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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht März 2022

1. Persönlicher Assistent – Darf man das Alter beschränken?

Ein Assistenzdienst hatte ein Stellenangebot veröffentlicht, ausweislich dessen eine 28-jährige Studentin mit einem Grad der Behinderung für sich eine Assistentin sucht, im Alter am besten zwischen 18 und 30 Jahren. Hintergrund ist hier, dass Menschen mit Behinde-rung eine solche Hilfe zur Teilhabe am Leben erhalten können. Die abgelehnte im Jahr 1968 geborene Bewerberin sah sich wegen ihres Alters diskriminiert und macht eine Entschädi-gung geltend. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage unter dem besonderen Blickwinkel der Regelungen nach dem SGB IX, ob hier eine unmittelbare Benachteiligung wegen Alters deswegen gerechtfertigt sein kann, weil auch das Recht von Menschen mit Behinderung auf eine unabhängige und selbstbestimmte Lebensführung beachtet werden muss, dem Europä-ischen Gerichtshof vorgelegt, vgl. BAG vom 24.02.2022 – 8 AZR 208/21(A).

2. Kündigung durch Übermittlung per WhatsApp

Das Kündigungsschreiben mag nicht zugestellt werden können. Dies eröffnet aber nicht die Möglichkeit ein Foto vom Kündigungsschreiben per WhatsApp an die Arbeitnehmerseite zu übermitteln. Damit ist die Kündigung lediglich elektronisch zugegangen, nicht aber in der nach § 623 BGB erforderlichen Schriftform. Folglich ist eine solche Kündigung wegen des Formmangels nichtig, vgl. LAG München vom 28.10.20212 – 3 Sa 362/21.

3. Massenentlassungsanzeige und Mitteilungspflichten

Das Bundesarbeitsgericht hat eine Frage im Zusammenhang mit der Massenentlassungs-anzeige dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Entscheidend ist hier der Sinn und Zweck des § 17 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz. Sollte die Übermittlung betreffend der Massenentlassungsanzeige an Betriebsrat und Arbeitsagentur Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung sein, so wäre eine Kündigung bei unterlassener Übermittlung unwirksam, vgl. BAG vom 27.01.2022 – 6 AZR 155/21 (A).

4. Nichtberücksichtigung schwerbehinderter Bewerber/innen

Vorsicht bei der Nichtberücksichtigung von schwerbehinderten Menschen. Sofern die fach-liche Eignung für eine von einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich fehlt, führt die Nichtberücksichtigung regelmäßig zu einem Entschädi-gungsanspruch gemäß den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, vgl. Verwaltungsgericht Mainz vom 28.01.2022 – 4 K 1036/20.MZ

5. Kündigung des Wahlvorstandes

Ein befristet beschäftigter Mitarbeiter war Wahlvorstand für den Betriebsrat und erhielt eine außerordentliche Kündigung. Hiergegen wendete sich der Mitarbeiter mit seiner Klage. Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigung unwirksam ist und gegen den Schutz des § 15 Abs. 3 KSchG verstößt und der Mitarbeiter damit bis zum Ablauf der vereinbarten Befristung weiter beschäftigt werden muss, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 12.01.2022 – 23 SaGa 1521/21.

6. E-Mail -Zugang und Beweispflicht

Sofern der Absender für seine E-Mail keine Fehlermeldung erhält hat er dennoch keinen Beweis für die erfolgte Zustellung einer E-Mail an den Empfänger. Die fehlende Meldung über die Unzustellbarkeit einer E-Mail führt nicht zu einer Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast, vgl. LAG Köln vom 11.01.2022 – 4 Sa 315/21.

7. Unentschuldigtes Fehlen kann fristlose Kündigung begründen

Ein unentschuldigtes Fehlen sowie eine Selbstbeurlaubung stellen erhebliche Pflichtverlet-zungen dar. Damit kann eine fristlose Kündigung bei eigenmächtigem Urlaub gerechtfertigt sein. Auf eine etwaige Berechtigung des Urlaubs/Freistellung kommt es nicht an, der Urlaub muss zuvor arbeitgeberseitig bewilligt sein, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 23.11.2021 – 5 Sa 88/21. Dies hatte jüngst auch das Bundesarbeitsgericht am 20.05.2021 bestätigt (2 AZR 457/20).

8. Wegfall mehrerer Corona-Regelungen

Sofern die bisherigen Regelungen vom Gesetzgeber nicht verlängert werden sollten, treten diese am 20.03.2022 außer Kraft.

• Keine 3-G-Regel am Arbeitsplatz
• Angebotspflicht für Home-Office entfällt
• Betriebsversammlungen können bis 19.03.2022 audiovisuell durchgeführt werden

Inwieweit die Angebotspflicht zu Corona-Tests, ein Hygienekonzept oder die Minimierung betriebsbedingter Kontakte aufrechterhalten bleiben oder an die veränderte Lage angepasst werden, bliebt abzuwarten.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
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