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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht März 2025

1. Kündigung unwirksam, wenn die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung fehlt?

In diesem Fall lag ein Kündigungssachverhalt zugrunde, bei dem im Betrieb eine Schwerbehindertenvertretung existierte. Obwohl das Integrationsamt beteiligt wurde, unterblieb die ordnungsgemäße Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor der Kündigung. Dies führte dazu, dass die Kündigungsschutzklage der schwerbehinderten Arbeitnehmerseite Erfolg hatte. Die Kündigung beendete das Arbeitsverhältnis nicht – auch nicht innerhalb der Probezeit.
Vgl. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 5 Sa 127/22.

2. Bewerbungspflicht innerhalb der Kündigungsfrist?

In dieser Entscheidung ging es um einen Fall, in dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt und die Arbeitnehmerseite unter Fortzahlung des Vergütungsanspruchs freigestellt hatte. Die Frage war, ob die Arbeitnehmerseite den Zahlungsanspruch verliert, wenn sie es böswillig unterlässt, sich um eine anderweitige Beschäftigung zu bemühen. Die Rechtsprechung stellt klar, dass regelmäßig kein böswilliges Unterlassen anderweitiger Verdienstmöglichkeiten vorliegt, sofern es den Zeitraum vor Ablauf der Kündigungsfrist betrifft.
Vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.02.2025 – 5 AZR 127/24.

3. Darf der Verdacht einer Straftat ins Arbeitszeugnis aufgenommen werden?

In diesem Fall wurde ein Arbeitszeugnis für einen Mitarbeiter des Jugendamtes erstellt. Dieser war unter anderem für Kinderschutzmaßnahmen zuständig. Parallel lief ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornographischer Materialien. Die zentrale Frage war, ob die Unschuldsvermutung auch bedeutet, dass das Ermittlungsverfahren nicht im Zeugnis erwähnt werden darf. Das Gericht entschied, dass in besonderen Ausnahmefällen der Schutz von Kindern und Jugendlichen Vorrang haben kann und ein laufendes Ermittlungsverfahren im Zeugnis Erwähnung finden darf. Dies entspreche zudem dem Grundsatz der Zeugniswahrheit.
Vgl. Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 23.01.2025 – 5 Ca 1465/24.

4. Durchsetzung eines Arbeitszeugnisses aus einem Vergleich per Zwangsvollstreckung?

In einem arbeitsgerichtlichen Vergleich war die Verpflichtung zur Erstellung eines wohlwollenden, qualifizierten Arbeitszeugnisses mit einer konkreten Leistungsbewertung vereinbart worden. Dennoch wurde das Zeugnis nicht ausgestellt. Das Gericht entschied, dass der Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auch aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich per Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann – in diesem Fall durch Verhängung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 €. Sollte dieses nicht beigetrieben werden können, droht Zwangshaft von bis zu sechs Monaten.
Vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.01.2025 – 5 Ta 1/25.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Februar 2025

  1. Eine Kundin verlangt einen männlichen Berater – zahlt der Arbeitgeber dafür an die weibliche Mitarbeiterin?

Eine Kundin hatte Bauleistungen beauftragen wollen und lehnte die Bearbeitung durch eine weibliche Mitarbeiterin ab. Sie bestand auf Beratung durch einen männlichen Mitarbeiter. Nach der gerichtlichen Entscheidung hätte der Arbeitgeber dafür sorgen müssen, dass die Kundin nicht nach Geschlechtern differenzieren kann. Da der Arbeitgeber hier nicht konsequent gegengesteuert hat, akzeptierte er die von der Kundin ausgehende Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Das Gericht verurteilte den Arbeitgeber zu einer Entschädigungszahlung an die weibliche Mitarbeiterin in Höhe von 1.500 €, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 20.11.2024 – 10 Sa 13/24.

  1. Wenn gestreikt wird, kommen als Ersatz einfach die Leiharbeitskräfte?

Wenn ein Betrieb unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist und Arbeitnehmer streiken, steht der Arbeitgeber vor der Herausforderung, dass nicht genug Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Die Frage ist, inwieweit der Arbeitgeber zur Sicherstellung des Arbeitsablaufs Leiharbeitnehmer einsetzen kann, um die streikenden Arbeitskräfte zu ersetzen. Eine gerichtliche Entscheidung stellte fest, dass der Gewerkschaft nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ein Unterlassungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber zusteht, vgl. ArbG Köln vom 13.12.2024 – 19 Ga 86/24.

  1. Betriebsvereinbarung – offener als das Datenschutzrecht?

Die Erfassung und Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten basierte auf einer Betriebsvereinbarung, die es dem Arbeitgeber ermöglichte, weitergehende Daten zu erfassen und zu übermitteln. Diese Betriebsvereinbarung war weniger streng als die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Frage stellt sich, ob durch Kollektivvereinbarungen, wie Betriebsvereinbarungen, auch zulasten der Arbeitnehmerseite von der DSGVO abgewichen werden darf. Das Ergebnis: Betriebsvereinbarungen müssen den Grundsätzen der DSGVO entsprechen und dürfen dieser nicht widersprechen, vgl. Europäischer Gerichtshof vom 19.12.2024 – C-65/23.

  1. Auskunftsverweigerung zur Datenverarbeitung sanktionslos?

Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verlangte die Arbeitnehmerin gemäß Art. 15 DSGVO Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Die Arbeitgeberseite verweigerte die Herausgabe dieser Informationen, was zu einem gerichtlichen Verfahren führte. Während das Arbeitsgericht der Arbeitnehmerin einen Betrag von 4.000 € zusprach, wies das Landesarbeitsgericht Nürnberg die Zahlungsforderung zurück. Das Bundesarbeitsgericht stellte schließlich klar, dass ein Anspruch auf Zahlung als immateriellen Schaden den Nachweis eines tatsächlichen Schadens erfordert. Wenn ein solcher Schaden nicht nachweisbar ist, besteht kein Schadensersatzanspruch allein aufgrund eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen die DSGVO, vgl. BAG vom 20.06.2024 – 8 AZR 124/23.

  1. Zielvereinbarung ohne Ziele?

Wenn eine Zielvereinbarung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses getroffen wird, hat der Arbeitgeber die Pflicht, die entsprechenden Ziele rechtzeitig vor Beginn des Zeitraums für die variable Vergütung mitzuteilen oder mit der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer zu vereinbaren. Fehlen solche Vorgaben, hat die Arbeitnehmerseite grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch, wenn der Arbeitgeber keine Ziele vorgibt, an deren Erreichung die Zahlung einer variablen Vergütung geknüpft ist, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 19.02.2025 – 10 AZR 57/24.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Familien und Erbrecht

Ehrlichkeit im Erbscheinverfahren ist Pflicht!

Wer im Erbscheinverfahren falsche Angaben macht, riskiert nicht nur die Übernahme von Verfahrens- und Anwaltskosten, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen. Ein Testament ist nur gültig, wenn es vollständig eigenhändig vom Erblasser geschrieben oder notariell beurkundet wurde – eine bloße Unterschrift reicht nicht aus. Das OLG Celle entschied, dass die falsche eidesstattliche Versicherung einer Frau, die ein unwirksames Testament vorlegte, dazu führte, dass stattdessen die gesetzliche Erbfolge galt (OLG Celle, Beschl. v. 09.01.2025 – 6 W 156/24). Ihre Geschwister erhielten das Erbe anteilig und durften ihre Anwaltskosten ersetzt bekommen. Zudem leitete das Gericht die Akten an die Staatsanwaltschaft weiter, da eine falsche Versicherung strafbar ist.

Roy Riedel
Rechtsanwalt

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Familien und Erbrecht

Darlehen und Schenkungsteuer bei Angehörigen ?

Gewährung niedrigverzinster Darlehen zwischen nahen Angehörigen kann Schenkungsteuer auslösen

Der Sachverhalt:

Geschwister gewährten sich untereinander ein hohes Darlehen. Es wurde auf unbestimmte Zeit gewährt und mit nur einem Prozent verzinst. Der Bruder als Darlehensnehmer bekam nun unliebsame Post vom Finanzamt. Das Finanzamt hatte Schenkungsteuer festgesetzt. In der verbilligten Überlassung der Darlehenssumme sah es eine freigebige Zuwendung in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten geringen Zinssatz und dem marktüblichen Zinssatz, welcher zum damaligen Zeitpunkt mit 2,81 % anzusetzen war. Vor dem Hintergrund des auf unbestimmte Zeit gewährten Darlehens behandelte das Finanzamt den Vorgang als zugewandte Nutzungen und Leistungen von ungewisser Dauer und bewertet den Nutzungsvorteil mit dem 9,3 fachen des Jahreswertes der Zinsdifferenz zum Markt üblichen Zins. Damit wurde der Freibetrag bei der Schenkungsteuer zwischen Geschwistern i.H.v. 20.000 € überschritten.

Roy Riedel
Rechtsanwalt

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Januar 2025

Ein Jahreswechsel bringt oft auch rechtliche Neuerungen. Für entsprechende gesetzlichen Änderungen in Bezug auf das Arbeitsrecht wird nachfolgend ein kurzer Überblick gegeben:

  1. Anträge zur Elternzeit

Gemäß dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz können Anträge zur Gewährung von Elternzeit nunmehr auch in Textform beantragt werden. Im Unterschied zur Schriftform bedarf die Textform keiner Unterschrift im Original, sodass der Antrag beispielsweise auch per E-Mail oder per Fax gestellt werden kann. Für die Form von Arbeitgeberseite gilt dem entsprechend ebenfalls die Textform.

  1. Befristung bei Regel-Altersrenten

Im Gegensatz zu sonstigen Arbeitsverträgen bedarf die Vereinbarung zu einem befristeten Arbeitsverhältnis die Einhaltung der Schriftform gemäß § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Auch für Kündigungen im Arbeitsverhältnis verbleibt es beim Schriftformerfordernis gemäß § 623 BGB. Damit bedürfen solche Erklärungen der Unterschrift im Original. Eine weitere Möglichkeit bestand darin zu vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des Regel-Renteneintrittsalters sein Ende findet. Eine solche Befristung bei Regelaltersrente kann nunmehr in Textform (§ 126b BGB) wirksam vereinbart werden.

  1. Nachweisgesetz

Das Nachweisgesetz bestimmt die Erforderlichkeit der wesentlichen Vertragsbedingungen betreffend des Arbeitsverhältnisses. Auch hier ist nunmehr die Textform möglich.

  1. Arbeitszeugnis

Die Gewerbeordnung gestattet nunmehr auch die Erteilung von Arbeitszeugnissen mit Einwilligung von Arbeitnehmerseite in elektronischer Form. Mitarbeitende können jedoch auch künftig davon abweichend ein schriftliches Arbeitszeugnis verlangen.

  1. Leiharbeit

Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz galt bislang das Erfordernis der Schriftform für Verträge zwischen Verleiher und Entleiher. Nunmehr können solche Verträge auch in Textform geschlossen werden.

  1. Pflegezeit

Wer Angehörige bei Vorliegen der Voraussetzungen pflegen möchte, kann Pflegezeit beantragen. Auch insoweit können solche Anträge nunmehr in Textform gestellt werden.

  1. Aushangpflichten  

Arbeitgeber sind verpflichtet bestimmte Gesetzestexte, wie das Arbeitszeitgesetz oder das Jugendarbeitsschutzgesetz, im Betrieb auszuhängen. Nunmehr genügt es, wenn der Arbeitgeber diese Informationen den Mitarbeitenden digital zugänglich macht.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Dezember 2024

  1. Teilzeitbeschäftigte jetzt mit Überstundenzuschlag?

Zunächst bedarf es des Vorliegens der Voraussetzungen für Überstunden sowie eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Überstundenzuschlag, beispielsweise in einem Tarifvertrag. Das Bundesarbeitsgericht hat jüngst entschieden, dass tarifliche Regelungen, aufgrund derer Teilzeitbeschäftigte erst dann Überstundenzuschläge erhalten, wenn sie die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten überschreiten, unwirksam sind, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 05.12.2024 – 8 AZR 370/20.

Hierbei darf nicht übersehen werden, dass beispielsweise Teilzeitbeschäftigte mit einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden und 5 Überstunden damit einen höheren Verdienst erzielen, als ein Vollzeitbeschäftigter mit 40 Wochenarbeitsstunden. Zwar würden hier beide jeweils 40 Wochenarbeitszeitstunden leisten, jedoch würden beim Teilzeitbeschäftigten 5 Stunden von den 40 geleisteten Stunden zuzüglich eines Überstundenzuschlages abgerechnet werden. Dies würde zu einem höheren Zahlungsanspruch führen als für Vollzeitbeschäftigte bei gleichen geleisteten 40 Wochenarbeitszeitstunden. Im Ergebnis besteht dadurch die Gefahr, dass gegebenenfalls in künftigen Tarifverträgen von der Regelung von Überstundenzuschlägen Abstand genommen werden könnte.

  1. Entschädigung für männliche Bewerber auf Sekretärinnen-Stelle?

Ein angehender Wirtschaftsjurist klagte auf Zahlung einer Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Er bewarb sich auf eine als „Sekretärin“ ausgeschriebene Arbeitsstelle. Er wandte ein, dass die Stelle nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben war und er deswegen abgelehnt worden sei. Besonders war hier, dass er sich in vielen Städten bewarb, die auch weit entfernt voneinander lagen. Die Frage war daher, ob seine Bewerbungen nicht nur auf eine Entschädigung abzielten als alleiniges Ziel und sich seine Klagen auf Entschädigung als rechtsmissbräuchlich darstellten. Bereits die bisherige Rechtsprechung erkannte die Möglichkeit eines Rechtsmissbrauchs an, wenn sich die Entschädigung das alleiniges Ziel der Bewerbung darstellt. Unter Maßgabe dessen wies das Bundesarbeitsgericht den geltend gemachten Entschädigungsanspruch des Klägers ab, vgl. BAG vom 19.09.2024 – 8 AZR 21/24.

  1. Nächtliche Zustellung der Zeitung nur mit Zuschlag?

Nachtarbeit ist der Gesundheit nicht förderlich. Das Arbeitszeitgesetz sieht hierfür einen Ausgleich vor. Demgemäß urteilte das Bundesarbeitsgericht, dass in diesem Fall der Zeitungszusteller nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30% des Bruttoentgelts bei dauerhafter Nachtarbeit verlangen kann, vgl. BAG 10 AZR 261/20.

  1. Bonus – mit oder ohne Ziele?

Dem Fall lag eine Vereinbarung zugrunde, auf Grundlage der die Arbeitnehmerseite einen Bonus bei Zielerreichung erhalten sollte. Die jeweiligen Ziele sollten gemeinsam vereinbart werden. Bei fehlender Einigung sollte die Arbeitgeberseite die Möglichkeit haben, die Ziele einseitig festzulegen. Hiervon machte die Arbeitgeberseite auch Gebrauch und legte die Ziele einseitig fest. Dies führt dazu, dass die Arbeitgeberseite im Ergebnis die Zahlung der Boni mangels Zielerreichung gegenüber der Arbeitgeberseite verweigerte. Die Zahlungsklage der Arbeitnehmerseite hiergegen hatte Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht urteilte dahingehend, dass Grundlage hierfür die gemeinsame Zielvereinbarung ist und es der Arbeitgeberseite verwehrt ist, einseitige Ziele festlegen zu können, vergleiche BAG vom 03.07.2024 – 10 AZR 171/23.

  1. Zusatzurlaub – Tarifvertrag gibt diesen in die Macht der Betriebsräte?

Hier war in einem einschlägigen Tarifvertrag eine Regelung enthalten, der bestimmte, dass ein Zusatzurlaub bei langjähriger Betriebstätigkeit betrieblich zu regeln ist. Aus dieser Bestimmung heraus war strittig, ob damit die Tarifparteien eine Regelung schaffen wollten, die dem Betriebsrat die Möglichkeit gibt, einen solchen Zusatzurlaub erzwingbar verhandeln zu können. Das Landesarbeitsgericht erkannte zwar die Möglichkeit von Tarifverträgen an, die den Betriebsparteien erweiterte Kompetenzen übertragen können, hatte jedoch Zweifel, ob der Tarifvertrag in seinem Wortlaut diese Zielrichtung im Blick hatte. Im Ergebnis erkannte des Landesarbeitsgericht kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht aus dem Wortlaut dieses Tarifvertrages und entschied sich gegen die Auffassung des Betriebsrates. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde zum Bundesarbeitsgericht gegen seine Entscheidung zugelassen, vgl. LAG Niedersachsen vom 28.05.2024 – 11 TaBV 76/23

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht November 2024

  1. Po-Klatscher führt zur fristlosen Kündigung?

Während einer Betriebsfeier und in ausgelassener Stimmung klatscht ein Mitarbeiter einer Kollegin mit seiner Hand auf deren Po und zieht die Kollegin gegen deren Willen zu sich heran. Dieses Verhalten bewertete die Arbeitgeberseite als schwerwiegenden Pflichtverstoß einer sexuellen Belästigung und sprach die außerordentliche Kündigung aus. Zu Recht, wie das Gericht urteilte, vgl. Arbeitsgericht Siegburg vom 24. Juli 2024 –  3 Ca 387/24.

  1. Probezeit zu lang bei Befristungen?

Nach § 622 Absatz 3 BGB kann eine Probezeit von längstens 6 Monaten vereinbart werden. Was ist, wenn das Arbeitsverhältnis für ein Jahr befristet wird? Ist dann eine Probezeit von 6 Monaten zu lang? Nach § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz muss eine vereinbarte Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erwartenden Dauer der Befristung stehen. Hier wird ein geringeres Zeitvolumen angenommen, so dass bei einer Befristung von einem Jahr die Probezeit nicht länger als mit 3 Monaten vereinbart werden darf. Damit endete das Arbeitsverhältnis durch die Arbeitgeberkündigung trotzdem, jedoch nicht mit der kurzen Kündigungsfrist von zwei Wochen, sondern mit der Frist von 4 Wochen, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 02.07.2024 –  19 Sa 1150/23.

  1. Einwurf/Einschreiben und Kündigung – wann erfolgte der Zugang?

In dem Fall ging es um eine Kündigung, die am 30.09. des fraglichen Jahres als Einwurf/Einschreiben in den Briefkasten der Arbeitnehmerseite durch die Post eingeworfen worden ist. Strittig war, ob der Brief innerhalb der üblichen Postzustellzeiten eingeworfen worden war oder danach. In der Letzt genannten Variante würde die Zustellung dann nicht mehr für den 30.09., sondern erst für den Folgetag gelten. Dies war deswegen so bedeutend, da hier eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Quartalsende galt. Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass hier der Beweis des ersten Anscheins gilt. Danach wird unterstellt, dass die Postbediensteten die Zustellung innerhalb der Arbeitszeit bewirkten und folglich die Zustellung in diesem Zeitfenster als erfolgt gilt. Diesen Anschein konnte die Klägerseite in dem Verfahren nicht widerlegen, vgl. BAG vom 20.06.2024 – 2 AZR 213/23.

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Allgemein Familien und Erbrecht

Wohnungskündigung durch Erben führt zur Annahme der Erbschaft?

Kündigung der Wohnung durch Erben kann Annahme der Erbschaft bedeuten –

Anfechtung der Annahme der Erbschaft

In der Praxis kommt es vor, dass Angehörige des Erblassers die Erbschaft ausschlagen möchten, nachdem sie Gelegenheit hatten, sich in der Wohnung des Erblassers ein Bild von dessen Vermögensverhältnissen machen konnten. Stellt sich heraus, dass viele offene Rechnungen existieren, auch Mietschulden, aber kein entsprechendes Vermögen vorhanden ist, insbesondere keinen Finanzvermögen, der Nachlass also überschuldet ist möchten die zum Erben berufenen Angehörigen das Erbe ausschlagen. Die dafür gegebene Frist zur Erb Ausschlagungserklärung gegenüber dem für den letzten Wohnsitz des Erblassers zuständigen Nachlassgerichts beträgt 6 Wochen.

Nun möchten die Erben aber in guter Absicht noch die Angelegenheiten des Erblassers klären, wobei sie dem Vermieter gegenüber die Kündigung erklären und die Wohnung räumen. Die Erben suchen nun das Nachlassgericht auf und erklären fristgerecht die Ausschlagung des Erbes.

Etwas später erhalten die Erben Post vom Nachlassgericht, womit ihnen mitgeteilt wird, dass die Ausschlagung des Erbes unwirksam sei, weil sie das Erbe zuvor schon angenommen hätten.

Was steckt dahinter?

Die Kündigung der Mietwohnung kann juristisch die Annahme der Erbschaft bedeuten. Der Jurist spricht hier von konkludentem oder schlüssigem Handeln.

Folge dessen ist, dass die Ausschlagung des Erbes nicht mehr möglich ist, weil die Erbschaft schon angenommen wurde.

Allerdings eröffnet das Gesetz in einem solchen Fall die Möglichkeit, die (irrtumsbedingte) Annahme der Erbschaft anzufechten. Unsere Erben waren im Irrtum über die Bedeutung ihres Handelns. Dem juristischen Laien ist regelmäßig nicht bewusst, dass eine solche Kündigung die Annahme der Erbschaft zur Folge haben kann.

Die Anfechtung der Annahme der Erbschaft muss nun gegenüber bzw. zu Protokoll des Nachlassgerichts erfolgen. Die Frist beträgt 6 Wochen. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von den Umständen erfährt, die seinen Irrtum begründen.

Roy Riedel, Rechtsanwalt

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Oktober 2024

  1. Verdachtskündigung des Mitglieds des Betriebsrates?

Ein Betriebsrat ist vor ordentlichen Kündigungen geschützt, nicht jedoch vor fristlosen Kündigungen bei erheblichen Pflichtverletzungen. Das Mitglied dieses Betriebsrates wurde beobachtet, wie er durch ein weißes Röhrchen ein weißes Pulver durch die Nase zu sich nahm. Der Arbeitgeber vermutete den Konsum von Kokain. Der Arbeitnehmer erklärte, dass er lediglich Schnupftabak mit Traubenzucker zu sich nahm, einen Drogentest lehnte er ab. Die Arbeitgeberseite kündigte daraufhin fristlos. Die Kündigung begründete die Arbeitgeberseite mit dem dringenden Tatverdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Gericht bestätigte die Wirksamkeit der fristlosen Verdachtskündigung, vgl. LAG Niedersachsen vom 06.05.2024 – 4 Sa 446/23.

  1. Schulung ferngeblieben führt zum Job-Verlust auch als Betriebsrat?

Der Vorsitzende des Betriebsrates hatte sich zu einer Schulung als Betriebsrat angemeldet, deren Kosten von Arbeitgeberseite getragen worden sind. Tatsächlich nahm er aber nicht über die gesamte Zeitdauer an der Schulungsveranstaltung teil. Dies bewertete die Arbeitgeberseite als Arbeitszeitbetrug und kündigte fristlos. Der Vorsitzende des Betriebsrates behauptete während dieser Zeit Betriebsratsarbeit geleistet zu haben. Dies bestritt die Arbeitgeberseite. Das Gericht urteilte, dass ein Fernbleiben von der Schulung geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu begründen, vgl. LAG Niedersachsen vom 28.02.2024 – 13 TaBV 40/23.

  1. Mobile Arbeit – mit oder ohne Mitbestimmung des Betriebsrates?

In dem Betrieb gab es eine Betriebsvereinbarung zur mobilen Arbeit, die den Anspruch und die Voraussetzungen regelte. Davon abweichend bestimmte die Arbeitgeberseite im Nachhinein einseitig, das die Tätigkeit in Präsenz Vorrang hat. Damit wich die Arbeitgeberseite von den Regelungen der Betriebsvereinbarung ab. Der Betriebsrat ging dagegen vor und verlangte die Unterlassung der abweichenden Anweisung. Zurecht, wie das Gericht urteilte. Denn bei den Regelungen zur mobilen Arbeit hat der Betriebsrat mitzubestimmen, eine einseitige Änderung der bestehenden Betriebsvereinbarung war daher nicht möglich, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 30.01.2024 – 8 TaBV 748/23.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht September 2024

  1. Inflationsausgleichsprämie auch in der Elternzeit?

Grundsätzlich darf die Arbeitgeberseite ohne sachlichen Grund einzelne Arbeitnehmer/innen nicht von der Zuwendung freiwilliger Leistungen herausnahmen. Hier ging es um die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie, bei der Mitarbeitende in Elternzeit nicht berücksichtigt worden sind. Das Gericht sprach auch den Mitarbeitenden in Elternzeit die Inflationsausgleichsprämie zu und sah einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, vgl. ArbG Essen vom 16.04.2024 – 3 Ca 2231/23.

  1. Zeugnis in Tabelle oder doch im Fließtext?

Auch immer wieder bei der Erteilung eines Zeugnisses kann es zu Differenzen zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite kommen. In diesem Fall hatte die Arbeitgeberseite das Zeugnis in den einzelnen Darstellungen und Bewertungen tabellarisch aufgelistet. Hiergegen wehrte sich die Arbeitnehmerseite. Zu Recht wie das Gericht befand, denn es besteht ein Anspruch darauf, dass das Zeugnis in einem Fließtext formuliert wird, vgl. BAG vom 27.04.2021 – 9 AZR 262/20.

  1. Mindesturlaub wegvereinbar?

Immer wieder einmal kommt es zu Vereinbarungen zum Urlaub während des Arbeitsverhältnisses, oder zur Auszahlung statt Urlaub oder sogar zum Verzicht. Hier wird übersehen, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Urlaub ein Mindesturlaubsschutz ist und dieser jedenfalls im bestehenden Arbeitsverhältnis unverzichtbar ist. So hatte auch das Landesarbeitsgericht geurteilt, dass Auf den gesetzlichen Mindesturlaub bzw. dessen Abgeltung während des Arbeitsverhältnisses nicht verzichtet werden kann, vgl. LAG Köln vom 11.04.2024 – 7 Sa 516/23.

  1. Führt Google-Recherche zur Entschädigungszahlung?

Die Bewerbung. Die Arbeitgeberseite will sich parallel über den Bewerber informieren und recherchiert über Google. Dabei erfährt die Arbeitgeberseite auch Problematisches und entscheidet sich zur Einstellung eines anderen Bewerbers. Durfte über Google recherchiert werden? Ja urteilte das Gericht. Aber der Bewerber hätte über die Recherche und Verarbeitung der über Google gewonnen Daten informiert werden müssen. Mangels Information verurteilte das Gericht die Arbeitgeberseite zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 1.000,00 € an den Bewerber , vgl. LAG Düsseldorf vom 10.04.2024 – 12 Sa 1007/23.

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