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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juli 2022

  1. Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis?

In diesem Fall informierte der Arbeitgeber die Mitarbeitenden, dass diese zukünftig Kundentermine und Außenwirkungen in Präsenz nur noch dann wahrnehmen dürfen, wenn sie vollständig geimpft sind. Eine Mitarbeiterin gab daraufhin an, vollständig geimpft zu sein. Der Impfausweis wies indes einen gefälschten Impfnachweis aus. Darauf wurde ihr die Kündigung ausgesprochen. Die fristlose Kündigung wurde durch das Arbeitsgericht bestätigt, vgl. ArbG Köln vom 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21.

  1. Überstunden und Beweisregel?

Um eine Überstundenvergütung erfolgreich geltend zu machen, ist es Sache der Arbeitnehmerseite vorzutragen und zu beweisen, dass diese Stunden erbracht worden sind und arbeitgeberseitig diese Stunden angeordnet oder geduldet worden sind. Eine Beweislastumkehr bei nicht korrekter arbeitgeberseitiger Erfassung der Überstunden kommt nicht in Betracht, vgl. BAG vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21.

  1. Neuer Richtlinie der EU zu Regelungen im Arbeitsvertrag umfasst im Kern:
  • Ausführlichere Unterrichtung über wesentliche Aspekte des Beschäftigungsverhältnisses, frühzeitig und in schriftlicher Form
  • Höchstdauer für die Probezeit zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses
  • Möglichkeit der Mehrfachbeschäftigung, Verbot von Ausschließlichkeitsklauseln und Einschränkungen für Unvereinbarkeitsklauseln
  • Mindestplanbarkeit der Arbeit mit angemessenem Vorlauf für Arbeitnehmer/innen, deren Arbeitszeitplan unvorhersehbar ist (z. B. Arbeit auf Abruf)
  • Vorschriften zur Verhinderung von Missbrauch für Null-Stunden-Verträge
  • Anspruch auf schriftliche Antwort auf Ersuchen um Übergang zu einer Beschäftigungsform mit sichereren Arbeitsbedingungen
  • Anspruch auf kostenlose obligatorische Fortbildung im Falle der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Bereitstellung einer solchen Fortbildung
  1. Fortbildung und Rückzahlungsklauseln?

Rückzahlungsklauseln unterfallen strengen Regelungen und erweisen sich mitunter als unwirksam. So sind solche Klauseln auch dann insgesamt unwirksam, wenn die Arbeitnehmerseite beispielsweise unverschuldet erkrankt und selbst aus diesen Gründen der nicht mehr möglichen Tätigkeitsausübung kündigt, vgl. BAG vom BAG 01.03.2022 – 9 AZR 260/21.

  1. Kein leidensgerechter Arbeitsplatz im Homeoffice?

Zwar können Arbeitnehmer/innen verlangen, dass leidensgerechte Ausgestaltungen ihres Arbeitsplatzes erzwingen, nicht jedoch das Einrichten neuer Arbeitsplätze in diesem Rahmen, wie auch in Bezug auf die Ausgestaltung und Schaffung eines solchen Arbeitsplatzes im Homeoffice, vgl. LAG Köln vom 12.01.2022 – 3 Sa 540/21.

  1. Raucherpause ist Pause?

Wer sich entgegen der arbeitgeberseitigen Weisung wiederholt und hartnäckig dem Ausstempeln zur Raucherpause entzieht riskiert eine ordentliche Kündigung, so das LAG Thüringen vom 03.05.2022 -1Sa18/21.

Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juni 2022

  1. Impfunfähigkeits-Bescheinigung aus dem Internet?

Einem Ausdruck aus dem Internet über eine Impfunfähigkeit liegt keine ärztliche Untersuchung zugrunde. In Einrichtungen mit Impfpflicht kann eine solche Vorlage einen erheblichen arbeitsrechtlichen Verstoß begründen. Die Vorlage einer solchen Bescheinigung aus dem Internet gegenüber dem Arbeitgeber kann somit die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, vgl. ArbG Lübeck vom 18.04.2022 – 5 Ca 189/22.

  1. Kündigung bei Vorlage eines gefälschten Impfausweises?

Wer sich der arbeitgeberseitigen Weisung zur Einhaltung der 2-G-Regeln widersetzt und einen gefälschten Impfausweis vorliegt, um sodann auch in Kontakt mit Kunden treten zu dürfen, begeht eine erhebliche Pflichtverletzung. Das Gericht bestätigte daraufhin die Kündigung, vgl. ArbG Köln vom 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21.

  1. Erfüllen Sachbezüge den Mindestlohn?

Der Mindestlohn steigt weiter und es stellt sich immer wieder neu die Frage, was alles an Zuwendungen angerechnet werden kann, um den Mindestlohn zu erfüllen. In diesem Fall wurde freie Unterkunft und Verpflegung gewährt. Diese Sachzuwendungen erkannte die Behörde beim Mindestlohn nicht an und verlangte die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Das Gericht entschied, dass der gesetzliche Mindestlohn nach der Entgeltleistung in Geld zu berechnen ist (vgl. BAG vom 25.10.2016 – 5 AZR 135/16) mit der Folge, dass Sachbezüge bei der Bestimmung des Mindestlohns außer Betracht bleiben. Somit wurde der Arbeitgeber zu Nachzahlungen verurteilt, vgl. Bayrisches Landessozialgericht vom 28.02.2022 – L 7BA 1/22 BER.

  1. Mitbestimmung bei Personalstärke?

Hier war zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber strittig, wie viel Personal in einer Pflegeeinrichtung/Klinik eingesetzt werden muss. Im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens kam es zu einer Entscheidung über die Bestimmung der Personalstärke. Diesen Spruch der Einigungsstelle bewertete das Gericht für unwirksam. Die Einigungsstelle kann nur eine Regelung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen vereinbaren, nicht aber konkreten Maßnahmen wie das Festlegen eines Personalschlüssels festlegen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ist auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden beschränkt. Die Festlegung des Personalschlüssels bleibt dem Arbeitgeber vorbehalten, vgl. BAG vom 17.12.2021 – 1 ABR 25/20.

  1. Teure Seminare mit Geschenken?

Seminare für Betriebsräte Unterfällen der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers. Was aber, wenn es bei diesem Seminar beispielsweise Tablets mit dazu gibt (sog. Give-aways). Dies steht der Pflicht zur Kostenübernahme nicht entgegen, jedenfalls dann nicht, wenn vergleichbare Seminare nicht kostengünstiger sind, vgl. BAG vom 17.11.2021 – 7 ABR 27/20.

  1. Sexuelle Belästigung – Kündigung ohne vorherige Abmahnung?

In diesem Fall hatte ein Vorgesetzter wiederholt Einladungen an Mitarbeiterinnen ausgesprochen, wie etwa eine solche zu einem gemeinsamen Saunabesuch. Daneben kam es zu weiteren Belästigungen, ohne dass dem Vorgesetzten eine Abmahnung ausgesprochen worden ist. Letztlich wurde ihm gegenüber die Kündigung erklärt. Das Gericht urteilte in diesem Fall, dass der Kündigung eine vorherige Abmahnung hätte vorausgehen müssen und erachtete die Kündigung für rechtsunwirksam, vgl. LAG Hamm vom 23.02.2022 – 10 Sa 492/21. Im Ergebnis können zwar sexuelle Belästigungen auch fristlose Kündigungen begründen. Im Einzelfall ist es indes schwierig vorherzusagen, wann eine Abmahnung zuvor erforderlich ist und wann eine solche wegen der Schwere der Pflichtverletzung entbehrlich sein kann. Dies ist auch bei der Anhörung des Betriebsrates im Rahmen der Kündigung zu berücksichtigen.

  1. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die einrichtungsbezogene Impfpflicht

In diesem Fall ging es um die Klagen gegen die Impfnachweispflicht in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen. Das Gericht urteilte, dass der Schutz von Gesundheit und Leben höher wiegt als die Beeinträchtigung von Grundrechten von Menschen, die sich gegen die Impfpflicht wandten. Die gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht erhobenen Verfassungsbeschwerden wies das Bundesverfassungsgericht daher zurück, vgl. BVerfG vom 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – siehe Pressemitteilung

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/bvg22-042.html;jsessionid=33C521D2E82FE990100CD3F450B62BCE.1_cid354

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Mai 2022

  1. Fehlerhafte Beratung durch den Betriebsrat

Versäumt die Arbeitnehmerseite die Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage und basiert dies auf der möglicherweise fehlerhaften Beratung des Betriebsrates, so hat die Klage keinen Erfolg. Es bleibt bei der Versäumung der Klagefrist, so das Landesarbeitsgericht Hamm vom 11.01.2022 – 14 Sa 938/21.

  1. Einladung zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)

Sofern vor einer Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen kein BEM durchgeführt worden ist, hat eine solche Kündigung regelmäßig keine Aussicht auf Erfolg. Grundsätzlich genügt jedoch eine Einladung zum BEM, wenn dieser die Arbeitsnehmerseite nicht folgt, kommt es auf den sonstigen Inhalt des BEM nicht mehr an. Das setzt jedoch eine ordnungsgemäße Einladung zum BEM voraus. In das Einladungsschreiben zum BEM müssen u.a. Hinweise, dass nur solche Daten erhoben werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, der Gesundung und Gesunderhaltung des Betroffenen dienendes BEM durchführen zu können; welche Krankheitsdaten – als sensible Daten i.S.v. Art. 9 Abs. 1, 4 Nr. 15 DSGVO – erhoben und gespeichert werden und inwieweit und für welche Zwecke die Gesundheitsdaten dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden. Fehlerhafte Einladungen gehen zu Lasten der Arbeitgeberseite und dies betrifft auch Datenschutzverstöße, wie das Gericht entschied, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 20.10.2021 – 4 Sa 70/20.

  1. Hinweispflicht auf Urlaub auch bei Schwerbehindertenurlaub?

Sofern Arbeitgeber nicht auf Urlaub hinweisen, setzen sie sich einem Schadensersatz auf Nachgewährung von Urlaub aus. Die Frage ist, ob dies auch für den Schwerebehindertenurlaub gilt. Das Gericht entschied, dass Arbeitgeber nicht anlasslos auf diesen Zusatzurlaub hinweisen müssen. Der Schadensersatz entfällt damit nicht nur, wenn die Arbeitnehmerseite aufgrund dauerhafter Erkrankung gar nicht in der Lage ist, den Urlaub zu nehmen genauso, wenn die Arbeitgeberseite keine Kenntnis von der Schwerbehinderung der Arbeitnehmerseite hatte, vgl. BAG vom 30.11.21 – 9 AZR 143/21.

  1. Betriebsratsmitglied fristlos gekündigt

In diesem Fall hatte das Betriebsratsmitglied die Unterlagen aus einem früheren Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber veröffentlicht. Diese Veröffentlichung enthielt auch Gesundheitsdaten anderer Mitarbeiter/innen. Diese rechtfertigte die fristlose Kündigung, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 25.03.2022 – 7 Sa 63/21.

  1. Fürsorgepflicht des Geschäftsführers

In diesem Fall kehrte der Geschäftsführer mit Erkältungssymptomen aus dem Urlaub zurück. Im Ergebnis litt er an einer Covid-Infektion. Eine Mitarbeiterin musste sich in Quarantäne begeben und musste den geplanten Hochzeitstermin absagen. Mangels Testung des Geschäftsführers hatte dieser eigene Symptome nicht ernstgenommen und damit gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen. Infolge dessen machte sich der Geschäftsführer/Arbeitgeber wegen der Hochzeitsabsage schadensersatzpflichtig, vgl. LAG München vom LAG München 14.02.2022 – 4 Sa 457/21.

  1. Heimliche Aufnahme – kündigungsbegründend?

Grundsätzlich stellen heimliche Aufnahmen eines Gespräches einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar und sind – ungeachtet der auch strafrechtlichen Relevanz – geeignet eine Kündigung zu begründen. In diesem Fall hatte der Vorgesetzte jedoch die Arbeitnehmerseite selbst mit beleidigenden Äußerungen in dessen Persönlichkeitsrecht verletzt und zudem erklärt, dass er den Spieß umdrehen würde, wenn die Arbeitnehmerseite etwas von diesem Gespräch preisgeben würde. Unter Beachtung dieses Gesamtgeschehens führte die heimliche Aufzeichnung des Gesprächs nicht zu einer wirksamen Kündigung, vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 19.11.2021 – 2 Sa 40/21.

  1. Ersatzruhetag auch, wenn Tätigkeit den Feiertag nur anreißt?

In diesem Fall arbeitete der Mitarbeiter in Schichten. Eine Schicht endete morgens um 3:30 Uhr an einem gesetzlichen Feiertag. Der Mitarbeiter erhielt einen Lohnzuschlag und eine Ruhepause von 24 Stunden. Trotzdem verlangte der Mitarbeiter für die Tätigkeit an einem Feiertag einen Ersatzruhetag. Zu Recht, wie das Bundesarbeitsgericht urteilte, vgl. BAG vom 8.12.2021 – 10 AZR 641/19.

  1. Freistellung wegen fehlendem Impfnachweis im Pflegeheim

In diesem Fall stellte der Arbeitgeber eine Mitarbeiterin in einem Seniorenheim von der Arbeitspflicht frei, weil diese keine Impfung gegen Covid/Corona nachwies. Die Mitarbeiterin entgegnete, dass das Gesundheitsamt bislang noch kein Beschäftigungsverbot ausgesprochen hat. Hierauf kommt es nicht an. Die Arbeitgeberseite kann eigenständig hierauf reagieren, ohne dass es eines Beschäftigungsverbotes seitens des Gesundheitsamtes bedarf, vgl. ArbG Gießen vom 12.04.2022 – 5 Ga 1/22 und 5 Ga 2/22.

  1. Befristungen unterliegen dem Schriftformerfordernis

Hier war die Unterschrift unter dem befristeten Arbeitsvertrag lediglich eingescannt Damit entsprach die Befristung nicht dem Schriftformerfordernis und war unwirksam, so dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 16.03.2022 – 23 Sa 1133/21.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht April 2022

1. Musicaldarstellerin verweigert Impfung und wird gekündigt

Eine Musicaldarstellerin wurde wegen fehlender Corona-Schutzimpfung gekündigt. Der Betrieb legte intern ein 2-G-Modell fest. Die Mitarbeiterin bot an, täglich einen Testnachweise vorzulegen. Dies reichte dem Arbeitgeber nicht und er erklärte die Kündigung vor Arbeitsantritt. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit der Klage und berief sich auf das Maßregelverbot des § 612a BGB. Das Gericht führte aus, dass der Arbeitgeber ein 2-G-Modell im Betrieb durchsetzen darf und wies die Klage ab, vgl. ArbG Berlin vom 3.2.2022 – 17 Ca 11178/21.

2. Aufhebungsvertrag sofort oder gar nicht?

Das Bundesarbeitsgericht hatte in einer Entscheidung vom 7.2.2019 (6 AZR 75/18) das Gebot fairen Verhandelns berücksichtigt. Ein Verstoß gegen ein solches Gebot kann die Wirksamkeit arbeitsrechtlicher Verträge oder auch Aufhebungsverträge betreffen. Aus diesem Gebot des fairen Verhandelns könnte man ableiten wollen, dass ein arbeitgeberseitiges Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages, der nur sofort angenommen werden kann, gegen dieses Gebot verstoßen könnte. Dies ist jedoch nach einer neueren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes nicht der Fall. Arbeitgeber können fordern, dass entweder sofort zugestimmt wird oder das Angebot nicht mehr gilt, vgl. BAG vom 24.2.2022 – 6 AZR 333/71.

3. Quarantäne und Urlaub

Der Urlaub ist nachzugewähren, wenn die Arbeitnehmerseite im Urlaub in Quarantäne muss. Denn diese nicht selbstbestimmte Situation ist faktisch vergleichbar mit der Erkrankung im Urlaub – so führte das Landesarbeitsgericht Hamm aus, vgl. LAG Hamm vom 27.01.2022 – 5 Sa 1030/21. Anders das LAG Schleswig-Holstein. Nach dessen Entscheidung werden der Arbeitnehmerseite, die während seines Urlaubs wegen des Kontakts zu einer Corona infizierten Person aufgrund behördlicher Anordnung in Quarantäne muss, die Urlaubstage nicht gutgeschrieben. Das Gericht führte aus, dass § 9 Bundesurlaubsgesetz hier nicht greife, vgl. Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.02.2022 – 1 Sa 208/21. Klarheit wird erst das Bundesarbeitsgericht bringen. Die Entscheidung zu den Revisionen steht noch aus.

4. Das Ende der Corona-Regeln im Betrieb?

Mit dem 20.3.2022 fanden viele der Corona-Regeln ihr Ende. Was bedeutet dies für die Betriebe und die Beschäftigten? Die etwaige Weitergeltung oder Veränderungen der Regeln müssen die Arbeitgeber in Abstimmung mit dem ggf. vorhandene Betriebsrat abstimmen. Basisschutzmaßnahmen in Betrieben sollen insoweit beibehalten werden, zumindest für eine Übergangszeit, wie Umsetzung gemäß der AHA+L-Regel, Bereitstellung medizinischer Gesichtsmasken (Mund-Nase-Schutz), Verminderung betrieblicher Personenkontakte usw.

5. Dienstplan ohne Betriebsrat?

Bei der Aufstellung von Dienstplänen hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Setzt der Arbeitgeber, etwa in Krankenhäusern, wiederholt Dienstpläne ohne Beteiligung des Betriebsrats um, liegt eine Wiederholungsgefahr vor. Dann hat der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch. LAG Schleswig-Holstein vom 02.11.2021 – 1 TaBV 13/21.

6. Betriebliches Eingliederungsmanagement und Datenschutz

Ohne betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) sind krankheitsbedingte Kündigungen meist ohne Erfolg. Anders sieht es aus, wenn der Betroffene das BEM ablehnt. Allerdings muss der Arbeitgeber dafür in der Einladung alle Voraussetzungen berücksichtigt haben. Hierzu gehören auch alle möglichen Hinweise zum Datenschutz. Etwaige Fehler gehen zu Lasten des Arbeitgebers, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 20.10.2021 – 4 Sa 70/20.

7. Überwachung der Belegschaft ohne Betriebsratsbeteiligung

Hat ein Arbeitgeber seine Belegschaft überwacht, ohne den Betriebsrat zu beteiligen, kann der Betriebsrat lediglich die Einstellung der Überwachung durchsetzen. Die Beseitigung der Folgen etwa, dass Dritte Daten löschen müssen, kann nicht durchgesetzt werden, vgl. BAG vom 23.03.202 – 1 ABR 31/19.

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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht März 2022

1. Persönlicher Assistent – Darf man das Alter beschränken?

Ein Assistenzdienst hatte ein Stellenangebot veröffentlicht, ausweislich dessen eine 28-jährige Studentin mit einem Grad der Behinderung für sich eine Assistentin sucht, im Alter am besten zwischen 18 und 30 Jahren. Hintergrund ist hier, dass Menschen mit Behinde-rung eine solche Hilfe zur Teilhabe am Leben erhalten können. Die abgelehnte im Jahr 1968 geborene Bewerberin sah sich wegen ihres Alters diskriminiert und macht eine Entschädi-gung geltend. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage unter dem besonderen Blickwinkel der Regelungen nach dem SGB IX, ob hier eine unmittelbare Benachteiligung wegen Alters deswegen gerechtfertigt sein kann, weil auch das Recht von Menschen mit Behinderung auf eine unabhängige und selbstbestimmte Lebensführung beachtet werden muss, dem Europä-ischen Gerichtshof vorgelegt, vgl. BAG vom 24.02.2022 – 8 AZR 208/21(A).

2. Kündigung durch Übermittlung per WhatsApp

Das Kündigungsschreiben mag nicht zugestellt werden können. Dies eröffnet aber nicht die Möglichkeit ein Foto vom Kündigungsschreiben per WhatsApp an die Arbeitnehmerseite zu übermitteln. Damit ist die Kündigung lediglich elektronisch zugegangen, nicht aber in der nach § 623 BGB erforderlichen Schriftform. Folglich ist eine solche Kündigung wegen des Formmangels nichtig, vgl. LAG München vom 28.10.20212 – 3 Sa 362/21.

3. Massenentlassungsanzeige und Mitteilungspflichten

Das Bundesarbeitsgericht hat eine Frage im Zusammenhang mit der Massenentlassungs-anzeige dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Entscheidend ist hier der Sinn und Zweck des § 17 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz. Sollte die Übermittlung betreffend der Massenentlassungsanzeige an Betriebsrat und Arbeitsagentur Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung sein, so wäre eine Kündigung bei unterlassener Übermittlung unwirksam, vgl. BAG vom 27.01.2022 – 6 AZR 155/21 (A).

4. Nichtberücksichtigung schwerbehinderter Bewerber/innen

Vorsicht bei der Nichtberücksichtigung von schwerbehinderten Menschen. Sofern die fach-liche Eignung für eine von einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich fehlt, führt die Nichtberücksichtigung regelmäßig zu einem Entschädi-gungsanspruch gemäß den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, vgl. Verwaltungsgericht Mainz vom 28.01.2022 – 4 K 1036/20.MZ

5. Kündigung des Wahlvorstandes

Ein befristet beschäftigter Mitarbeiter war Wahlvorstand für den Betriebsrat und erhielt eine außerordentliche Kündigung. Hiergegen wendete sich der Mitarbeiter mit seiner Klage. Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigung unwirksam ist und gegen den Schutz des § 15 Abs. 3 KSchG verstößt und der Mitarbeiter damit bis zum Ablauf der vereinbarten Befristung weiter beschäftigt werden muss, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 12.01.2022 – 23 SaGa 1521/21.

6. E-Mail -Zugang und Beweispflicht

Sofern der Absender für seine E-Mail keine Fehlermeldung erhält hat er dennoch keinen Beweis für die erfolgte Zustellung einer E-Mail an den Empfänger. Die fehlende Meldung über die Unzustellbarkeit einer E-Mail führt nicht zu einer Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast, vgl. LAG Köln vom 11.01.2022 – 4 Sa 315/21.

7. Unentschuldigtes Fehlen kann fristlose Kündigung begründen

Ein unentschuldigtes Fehlen sowie eine Selbstbeurlaubung stellen erhebliche Pflichtverlet-zungen dar. Damit kann eine fristlose Kündigung bei eigenmächtigem Urlaub gerechtfertigt sein. Auf eine etwaige Berechtigung des Urlaubs/Freistellung kommt es nicht an, der Urlaub muss zuvor arbeitgeberseitig bewilligt sein, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 23.11.2021 – 5 Sa 88/21. Dies hatte jüngst auch das Bundesarbeitsgericht am 20.05.2021 bestätigt (2 AZR 457/20).

8. Wegfall mehrerer Corona-Regelungen

Sofern die bisherigen Regelungen vom Gesetzgeber nicht verlängert werden sollten, treten diese am 20.03.2022 außer Kraft.

• Keine 3-G-Regel am Arbeitsplatz
• Angebotspflicht für Home-Office entfällt
• Betriebsversammlungen können bis 19.03.2022 audiovisuell durchgeführt werden

Inwieweit die Angebotspflicht zu Corona-Tests, ein Hygienekonzept oder die Minimierung betriebsbedingter Kontakte aufrechterhalten bleiben oder an die veränderte Lage angepasst werden, bliebt abzuwarten.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Februar 2022

1. Fristlose Kündigung nach E-Mail – Weitergabe

In dem Fall hatte eine Mitarbeiterin eine E-Mail des Pastors gelesen und sodann die Daten betref-fend möglicher sexueller Übergriffe auf einen Stick gesichert und dies an eine ehrenamtliche Mitar-beiterin der Gemeinde anonym weitergeleitet. Das Gericht wertete dies dahingehend, dass die Mit-arbeiterin somit unbefugt eine Kopie einer an ihren Vorgesetzten gerichteten E-Mail fertigte und an Dritte weiterleitete. Nachdem die Klägerin erstinstanzlich noch Erfolg hatte, bestätigte das Landes-arbeitsgericht hingegen die fristlose Kündigung, vgl. LAG Köln vom 02.11.2021 – 4 Sa 290/21.

2. Urlaub und Mehrarbeitszuschläge
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Mitarbeitende, die Urlaub beanspruchen, wäh-rend dieser Zeit keine Nachteile bei Mehrarbeitszuschlägen erleiden dürfen. Eine andere Handha-bung könnte Mitarbeitende davon abhalten Urlaub zu beanspruchen, vgl. EuGH vom 13.01.2022 – C-514/20.

3. Probezeit und Personalrat (Betriebsrat)
Auch Kündigungen in der Probezeit bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Anhörung eines bestehenden Personalrates. In der arbeitgeberseitigen Mitteilung reichen jedoch subjektive Ein-schätzungen aus, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 05.10.2021 – 5 Sa 22/21.

4. Dauer der Arbeitszeit und Betriebsrat
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und einer Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit.
Dies eröffnet jedoch nicht die Kompetenz des Betriebsrates bei der Dauer der wöchentlichen Ar-beitszeit mitzubestimmen. Insoweit ist es dem Betriebsrat auch verwehrt, eine Betriebsvereinbarung abschließen zu dürfen, diese ist wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam, vgl. BAG vom 17.08.2021 – 1 AZR 175/20.

5. Praktika und Mindestlohn

Grundsätzlich haben alle Beschäftigten einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Hierun-ter können auch Praktikanten fallen. Allerdings haben Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum als Voraussetzung für ein Studium absolvieren, hierauf keinen Anspruch, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 19.01.2022 – 5 AZR 217/21.

6. Mitarbeiterkündigung in der Probezeit und Behinderung
Grundsätzlich bedarf es außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes, also in den ersten 6 Beschäfti-gungsmonaten, keiner Begründung der arbeitgeberseitigen Kündigung. Sofern die zu kündigende Person allerdings wegen einer Behinderung die Aufgaben nicht mehr erfüllen kann, so hat der Ar-beitgeber zunächst eine andere Einsatzmöglichkeit vor Ausspruch einer Kündigung zu prüfen, vgl. EuGH vom 10.02.2022 – C-485/20.

7. Elternzeit und Kündigung
In diesem Fall hatte eine sich in der Elternzeit befindende Mutter über Facebook beleidigende Kommentare über Vorgesetzte und Kollegen abgegeben. Dies führte zur Kündigung des Arbeits-verhältnisses. Zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht bestätigte, vgl. LAG Baden-Württemberg vom 17.09.2021 – 12 Sa 23/21.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Januar 2022

1. Die erleichterten Regelungen zur Kurzarbeit gelten bis 31.03.2022

• Die Zahl der Beschäftigten, die im Betrieb vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bleibt auf mindestens zehn Prozent abgesenkt;
• Keine Notwendigkeit zum vorrangigen Abbau negativer Arbeitszeitsalden vor der Gewäh-rung von Kurzarbeitergeld;
• Auch Leiharbeitnehmer/innen erhalten Kurzarbeitergeld;
• Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 50 Prozent an Arbeitgeber auf An-trag

2. Urlaub in der Insolvenz

Kann der Urlaub nicht mehr gewährt werden, so kann ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei be-endeten Arbeitsverhältnissen bestehen. In der Insolvenz des Arbeitgebers ist ein solcher vollständig als Masseverbindlichkeit zu berücksichtigen, jedenfalls dann, wenn seitens der Insolvenzverwaltung noch Arbeitsleistungen in Anspruch genommen worden sind, BAG vom 25.11.2021 – 6 AZR 94/19.

3. Fristlose Kündigung des Ersatzmitgliedes des Betriebsrates wegen Krankheit

Die fristlose Kündigung eines Ersatzmitglieds des Betriebsrates wegen häufiger Kurzerkrankungen ist die Ausnahme. Sofern das Ersatzmitglied ca. 2/3 des Jahres arbeitsfähig ist, ist eine Kündigung unwirksam, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 18.08.2021 – 3 Sa 6/21.

4. Urlaubskürzung bei Kurzarbeit

Eine Urlaubskürzung wegen Kurzarbeit ist nur möglich, wenn die Kurzarbeit auch rechtlich wirksam eingeführt worden ist, also durch Individualvereinbarung oder auf der Grundlage einer Betriebsver-einbarung, vgl. BAG vom 30.11.2021 – 9 AZR 225/21.

5. Weigerung zum Schnelltest kann Kündigung rechtfertigen

Weigert sich die Arbeitnehmerseite wiederholt die von Arbeitgeberseite angeordneten Schnelltests durchzuführen, so kommt eine Kündigung in Betracht, wenn zuvor eine Abmahnung ausgespro-chen worden ist, vgl. Arbeitsgericht Hamburg vom 24.11.2021 – 27 Ca 208/21.

6. Brückenteilzeit nur bei Beachtung 3-monatiger Ankündigungsfrist

Die Brückenteilzeit gibt die Möglichkeit nach einer begrenzten Verkürzung der Arbeitszeit wieder zurück zur Vollzeit zu gelangen. Dabei ist dreimonatige Ankündigungsfrist zu beachte. Ist diese nicht eingehalten, so kann arbeitgeberseitig der Antrag abgelehnt werden, vgl. BAG vom 07.09.2021 – 9 AZR 595/20

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Newsletter zum Arbeitsrecht Dezember 2021

1. Beleidigung ohne vorherige Abmahnung
Beleidigungen können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Hier hatte ein Lagerarbeiter, der schwerbehindert ist, Kollegen u.a. mit Ausdrücken wie „Drecksossi“ beleidigt. Das Gericht war der Auffassung, dass eine Abmahnung ggf. eine Verhaltensänderung des Mitarbeiters hätte bewirken können. Da es an einer solchen Abmahnung aber fehlte, hatte die außerordentliche fristlose Kündi-gung in diesem Fall keinen bestand, vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 18.06.2021 – 1 Sa 75/21.

2. Wenn das BEM zu weit geht
Eine Arbeitnehmerin hatte längere krankheitsbedingte Ausfallzeiten und wurde zu einem Betriebli-chen Eingliederungsmanagement (BEM) eingeladen. Hierbei wurde sie auch um die Offenlegung ihrer Gesundheitsdaten gebeten. Die Mitarbeiterin reagierte nicht und erhielt die Kündigung. Das Gericht urteilte, dass die Mitarbeiterin ihre Gesundheitsdaten nicht offenlegen muss, schon gar nicht gegenüber den Vorgesetzten. Insofern überschritt die BEM-Einladung die zulässigen Grenzen. Da-mit scheiterte auch die Kündigung, vgl. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg vom 28. Juli 2021 – 4 Sa 68/20.

3. Vorgesetzter aus anderem Betrieb
In diesem Fall wurde der Vorgesetzte gewechselt, dieser kam und blieb in einem anderen Betrieb. Der Arbeitnehmer fragte sich, ob der bisherige Betriebsrat zuständig bleibt oder der des anderen Betriebes. Entscheidend ist nicht, ob die Weisungen von einem Vorgesetzten eines anderen Stan-dortes kommen, sondern vielmehr die Eingliederung in den Betrieb vor Ort. Damit bleibt auch der Betriebsrat vor Ort zuständig, vgl. Bundesarbeitsgericht vom 26.05.2021 – 7 ABR 17/20.

4. Betriebsratswahl – mangelnde Information über Fehler
Hier ging es um eine Betriebsratswahl in einem Seniorenheim. Hierbei hatte der Wahlvorstand ei-nem Listenvertreter mitgeteilt, dass ein Bewerber nicht wählbar ist. Zwar wurde mitgeteilt, dass die Mängel heilbar seien, auf die konkreten Auswirkungen wurde jedoch nicht hingewiesen. Die man-gelnde Aufklärung der Konsequenzen führte zur erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl, vgl. LAG Nürnberg vom 03.06.2019 – 1 TaBV 3/19.

5. Masken und ihr Tragen als Erschwernis?
Hier ging es darum, ob das Tragen einer sog. OP – Maske im Reinigungsgewerbe einen tariflichen Erschwerniszuschlag auslösen kann. Nach der Entscheidung des Gerichts käme dies nur beim Tragen einer FFP2-Maske in Betracht, nicht aber beim Tragen der OP-Maske, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 17.11.2021 – 17 Sa 1067/21.

6. Umkleidezeit ist Arbeitszeit?
Es gilt der Grundsatz, wenn es für die Ausübung der Arbeitstätigkeit zwingend erforderlich ist (Si-cherheit wie Absturzsicherung bei Dacharbeiten, Hygiene beim Krankenhauspersonal, usw.) oder der Arbeitgeber wegen einem einheitlichen Erscheinungsbild eine besondere Kleidung verlangt, so gehört die Umkleidezeit zur Arbeitszeit. Hiervon kann aber zum Nachteil der Arbeitnehmerseite durch Tarifvertrag abgewichen werden, vgl. BAG vom 21.07.2021 – 5 AZR 572/20.

7. 3-G-Regel im Betrieb ab 24.11.2021
Die Regel gilt insbesondere für alle Betrieb, in denen Personenkontakt besteht. Insoweit gilt für den Zugang zum Betrieb, dass man nachweisen muss, ob man geimpft, genesen oder gerade getestet ist. Für die Arbeitnehmerseite besteht mithin die Gefahr keine Vergütung zu erhalten, bei nicht er-folgendem Nachweis. Auch dürften Abmahnungen bis hin zu Kündigung möglich sein können.

8. Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten – richtig?
Die Arbeitnehmerseite muss wissen für wie viele Stunden die Vergütung vereinbart ist. Damit ist die pauschale Regelung, dass mit dem Gehalt die Überstunden abgegolten sind unwirksam. Vorliegend verdiente der Kläger monatlich 1.800 € für eine 40-Stundenwoche. Gemäß dem Arbeitsvertrag wa-ren damit zugleich 10 Überstunden im Monat abgegolten. In dieser Korridorregelung sah das Ge-richt keine Unwirksamkeit, so dass diese Überstunden nicht zusätzlich zu vergüten waren, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 14.09.2021 – 2 Sa 26/21.

Ich wünsche kommende schöne und erholsame Feiertage und ein kommendes neu-es Jahr 2022! Bleiben Sie glücklich und gesund!

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

Focus Spezial – Deutschlands Top-Anwälte
Rechtsanwalt Sven Rasehorn zählte für die Redaktion des Magazins Focus auf Basis
einer unabhängigen Datenerhebung wiederholt zu Deutschlands Top-Privatanwälten im Arbeitsrecht!

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3-G am Arbeitsplatz ab 24.11.2021

Wer darf arbeiten und was muss nachgewiesen werden?
Die meisten Beschäftigten haben Kontakt zu anderen Menschen. Solche Kontakte bürgen auch die Risiken von krankheitsbedingten Ansteckungen in sich, hier insbesondere mit dem so genannten Corona-Virus.
Daher müssen Mitarbeitende ab dem 24.11.2021 entweder geimpft, genesen oder getestet (3-G-Regelung) sein.

Wie wird die 3-G-Regelung nachgewiesen?
Die Möglichkeit eines negativen sogenannten Corona-Tests genügt. Dieser darf indes nicht älter als 24 Stunden sein. Alternativ müsste die Bestätigung zum Status genesen nachgewiesen werden oder der Impfstatus.

Kann der Arbeitgeber einen Nachweis verlangen?
Die Frage ist bislang mit Nein beantwortet worden. Mit der sich nunmehr ergebenden neuen gesetzlichen Lage ist der Arbeitgeber sogar zur Prüfung und Kontrolle verpflichtet. Wer dennoch den Impfstatus nicht offenlegen will, muss alternativ die jeweiligen Tests nachweisen, um den Anforderungen nach 3-G gerecht zu werden. Grundlage sind die Änderungen im Infektionsschutzgesetz.
Gilt die Nachweispflicht auch für im Homeoffice Tätige?
Nein. Entscheidend ist hier der Kontakt zu weiteren Personen. Wer ausschließlich im Homeoffice arbeitet hat damit keinen arbeitstätigkeitsbezogenen Kontakt zu anderen Personen und benötigt in diesem Rahmen keinen Nachweis.

Welche Kosten fallen mit den nachzuweisenden Tests für Ungeimpfte an?
Derzeit ist dies nicht einheitlich geklärt, auch fallen unterschiedliche Kosten für Tests an. Zwei Tests, die arbeitgeberseitig bislang angeboten werden mussten, werden wohl auch weiterhin von Arbeitgeberseite an Kosten übernommen werden. Ein weiterer Test kann im Rahmen der kostenfreien Bürgertest eingeholt werden. Ausgehend davon dürften die zwei weiteren erforderlichen Tests bei einer 5-Tage-Arbeitswoche hinsichtlich der Kosten der Arbeitnehmerseite zur Last fallen.

Welche Folgen könnte die Weigerung betreffend der 3-G-Regel haben?
Nach der neuen gesetzlichen Lage dürften Arbeitgeber dann Arbeitnehmer/innen ohne Nachweis im Sinne der 3-G-Regel nicht beschäftigen. Damit könnte somit auch der Anspruch auf Zahlung von Vergütung und Lohn entfallen. Eine weitere Folge wäre bei dann fehlendem Arbeitsangebot mangels Einhaltung der 3-G-Regel die Annahme einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung. Unter Maßgabe dessen könnte dies eine Abmahnung und ferner eine Kündigung zur Folge haben.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Newsletter zum Arbeitsrecht November 2021

1. Äußerungen per WhatsApp begründen nicht immer eine Kündigung
Die als technischer Leiter eines Vereins für Flüchtlingshilfe gekündigte Person äußerte sich in WhatsApp herabwürdigend u.a. in Bezug auf Flüchtlinge. Hierauf erfolgte die Kündigung.
Das LAG Berlin-Brandenburg hat die Kündigung für unwirksam erachte, da die Kommunikati-on privater Natur war und über einen kleinen Teilnehmerkreis erfolgte, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 19.07.2021 – 21 Sa 1291/20
(https://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/pressemitteilungen/2021/pressemitteilung.1127867.php).
2. Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat mit Bindungswirkung
In diesem Fall war Hintergrund, dass in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben einen un-ternehmenseinheitlichen Betriebsrat durch Abstimmung der Belegschaft begründete. Diese Ab-stimmung ist damit auch für folgende Wahlen bindend, allerdings kann dieser Beschluss durch spätere Bildung eines gemeinsamen Betriebes seine Wirkung wieder verlieren, vgl. BAG vom 24.03.2021 – 7 ABR 16/20.
3. Rückkehr aus dem Homeoffice
In dieser Fallgestaltung erlaubte der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter im Homeoffice tätig zu werden. Dies sollte dann später nicht mehr fortgesetzt werden, der Mitarbeiter sollte wieder im Betrieb arbeitstätig sein. Hiergegen wehrte sich der Mitarbeiter. Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber seine Weisung abändern kann, sofern betriebliche Gründe gegen die Fortsetzung der Tätigkeit im Homeoffice sprechen, vgl. LAG München vom 26.08.2021 – 3 Sa 13/21.
4. Wegfall der Entschädigung durch den Staat für nicht Geimpfte
Wer Kontakt mit einem Corona-Fall hatte muss sich ggf. in Quarantäne begeben, auch kann diese durch das Gesundheitsamt angeordnet werden. Unabhängig einmal von der Frage, in-wieweit Zahlungsansprüche gegen den Arbeitgeber bestehen oder nicht, kam eine Entschädi-gung nach dem Infektionsschutzgesetz für möglichen Verdienstausfall in Betracht. Diese ist nun für nicht geimpfte Personen weggefallen.
5. Kündigung bei Aufruf zur Betriebsratswahl unwirksam
Eine Kündigung gegenüber Mitarbeitenden, die erst kurz zuvor zu einer Wahl des Betriebsrates aufgerufen haben, ist unwirksam. Vgl. ArbG Berlin vom 16.09.2021 – 41 Ca 3718/21.
6. Kurzarbeit nur bei gegebener Rechtsgrundlage möglich
Eine arbeitgeberseitige Anordnung der Kurzarbeit ist rechtlich nur möglich, wenn dies indivi-dual¬vertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich zulässig ist. Anderenfalls be-hält die/der Mitarbeiter/in den vollen Vergütungsanspruch gegen die Arbeitgeberseite, vgl. ArbG Siegburg vom 11.11.2020 – 4 Ca 1240/20.
7. Krankheit zeitpassend mit Kündigungsfrist
Hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeit, die genau den Zeitraum von der Zustellung der Kündi-gung an bis zum Beendigungszeitpunkt umfasst, wohnt der Zweifel an der Richtigkeit inne. In-soweit ist der Beweiswert der ärztlichen AU-Bescheinigung erschüttert, vgl. BAG vom 08.09.2021 – 5 AZR 149/21.
8. Altersvorsorgemöglichkeit begrenzbar
Hier war eine betriebliche Altersvorsorgereglung Gegenstand des Urteils. In dieser waren Mitar-beitende, die bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatten von dem Bezug ausgeschlossen. Zu-recht, wie das Gericht entschied. Diese Höchstaltersgrenze stellt weder eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters noch eine solche wegen des weiblichen Geschlechts dar, vgl. BAG vom 21.09.2021 – 3 AZR 147/21.
9. Urlaub und Betriebsrat
Urlaubsangelegenheiten gehören stets zum kollektiven Arbeitsrechtsbezug nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG. Daher hat der bestehende Betriebsrat bei der Gewährung des Urlaubs mitzubestim-men. Nicht erfasst vom Mitbestimmungsrecht ist indes die zeitliche Lage, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 24.06.2021 – 26 TaBV 785/21.
10. Maskenverweigerern droht Kündigung
Die Weigerung einer Lehrkraft zum Tragen einer Mund- und Nasenbedeckung kann eine Kün-digung des arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisses begründen, vgl. LAGF Berlin-Brandenburg vom 07.10.2021 – 10 Sa 867/21.
11. Viele Verspätungen können Kündigung rechtfertigen
Verspätungen stellen eine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung dar. In diesem Fall erfolgten Ver-spätungen an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen. Dies hat die ordentliche Kündigung be-gründet, vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 31.08.2021 – 1 Sa 70öD/21.
12. Gehaltsnachweise zum Erhalt eines Kredites geschönt
Auch Taten, die nicht direkt den Arbeitgeber schädigen können eine Kündigung begründen. Hier hatte ein Mitarbeiter seine Gehaltsnachweise gefälscht, um einen Kredit bei einer Bank zu bekommen. Das Gericht bestätigte die fristlose Kündigung vgl. LAG Hamm vom 19.08.2021 – 8 Sa 1671/19.
13. Befristung nicht ohne Schriftform
Nach einer Entscheidung des Gerichtes ist eine formwirksame Befristung nicht gegeben, wenn lediglich eine elektronische Signatur vorliegt. Die wirksame b Befristung setzt Schriftform vo-raus, diese war damit nicht eingehalten. Folglich war die Befristung unwirksam, das Arbeits-verhältnis war mithin unbefristet begründet, vgl. ArbG Berlin vom 28.09.2021 – 36 Ca 15296/20.
14. Strafverfahren hinderte nicht Fortgang des Kündigungsverfahrens
In manchen Fällen beruhen die Kündigungen auf etwaigem strafbarem Verhalten. Dabei kann es ein Interesse sein das Strafrecht erst zu einer Entscheidung kommen zu lassen, bevor über die Kündigung entschieden wird. Grundsätzlich, müssen aber auch beide Verfahrensrichtungen nicht zum selben Ergebnis führen. In diesem Fall hat das Gericht entschieden, dass das arbeits-gerichtliche Verfahren fortzusetzen ist und der Ausgang des Strafverfahrens nicht abgewartet wird, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 06.10.2021 – 11 Ta 1120/21.

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