof in einem Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt, vgl. BAG vom 28.07.2021 – 10 AZR 397/20A.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juli 2021

1. Küssen beendet das Arbeitsverhältnis

Ein männlicher Mitarbeiter versuchte mehrfach auf einer Teamklausur seiner Kollegin näher zu kommen. Auf Bitten anderer Mitarbeiter davon Abstand zu nehmen, hörte der Mitarbeiter nicht. Vielmehr folgte er ihr von der Hotelbar bis zu ihrer Zimmertür des Hotels und drängte ihr einen Kuss auf. Damit verletzte der Mitarbeiter seine Arbeitnehmerpflichten in erheblicher Weise. Die daraufhin erfolgte fristlose Kündigung wurde gerichtlich bestätigt, vgl. Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 01. April 2021 – 8 Sa 798/20.

2. Frage nach Impfstatus zulässig?

Grundsätzlich sind die Gesundheitsdaten und die Frage nach ärztlichen Behandlungen und auch Impfungen Privatsache, insoweit handelt es sich um schützenswerte Gesundheitsdaten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Eine Ausnahme bedarf also einer Erforderlichkeit und/oder Regelung. Diese bestehen beispielsweise im Gesundheitswesen, aber auch im Bereich der Seniorenheime und Pflegeeinrichtungen. Für diese Branchen hat das Infektionsschutzgesetz geregelt, dass eine Frage nach dem Impfstatus zulässig ist. Im Übrigen wäre die Frage nach dem Impfstatus mithin weiterhin nur zulässig, wenn diese für die Erfüllung der dem Arbeitgeber auferleg-ten Arbeitsschutzmaßnahmen notwendig ist.

3. Versetzung bei Maskenstreit

In diesem Fall war eine Mitarbeiterin in einem Krankenhaus beschäftigt und zwar auf einer sog. Corona-Station. Hier war das unbedingte und dauerhafte Tragen von FFP2-Masken angeordnet. Das Krankenhaus bot alle 120 Minuten eine Maskenpause an. Die Mitarbeiterin bestand auf einer Pause von jeweils 30 Minuten nach 75 Minuten Arbeit. Dem vermochte das Krankenhaus nicht nachzukommen und hat die Klägerin auf eine andere Station versetzt. Die Klage gegen die Verset-zung hatte in erster Instanz keinen Erfolg, vgl. ArbG Herne vom 06.05.2021 – 4 Ca 2437/20.

4. Kündigungsschutz bei aufgeteilter Elternzeit

Elternzeit muss nicht zusammenhängend genommen werden, diese kann auch auf verschiedene Zeitabschnitte aufgeteilt werden. In diesem Fall beantragte der Mitarbeiter Elternzeit für einen Zeit-raum 2019 und einen weiteren Zeitabschnitt für den Zeitraum 26.04.2020 bis 25.05.2020. Der Ar-beitgeber erklärte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor dem zweiten Elternzeitabschnitt. Das Landesarbeitsgericht erachtete die Kündigung nach § 134 BGB in Verbindung mit § 18 BEEG für unwirksam. Das Gericht sieht den vorgreifenden 8-wöchigen Kündigungsschutz vor jedem Zeitab-schnitt der Elternzeit als gegeben an, vgl. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 13.04.2021 – 2 Sa 300/20. Anders entschied noch das Landesarbeitsgericht Berlin im Urteil vom 15.12.2004 – 17 Sa 1729/04.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juni 2021

1. Corona-Hilfe als Betrugsstraftat

Für den Fall beantragter Corona-Hilfen waren bestimmte Voraussetzungen anzugeben und zu versichern. Sind oder waren diese Angaben unrichtig und hat die Behörde in der Annahme der Richtig-keit dieser angegebenen Daten Zahlungen geleistet, kommt der Tatverdacht des Betruges in Be-tracht.
In dem hier gegebenen Fall ging es sogar soweit, dass das angegebene Kleingewerbe tatsächlich gar nicht existent war. Der Bundesgerichtshof hat im Ergebnis hier wegen Subventionsbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten bestätigt, vgl. BGH vom 04.05.2021 – 6 StR 137/21.

2. Bezeichnung mit „Ming-Vase“ als Kündigungsgrund

Hier bezeichnete eine Mitarbeitende, die Betriebsratsmitglied war, eine Vorgesetzte als „Ming-Vase“. Diese Äußerung und die damit im Zusammenhang stehenden Gesten wurden als Beleidi-gung mit rassistischer Tendenz gewertet und führten zur fristlosen Kündigung. Die hierfür erforderliche Zustimmung des Betriebsrates wurde durch das Arbeitsgericht ersetzt, vgl. ArbG Berlin vom 05.05.2021 – 55 BV 2053/21.

3. Tätowierungen können Lehrertätigkeit beenden

Ein im Land Berlin angestellter Lehrer trug Tätowierungen in Frakturschrift wie „Meine Ehre heißt Treue“, wie dies in rechtsradikalen Kreisen Verwendung finden soll. Die hierauf ergangene außerordentliche Kündigung wurde vom Lehrer angegriffen, ohne Erfolg. Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Kündigung, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 11.05.-2021 – 8 Sa 1655/20.

4. Der Tod des Arbeitgebers als Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Grundsätzlich enden Arbeitsverhältnisse durch Aufhebungsvertrag oder schriftliche Kündigung. Der Tod zählt nur dann, wenn die Arbeitnehmerseite verstirbt. Hier ging es um ein Arbeitsverhältnis mit einer Pflegekraft, Arbeitgeber war die zu pflegende Person. Nach dem Arbeitsvertrag sollte das Arbeitsverhältnis 14 Tage nach dem Tod des Arbeitgebers enden.
Das Landesarbeitsgericht sah hierin eine zulässige Befristungsvereinbarung und bestätigte das Vorliegen eines sachlichen Grundes von § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG. Damit endete das Arbeitsverhältnis, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 16.03.2021 – 5 Sa 295/20.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

Kategorien
Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Mai 2021

1. Kinderkrankengeld – Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes

Für 2021 ist mit der Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes der Anspruch auf Kinderkrankengeld ausgeweitet worden. Dieser steigt von 20 Tagen pro Elternteil und Kind auf 30 Tage, für Elternpaare auf 60 Tage. Bei mehreren Kindern gelten maximal 65 Tage, bei Alleinerziehenden 130 Tage.

2. Kündigungsgründe können nachgeschoben werden

Hier kündigte die Arbeitgeberseite fristlos. Dabei muss die Kündigung nach § 622 Absatz 2 BGB innerhalb von 14 Tagen ausgesprochen werden. Vorliegend erfuhr die Arbeitgeberseite später wei-tere Gründe, die eine Kündigung rechtfertigten und schob diese Begründungen nach. Das Bundes-arbeitsgericht bestätigte diese arbeitgeberfreundliche Möglichkeit, vgl. BAG vom 12.01.2021 – 2 AZN 724/20.

3. Datenschutzbeauftragter auch Betriebsratsvorsitzender?

Hier ist die Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen ein Datenschutzbeauftragter von sei-nem Amt abberufen werden kann und ob die Regelungen im deutschen Datenschutz in Überein-stimmung mit den europäischen Vorgaben stehen. Ferner ist fraglich, ob Datenschutzbeauftragter auch der Betriebsratsvorsitzende in einer Person sein darf. Die Klärung dieser Fragen hat das Bun-desarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, vgl. BAG vom 27.04.2021 – 27.04.2021 – 9 AZR 383/19.(A).

4. Anspruch auf Kopien von E-Mails nach dem Datenschutz?

Nach dem Datenschutzrecht kann die Arbeitnehmerseite grundsätzlich verlangen, dass Datenkopi-en von Arbeitgeberseite herausgegeben werden müssen. Offen blieb im Ergebnis welchen Umfang dieser Anspruch konkret hat und wie detailliert die Arbeitnehmerseite den Anspruch im Detail be-zeichnen muss. In dem Fall hatte das Bundesarbeitsgericht einer Überlassung der Kopien über-sandter Mails zulasten der Arbeitnehmerseite abgelehnt, vgl. BAG vom 27.04.2021 – 2 AZR 342/20.

5. Arbeitnehmer in Quarantäne Ja/Nein?

In dem Fall verzögerte sich wohl der Zugang der nachweisbaren behördlichen Quarantäneanord-nung gegenüber dem Arbeitnehmer. Der Arbeitergeber bezweifelte die Quarantäne und verlangte die Arbeitsleistung. Im Ergebnis folgte die Kündigung. Das Arbeitsgericht entschied hier, dass die Kündigung rechtswidrig war infolge der behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne, vgl. ArbG Köln vom 15.04.2021 – 8 Ca 7334/20.

6. Schwerbehinderte sind zum Vorstellungsgespräch einzuladen

In dem Fall hatte der schwerbehinderte Bewerber eine Mindestnote ausweislich des geforderten Stellenprofils nicht erreicht und wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Frage ist, ob hier ein Verstoß vorliegt. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass hierzu lückenlos aufgeklärt werden müsse, ob arbeitgeberseitig eine konsequente Anwendung des Auswahlkriteriums gegeben war. Hierzu wurde der Rechtstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen, vgl. BAG vom 29.04.2021 – 8 AZR 279/20.

7. Betriebsrat hat Anspruch auf Videokonferenz

Infolge der geänderten Regelungen im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie haben Betriebsräte grundsätzlich das Recht ihre Sitzungen per Videokonferenz abzuhalten. Arbeitgeberseitig wurde diese Zeit nicht bezahlt, es ergingen zudem Abmahnungen. Das Arbeitsgericht entschied zugunsten des Betriebsrates, vgl. ArbG Köln vom 24.03.2021 – 18 BVGa11/21.

8. Arbeitsverweigerung wegen Corona-Risiko?

In diesem Fall ordnete der Arbeitgeber gegenüber einem Mitarbeiter an, dass dieser vor Ort – statt wie bislang im Homeoffice – zwei neue eingestellte Kollegen einarbeiten solle. Dies lehnte der Ar-beitnehmer als Risikopatient ab und wollte zudem seinen geplanten Erholungsurlaub durch einen solchen Kontakt zu dritten Personen nicht gefährden. Der Arbeitnehmer blieb auch nach wiederhol-ter arbeitgeberseitiger Aufforderung dabei. Das wertete das Gericht als beharrliche Arbeitsverwei-gerung und bestätigte die außerordentliche Kündigung, vgl. ArbG Kiel vom 11.03.2021 – 6 Ca 1912/20.