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Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht April 2024

  1. Anspruch auf Präsenzseminar für Betriebsräte/Personalräte?

Die Frage in Zeiten der Digitalisierung ist, ob Arbeitgeber Betriebsräte bzw. Personalräte auf ein gegebenenfalls preisgünstigeres Online-Seminar verweisen dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes obliegt diese Entscheidung allein dem jeweiligen Betriebsrat bzw. Personalrat. Erforderlich können soweit auch Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar sein. Dies gilt selbst dann, wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Online-Seminar anbieten sollte, vergleiche Bundesarbeitsgericht vom 7.2.2024  – 7 ABR 8/23.

  1. Zahlungsanspruch auch bei symptomloser Corona-„Erkrankung“?

In dem Fall ging es darum, dass zur Corona-Zeit ein Mitarbeiter aufgrund der Quarantänebestimmungen die Wohnung nicht verlassen durfte. Der Mitarbeiter war insoweit daran gebunden, da der Test positiv war, trotz fehelender Krankheits-Symptome. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes behält der Mitarbeiter insoweit seinen Zahlungsanspruch jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit nicht im Homeoffice verrichtet werden kann. In solchen Fällen führe auch eine symptomlose Erkrankung zur Arbeitsunfähigkeit, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 20.03.2024 – 5 AZR 234/23.

  1. Zwei Jobs und doppelt Urlaub?

Hier ging der Arbeitnehmer während eines Kündigungsschutzprozesses bereits ein neues Arbeitsverhältnis ein. Damit bestand das bisherige Arbeitsverhältnis gleichzeitig mit dem bereits neu begründeten Arbeitsverhältnis. In dem neuen Arbeitsverhältnis erhält der Arbeitnehmer bereits Urlaub. Das Bundesarbeitsgericht hat hierauf entschieden, dass Arbeitnehmern, die gleichzeitig in zwei verschiedenen Arbeitsverhältnissen stehen, sich genommene Urlaubstage beim neuen Arbeitgeber auf den Urlaubsanspruch gegen bisherige Arbeitgeber anrechnen lassen müssen. Insoweit besteht kein doppelter Urlaubsanspruch bei Wechsel des Arbeitsverhältnisses, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 05.12.2023 – 9 AZR/22.

  1. Praktikum oder doch schon Arbeitsverhältnis?

Mitunter kann sich ein Praktikumsverhältnis tatsächlich in der Ausübung und in der gelebten Praxis als Arbeitsverhältnis darstellen. Jedoch kann allein aus der Tatsache der Eingliederung in den Betrieb nicht per se ein Orientierungspraktikum geschlossen werden. Im Besonderen ist hier auch die zulässige Dauer von drei Monaten zu beachten. Dabei ist es möglich, unter Beachtung der Gesamtdauer, mehrere entsprechende Zeitabschnitte zu vereinbaren, vgl. Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 25.10.2017 – 7 Sa 995/16.

  1. Aufhebungsvertrag nur sofort?

Die Frage ist, ob ein Arbeitgeber gegenüber der Arbeitnehmerseite unter der Bedingung einen Aufhebungsvertrag anbieten darf, dass von Arbeitnehmerseite dieses Angebot nur unmittelbar sofort angenommen werden kann. Im Rahmen dessen stellt sich die Frage, ob es sich dabei um ein zulässiges Verhandlungsmittel handelt oder die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmerseite unzulässig beeinträchtigt worden ist. In dieser Fallgestaltung urteilte des Bundesarbeitsgericht, dass sich die Arbeitgeberseite eines zulässigen Verhandlungsdrucks bediente, sodass kein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns gegeben war. Mithin führte dies nicht zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 24.02.2024 – 6 AZR 333/21.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte

Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht März 2024

  1. ChatGPT und der Betriebsrat?

Das Verhalten und die Ordnung im Betrieb ist mitbestimmungspflichtig, damit ist der Betriebsrat in diesen Fragen zu beteiligen. Anders sieht es beim Arbeitsverhalten aus. Nun ist die Frage, wie weit der Betriebsrat bei der Frage der Einführung von künstlicher Intelligenz und/oder der Nutzung von ChatGPT mitzubestimmen hat. Im Ergebnis hat das Gericht dies Frage als Arbeitsverhalten bewertet mit der Folge, dass kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gegeben ist, vgl. ArbG Hamburg vom 16.01.2024 –  24 BVGa 1/24.

  1. Messer in der Hand und das Arbeitsverhältnis ist durchschnitten?

In dem Fall ging es darum, dass ein Mitarbeiter einem anderen Mitarbeitenden ein Messer mit einer längeren Klinge in Richtung des Körpers hielt und dadurch Gesundheit und Leben bedroht worden sein sollen. Mit diesem Vorwurf sprach die Arbeitgeberseite die fristlose Kündigung aus. Zwar sind solche Bedrohungen an sich geeignet eine fristlose Kündigung zu begründen. Im vorliegenden Fall konnte nach Beweisaufnahme der Vorsatz einer Bedrohung dem gekündigten Mitarbeiter nicht nachgewiesen werden. Daraufhin gab das Gericht der Kündigungsschutzklage statt, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 13.07.2023 – 5 Sa 5/23.

  1. Schlagabtausch im Bus beendet das Arbeitsverhältnis?

Hier hielt sich ein alkoholisierte Fahrgast im Bus auf. Der Fahrgast lehnte ein Aussteigen aus dem Bis ab, woraufhin ihn der Busfahrer vom Sitz zog, ihn aus dem Bus herausbrachte und sodann mit einer Faust ausgeholt hat. Entscheidend zur Sachverhaltsaufklärung waren die im Bus vorhandenen Überwachungskameras. Die Arbeitgeberseite kündigte aufgrund dieser schwerwiegenden Vertragsverletzung das Arbeitsverhältnis, zumal der Busfahrer im Zweifel die Polizei hätte rufen können. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Gericht abgewiesen, vgl. ArbG Göttingen – 1 Ca 219/23.

  1. Kündigung ist Kündigung, auch in der Probezeit?

Die Kündigung oder besser die Frage des Kündigungsgrundes hat erst einmal nichts mit der Probezeit zu tun. Kündigungen unterfallen erst dann dem Kündigungsschutzgesetz, wen das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate Bestand hat und zwar unabhängig der Frage, ob eine Probezeit vereinbart worden ist oder nicht. Daneben stellt sich die Frage, ob bei jeder Kündigung, also beispielsweise auch bei einer Kündigung, die bereits in der ersten Beschäftigungswoche ausgesprochen wird, der Betriebsrat zu beteiligen, also anzuhören ist. Auch wenn der Umfang der Anforderungen geringer sein mag (Werturteile oder subjektive arbeitgeberseitige Darlegungen genügen), muss der Betriebsrat bei jeder Kündigung zuvor angehört werden, vgl. LAG Hamm vom 08.09.2023 – 13 Sa 20/23.

  1. Zwischenzeugnis, Zeugnis oder kein Zeugnis?

Mitarbeitende haben bei Beendigung des länger andauernden Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Erteilung eines qualifiziertes Zeugnisses, das auf Verlangen der Arbeitnehmerseite auszustellen ist. Hierin ist über „Verhalten und Leistung“ des Mitarbeitenden Auskunft zu geben. Was ist, wenn Arbeitgeber in einem Endzeugnis in negativer Weise von einem zuvor erteilten Zwischenzeugnis abweichen? Hier erkennt die Rechtsprechung eine gewisse Bindungswirkung des Zwischenzeugnisses an. Daraus folgt, dass in solchen Fällen die Beweislast mehr auf Arbeitgeberseite liegt, um eine entsprechende Verschlechterung begründen zu können, vgl. LAG Köln vom 12.09.2023 – 4 Sa 12/23.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Familien und Erbrecht

Gemeinschaftliches Testament

Ehegatten können ein gemeinschaftliches Testament errichten.

Dabei wird regelmäßig in Testamenten bestimmt, dass die Kinder erst erben sollen, wenn auch der Längstlebende der Ehegatten verstorben ist. Was aber ist, wenn die oder der Überlebende der Ehe das Erbe ausschlägt?

In dieser Konstellation hat das Gericht entschieden, dass die vorzunehmende ergänzende Auslegung der letztwilligen Verfügung dazu führt, dass mit der Bestimmung der Kinder als Schlusserben diese auch als Ersatzerben gelten sollen.

Damit wird der Überlebende der Elternteile, der das erbe ausschlägt nicht gesetzlicher Erbe gemeinsam mit den Kindern, vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.02.2023 – 3 W 60/22.

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Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Februar 2024

  1. Der Betriebsrat hat doch nicht beim Handyverbot mitzubestimmen?


Das Verhalten und die Ordnung im Betrieb ist mitbestimmungspflichtig, damit ist der Betriebsrat in diesen Fragen zu beteiligen. Anders sieht es beim Arbeitsverhalten aus. Das Verbot zu rauchen ist grundsätzlich kein Arbeitsverhalten, so dass ein solches Verbot dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterfällt. Gilt das auch für das Verbot der privaten Nutzung von Mobiltelefonen während der Arbeitszeit? Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass dieser Bereich das unmittelbare Arbeitsverhalten betrifft. Folglich war hier der Betriebsrat nicht zu beteiligen, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 17.10.2023 – 1 ABR 24/22.

  1. Müssen Mitarbeitende dienstliche SMS auch in der Freizeit lesen?

Gerade, wenn in der Freizeit dienstliche Mitteilungen eingehen stellt sich die Frage, ob hier eine Pflicht zur Kenntnisnahme und Beachtung von Arbeitnehmerseite besteht. In dem Fall gab es einen Dienstplan, in dem wiederkehrend kurzfristige Änderungen erfolgten. Der Mitarbeiter hatte die Mitteilung mit einer SMS zur Änderung im Dienstplan in seiner Freizeit nicht zur Kenntnis genommen. Zu Unrecht, wie das Bundesarbeitsgericht urteilte. Sofern Mitarbeitende wissen, dass auf der Grundlage betrieblicher Regelungen Konkretisierungen im Dienstplan erfolgen können, besteht auch die Pflicht in der Freizeit diese Änderungen wahrzunehmen und zu berücksichtigen, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 23.08.2023 – 5 AZR 349/22.

  1. Stromdiebstahl führt zur Kündigung?

Egal ob das Mobiltelefon oder nun auch die Elektroautos, es stellt sich die Frage, ob hier Strom vom Arbeitgeber geladen werden darf. In manchen Betrieben besteht eine Duldung, insbesondere was das Laden von Handys betrifft. In diesem Fall hatte ein Mitarbeiter sein privates Hybridfahrzeug an eine 220V -Steckdose angeschlossen. Die Arbeitgeberseite argumentierte, das dies in der Hausordnung ausdrücklich untersagt ist und eine firmeninterne Duldung daneben auch nicht besteht. Insgesamt ging es um einen Stromverbrauch in Höhe von ca. 0,40 €. Nachdem das Arbeitsgericht Duisburg der Klage gegen die Kündigung stattgab verfolgte die Arbeitgeberseite die Kündigung weiter im Berufungsverfahren. Die Frage war, ob das unerlaubte Laden des Fahrzeuges als Kündigungsgrund ausreichend ist oder ob unter Beachtung aller konkreten Umstände des Einzelfalls eine Abmahnung ausgereicht haben könnte. Im Ergebnis kam es zu einem Vergleich im Rahmen dessen das Arbeitsverhältnis sein Ende fand, vgl. LAG Düsseldorf vom 19.12.2023 – 8 Sa 244/23.

  1. Minderleistung als Kündigungsgrund?

Hier war ein Mitarbeiter im Telefondienst beschäftigt. Die Arbeitgeberseite erwartete 60 Prozent der durchschnittlichen Telefonzeiten. Durch Überwachung wurden dem Mitarbeiter Telefonzeiten einmal unterhalb von 35% und unterhalb von 33 Prozent nachgewiesen. Aufgrund dessen wurde ein vorsätzlich vertragswidriges Verhalten angenommen und die Kündigung bestätigt. Auf die Problematik der ggf. nicht im Einklang mit dem Datenschutz erhobenen Beweismittel kam es nicht an, so dass ein Beweisverwertungsverbot nicht angenommen worden ist, vgl. BAG vom 29.06.2023 – 2 AZR 296/22.

  1. Täuschung über Impfunfähigkeit als Kündigungsgrund?

Zum Glück liegen die Zeiten der nicht unerheblichen Einschränkungen während der Corona-Zeit hinter uns. Rechtliche Fragen spielen jedoch bis heute eine Rolle. In dem hier entscheidenden Fall ging es darum, dass eine Pflegehelferin eine ärztliche attestierte Impfunfähigkeit vorleget, die real nicht bestand. Damit habe die Mitarbeiterin ihre vertragliche Nebenpflicht im Pflegedienst erheblicher Weise verletzt, so dass die fristlose Kündigung Bestand hatte, vgl. BAG vom 14.12.2023 – 2 AZR 55/23.

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Allgemein Familien und Erbrecht

Verhältnis von Wohnvorteil und Nutzungsentgelt – Fehler vermeiden

Ist ein Beteiligter Eigentümer einer Immobilie oder steht die Immobilie im Eigentum beider Beteiligter ergeben sich vielfältige und komplizierte Wechselwirkungen. 

Hier finden Sie einige der wichtigsten Aspekte.

Bei der Prüfung und Bewertung der Auswirkungen des Immobilieneigentums bei Trennung und Scheidung sind wir Ihnen gerne behilflich und stellen frühzeitig die richtigen Weichen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Wichtig:

Nutzungsvergütung statt Wohnvorteil – Wird bei der Berechnung des Unterhalts ein Wohnvorteil berücksichtigt, kann keine Nutzungsentschädigung geltend gemacht werden. Die Nutzungsentschädigung wird dann als Wohnvorteil bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt.

  1. Wohnvorteil / Wohnwert

a)

Eine rechtliche Folge des Bestehens von Wohneigentum bei Trennung oder Scheidung ist die Berücksichtigung des sogenannten Wohnvorteils (auch Wohnwert genannt) beim Unterhalt. Zu den zur Bemessung des Unterhalts relevanten Einkünften gehören nicht nur das Erwerbseinkommen, sondern auch fiktive Einkommen wie die Vorteile des Wohnens im eigenen Heim. Der Wohnwert stellt die ersparte Miete dar. Demjenigen Beteiligten, welcher nach der Trennung das eigene Heim weiter bewohnt, wird dieser Wohnvorteil bzw. der Wohnwert der Immobilie monetärer zugerechnet.

Der Bemessung dieses fiktiven Wohnvorteils liegt regelmäßig die objektive Marktmiete zugrunde. Ist die Immobilie noch kreditbelastet wird die Darlehensrate (Zins und Tilgung) vom ermittelten Wohnvorteil in Abzug gebracht, denn ohne  den Finanzierungskredit gäbe es diesen Vorteil gar nicht.

Beispiel:

Ortsübliche Miete 10 €/m², Wohnfläche 140 m² =             1.400 € 

./. Darlehensrate 700 € verbleiben                                         700 €

Einkommen aus Erwerbstätigkeit                                       2.500 €

+ Wohnvorteil                                                                        700 €

Unterhaltsrelevantes Einkommen                                       3.200 €

b)

Besonderheit bei Ehegatten im Trennungsjahr

Die Bemessung der objektiven Marktmiete setzt das endgültige Scheitern der Ehe voraus.

Solange das obligatorische Trennungsjahr noch nicht abgelaufen und noch kein Scheidungsantrag gestellt wurde liegt diese Voraussetzungen nicht vor. Deshalb darf der obergerichtlichen Rechtsprechung zufolge solange nicht die objektiven Marktmiete, sondern lediglich ein sogenannter angemessener Wohnvorteil berücksichtigt werden.

Das Trennungsjahr stellt eine eheerhaltende Schutzvorschrift dar. Solange die Ehe noch nicht als endgültig gescheitert gilt, ist grundsätzlich nur ein eingeschränkter Wohnwert zu berücksichtigen. Damit wird bis zum endgültigen Scheitern der Ehe verhindert, dass der verbleibende Ehegatte Unterhalt auf der Grundlage eines für ihn viel zu großen Wohnraums zahlen muss (sog. aufgedrängter Wohnraum).

Höhe:

Dieser angemessene Wohnwert entspricht regelmäßig derjenigen Miete, welche der in der Immobilie verbleibende Ehegatte für eine seinen Einkommensverhältnisse entsprechende angemessene kleinere Wohnung bezahlen müsste.

c) negativer Wohnwert

Für den Fall, dass die monatliche Kreditrate den Wohnwert übersteigt, kann der negativ Betrag unterhaltsrechtlich in Abzug gebracht werden.

  • Nutzungsentgelt

Grundsatz:    Nutzungsvergütung statt Wohnvorteil

Es kann kein Nebeneinander von Nutzungsvergütung und Wohnvorteil geben.

Das heißt, wurde bei der Unterhaltsberechnung der Wohnvorteil einbezogen, kann der ausgezogene Partner oder Ehegatte keine Nutzungsvergütung verlangen.

Umgekehrt kann neben einer Nutzungsvergütung keine Berücksichtigung des Wohnvorteils beim Unterhalt erfolgen. Vielmehr würde die Nutzungsvergütung dann als Einnahme beim Unterhaltsberechtigten und als Ausgabe beim Unterhaltspflichtigen Berücksichtigung finden.

Grundsatz:    Nutzungsvergütung ist erst mit der Geltendmachung geschuldet

Keine Geltendmachung, kein Anspruch.

Nutzungsentgelt wird dem ausgezogenen Ehegatten dem Grunde und der Höhe nur nach Gesichtspunkten der Billigkeit gewährt. Dabei spielen sowohl die Einkommensverhältnisse beider Beteiligter Eigentümer sowie die Belange noch im Haushalt lebender Kinder eine Rolle. Eine pauschale Bemessung anhand der ortsüblichen Miete erfolgt also nicht.

Zu beachten ist, dass ein Nutzungsentgeltverlangen nach der Scheidung nicht mehr auf familienrechtlicher Grundlage sondern nach den allgemeinen Vorschriften des BGB zu stellen ist. Hierzu bedarf es eines sogenannten Neuregelungsverlangens die Besitz- und Nutzungsverhältnisse betreffend. Die einfache Aufforderung zur Zahlung genügt zur Anspruchsbegründung in der Regel nicht. Hier bedarf es unbedingt der juristischen Beratung.

Aus der Praxis:

Es kommt immer wieder vor, dass Gegner einem gerichtlich geltend gemachten Nutzungsentgeltanspruch mit der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen begegnen. Das ist verfahrensrechtlich ausgeschlossen und stellte eine anwaltliche Fehlberatung dar. Solche Fehler vermeiden wir.

  • Fazit

Die Wechselwirkungen sowie die rechtlichen Grundlagen beider Rechtsinstitute sind kompliziert. Um Fehler bzw. finanzielle Nachteile von Anfang an zu vermeiden, beraten wir Sie zur richtigen Weichenstellung in der Auseinandersetzung schon im Zuge der ersten Beratung.

Wir prüfen, ob es im Einzelfall wirtschaftlich günstiger ist, Wohnvorteile zu berücksichtigen, statt Nutzungsvergütung zu verlangen oder zu gewähren oder umgekehrt. Finanzielle Unterschiede sind dabei häufig immens.

Riedel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Januar 2024

  1. Auskunftsanspruch des Betriebsrates auch über Namen?


Gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG hat der Betriebsrat einen Auskunftsanspruch über die Namen der Menschen mit einer Schwerbehinderung sowie gleichgestellter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Trotz bestehendem Datenschutzkonzept und der Darlegung diese Daten zur Erfüllung der Betriebsratsaufgaben zu benötigen, verweigerte der Arbeitgeber die Herausgabe der verlangten Daten. Das Gericht verurteilte den Arbeitgeber daraufhin zur Herausgabe, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 09.05.2023 – 1 ABR 14/22.

  1. Nacktfotos kosten Geld?

Fotos weiterleiten über die entsprechenden digitalen Dienste geht schnell. In dem Fall wurde u.a. ein Nacktfoto einer Mitarbeiterin weitergeleitet. Das Foto hatte die Kollegin zuvor aus einem Ausschnitt eines Videos,  aus einer Facebookgruppe heraus erhalten. Das Gericht entschied, dass ohne Zustimmung der betreffenden Person deren Persönlichkeitsrechte verletzt sind und verurteilte die Kollegin, die das Foto weiterleitete zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00€, vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 08.08.2023 – 8 Sa 332/22.

  1. Arztbesuch als Arbeitszeit?

Grundsätzlich unterfallen die Wahrnehmungen von Arztterminen dem Freizeitbereich, insbesondere gilt dies für planbare Routine- und Vorsorgetermine. Hier sah der betreffende Tarifvertrag jedoch ärztliche Termine als Arbeitszeit an. Daraufhin entschied das Gericht, dass auch die Wartezeit in der ärztlichen Praxis und die Wegezeit Arbeitszeiten auf der Grundlage des Tarifvertrages für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen sind, vgl. Landesarbeitsgericht Hamm vom 31.08.2023 –  15 Sa 467/23.

  1. Hat der Betriebsrat bei der Versetzung ein Vetorecht?

In diesem Fall verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung zu der arbeitgeberseitig geplanten Versetzung. Grund war, dass der Arbeitgeber Personalfragebögen verwendete und hier der Betriebsrat nicht beteiligt worden war. Das Gericht entschied, dass das arbeitgeberseitige Verwenden von nicht mitbestimmten Personalfragebögen allein kein Verweigerungsrund für das Zustimmungsverfahren begründet. Damit ersetzte das Gericht die fehlende Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung, vgl. Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 02.08.2023 –  12 TaBV 46/22.

  1. Ob im Homeoffice nicht gearbeitet wird bleibt offen?

Die Arbeitgeberseite war hier der Auffassung, dass von Arbeitnehmerseite daheim im Homeoffice nicht bzw. nicht hinreichend gearbeitet wird und machte Rückzahlungen von überzahlter Vergütung geltend. Zu Unrecht, wie das Gericht urteilte. Das Gericht führte aus, dass es der Darlegungs- und Beweislast auf Arbeitgeberseite obliegt eine mögliche ausgebliebene oder geminderte Leistung der Arbeitnehmerseite nachzuweisen, vgl. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 28.09.2023 – 5 Sa 15/23

  1. Teilzeit und Vollzeit mit anderen Lohnzuschlägen?

Dem Rechtstreit liegt ein Tarifvertrag zugrunde, nach dem Überstundenzuschläge gewährt werden, wenn Stunden erbracht werden, die über die eines in Vollzeit beschäftigten Mitarbeitenden im Kalendermonat hinausgehen. Dies erreichen in Teilzeitbeschäftigte regelmäßig nicht.

Die Frage ist, ob dies eine Diskriminierung darstellen könnte. Hintergrund ist, dass in Teilzeit ein Geschlecht überproportional mehr Anteil hat und dadurch jedenfalls eine mittelbare Diskriminierung in Betracht kommen könnte. Nach derzeitigem Stand empfiehlt der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof eine solche Diskriminierung zu bejahen, vgl. EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Athanasios Ranthos vom 16. November 2023 in den verbundenen Rechtssachen IK (C‑184/22) und CM (C-185/22) gegen KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e. V.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Allgemein Familien und Erbrecht

Wo bleibt der Hund bei einer Trennung?

In Fall einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft schafften sich eine Frau und ein Mann gemeinsam einen Hund an. Nach der Trennung wollten beide weiterhin Kontakt zum Hund. Das Gericht entschied, dass beide verlangen können zu einer Regelung zustimmen zu müssen, die den Kontakt zum Hund jeweils festlegt, vgl. Landgericht Frankenthal vom 12.5.2023 – 2 S 149/22.

Roy Riedel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Dezember 2023

  1. Urlaub in Sri Lanka auch über das Ferienende hinaus?

Hier ging es um eine Reise einer verbeamteten Lehrerin nach Sri Lanka während der Pandemiezeit. Sie hatte Rückflugangebote nicht genutzt und konnte sodann erst nach Ende der Ferien nach Deutschland zurückkehren und insoweit ihre Tätigkeit im Schuldienst nicht sicherstellen. Im Ergebnis bestätigte das Verwaltungsgericht die Entfernung aus dem Dienst, vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht vom 08.11.2023 – 14 LB 3/23. Die Entscheidung dürfte auch für das Arbeitsrecht interessant sein, da hier die juristische Sicht auf nicht bewilligte Urlaubszeit deutlich wird.

  1. Arbeitszeit bei Arbeit auf Abruf egal?

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien eine Arbeit auf Abruf, ohne jedoch die Anzahl der Wochenarbeitszeit zu bestimmen, so gilt eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden als vereinbart nach § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht auch jüngst noch einmal in seiner Entscheidung hin, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 18.10.2023 – 5 AZR 22/23.

  1. Handyverbot am Arbeitsplatz – mit oder ohne Mitbestimmung des Betriebsrates?

Grundsätzlich sind Arbeitgeber berechtigt die Nutzung privater Mobiltelefone am Arbeitsplatz zu untersagen. Sofern ein Betriebsrat besteht, könnte damit das verhalten und die Ordnung im Betrieb betroffen sein. Dann müsste der Betriebsrat vor einer arbeitgeberseitigen Weisung ordnungsgemäß beteiligt worden sein. Hier hatte das Gereicht jedoch dem Betriebsrat ein Mitwirkungsrecht entzogen und wies die Anweisung dem sonstigen Arbeitsverhalten zu. Damit fällt die Handynutzung nicht mehr unter die Mitbestimmung des Betriebsrates, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 17.10.2023 – 1 ABR 24/22.

  1. Hausverbot für Betriebsrat?

Dem Betriebsratsvorsitzenden wurde eine Urkundenfälschung vorgeworfen. Daraufhin erteilte der Arbeitgeber Hausverbot. Hiergegen wendete sich der Betriebsrat / Betriebsratsvorsitzende und begehrte Zugang zum Betrieb. Das Gericht sah hier eine Behinderung der Betriebsratsarbeit nach § 78 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz und gab dem Betriebsrat Recht, vgl. Landesarbeitsgericht Hessen vom 28.08.2023 – 16 TaBVGa 97/23.

  1. Silikontuben contra Arbeitsverhältnis?

Eine gegen die Vermögensinteressen gerichtet (Straf-) Tat kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Hier hatte ein Arbeitnehmer Silikontuben mitgenommen. Das Gericht wies die gegen die Kündigung gerichtete Klage ab, vgl. Landesarbeitsgericht Thüringen vom 19.04.2023 – 4 Sa 287/21.

  1. Urlaubsverfall scheitert trotz tariflicher Ausschlussfrist an Hinweisobliegenheit?

Der Urlaub führt immer wieder zu neuen juristischen Fragestellungen. Hier ging es um den Mehrurlaub und die Frage, ob dieser nicht verfallen ist. Hintergrund waren hier tarifliche Ausschlussfristen. Dennoch hat das Bundesarbeitsgericht hier Bedenken, wenn die Arbeitgeberseite nicht ihrer Hinweisobliegenheit zum Verfall des Urlaubs nachgekommen war, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 31.01.2023 – 9 AZR 456/20.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht November 2023

  1. Umkleide- und Wegzeit als bezahlte Arbeitszeit?

Indem der Arbeitgeber das Umkleiden im Betrieb anordnet, macht er mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung. Daher schuldet der Arbeitgeber Vergütung für die durch den Arbeitnehmer hierfür im Betrieb aufgewendete Zeit – so das Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 06.06.2023 – 7 Sa 275/ 22.

  1. Diskriminierung auch durch fehlende Unterrichtung des Betriebsrates?

Fraglich könnte sein, was beispielsweise eine nicht für ein Bewerbungsgespräch berücksichtigte Person mit Schwerbehinderung vortragen müsste. In diesem Fall war nicht klar, ob die Arbeitgeberseite den Betriebsrat oder die Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung unterrichtet hatte. Dies genügte dem Gericht und verurteilte die Arbeitgeberseite zur Zahlung einer Entschädigung, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 14.06.2023 – 8 AZR 136/22.

  1. Mutterschutz und schwankender Lohn?

Problematisch kann sich die Berechnung des Mutterschutzlohns gestalten. Grundsätzlich sind hier die letzten drei Monate zugrunde zu legen. Was aber ist, wenn die Vergütung stark schwankt? Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass in einem solchen Fall ein Zeitraum von 12 Monaten zugrunde zu legen ist, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 31.05.2023 – 5 AZR 305/22.

  1. Hinweisobliegenheit für Urlaubsverfall auch bei Dauerkranken?

Dauerkrank und der Urlaub stellt sich in der Praxis immer wieder als unsichere Rechtslage dar. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat hierzu entschieden, dass es einer Hinweisobliegenheit von Arbeitgeberseite nicht bedarf, sofern die Arbeitnehmerseite dauerhaft krank ist. In diesem Fall erlöschen die nach 15 Monaten auch ohne Hinweis von Arbeitgeberseite über den drohenden Verfall der Urlaubsansprüche, vgl. Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 12.05.2023 – 12 Sa 1250/22

  1. Alleinerziehende Mutter contra Arbeitszeiteinteilung?

Eine alleinerziehende Mutter kann auf nahezu unlösbare Probleme stoßen, wenn die Arbeitszeiten mit den Öffnungszeiten der Kindertagesstätte kollidieren. Die Arbeitgeberseite hat bei der Einteilung alle Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Damit besteht kein Anspruch der alleinerziehenden Mutter, dass sie ausschließlich unter Beachtung der Öffnungszeiten der Kindertagesstätte eingeteilt wird, vgl. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 13.07.2023 – 5 Sa 139/22

  1. Auflösung der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Zahl?

Hier sank die Zahl der Beschäftigung von schwerbehinderten Personen unter 5, so dass die Voraussetzungen für eine Schwerbehindertenvertretung nicht mehr gegeben war. Dennoch lehnte das Gericht eine Auflösung der Schwerbehindertenvertretung ab, da das Gesetz ein vorzeitiges Erlöschen des Amtes nicht geregelt hat, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 19.10.2022 – 7 ABR 27/21

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Oktober 2023

  1. Änderung und Zuweisung zu einem anderen Team als Versetzung?

Sofern Mitarbeitende einem anderen Team bei gleichbleibenden Aufgaben zugeordnet werden, kann sich dies als Versetzung darstellen. Entscheidend kann insbesondere sein, ob sich die Weisungsstruktur („Arbeitsregime“) ändert, vgl. LAG Thüringen vom 09.05.2023 – 1 TaBV 522.

  1. Arbeitgeber darf Überstunden nicht dulden?

Hier gab es eine Betriebsvereinbarung, die eine Höchstgrenze an möglichen Überstunden regelte. Trotz dessen waren einige Mitarbeitende darüber hinaus tätig. Hier ist dann Aufgabe von Arbeitgeberseite die Einhaltung der Betriebsvereinbarung sicherzustellen. Kommt die Arbeitgeberseite dem nicht nach, so steht dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch zu, vgl. LAG Hessen vom 06.03.2023 – 16 TaBV 85/22.

  1. Matrix-Betrieb führt zum Kündigungsschutz?

In diesem Fall bestand eine sog. Matrix-Organisation mit der Folge, dass teilweise nur eine Mitarbeitende Person tätig war und daher die erforderliche Beschäftigtenzahl zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes fehlen würde. Da hier jedoch konzernweit Aufgaben wahrgenommen worden sind und einzelne Bereiche nicht eigenständig waren, sondern vielmehr in die Gesamtstruktur eingebunden waren, ist mit der Aufgabe eines bereiches kein Stilllegen eines Betriebes verbunden. Folglich behält auch ein Betriebsrat (anders bei Stilllegung des Betriebes) weiter Kündigungsschutz, vgl. Niedersachsen vom 24.07.2023 – 15 Sa 906/22.

  1. Bahnfahren contra Arbeitsunfähigkeit?

Ein krankheitsbedingt arbeitsunfähiger Mitarbeiter fährt viele Stunden mit der Bahn zu seiner Familie. Steht eine so lange Bahnfahrt der Annahme der Arbeitsunfähigkeit entgegen? Das Gericht urteilte hier, dass die mehrstündige Bahnfahrt nicht annähernd mit der Belastung bei Arbeitstätigkeit vergleichbar ist. Damit war die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Beweiswert nicht erschüttert, die Arbeitgeberseite wurde verurteilt Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 13.07.2023 – 5 Sa 1/23.

  1. Zeugnisberichtigung auch noch nach Jahren?

Die Arbeitgeberseite hatte nach dieser Entscheidung ein Zeugnis böswillig unrichtig erstellt und erteilt. In solchen Fällen verwirkt der Berichtigungsanspruch von Arbeitnehmerseite nicht, so dass auch nach Ablauf geraumer Zeit die Arbeitgeberseite durch Klage zur Berichtigung des Zeugnisses verurteilt werden kann, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 31.05.2023 – 4 Sa 5422.

  1. Keine Befristung mit Kranken?

Die Arbeitgeberseite hatte Jemanden zur Vertretung einer anderen Person befristet eingestellt. Dabei war bereits klar, dass die Vertretung während der Befristungszeit selbst arbeitsunfähig bleiben wird. Auf dieser Grundlage ist die Befristung jedoch unwirksam, so dass der Vertrag als unbefristet geschlossen gilt, vgl. LAG Niedersachsen vom 11.05.2023 – 5 Sa 2723.

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