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Allgemein Arbeitsrecht

Newsletter zum Arbeitsrecht Juni 2021

1. Corona-Hilfe als Betrugsstraftat

Für den Fall beantragter Corona-Hilfen waren bestimmte Voraussetzungen anzugeben und zu versichern. Sind oder waren diese Angaben unrichtig und hat die Behörde in der Annahme der Richtig-keit dieser angegebenen Daten Zahlungen geleistet, kommt der Tatverdacht des Betruges in Be-tracht.
In dem hier gegebenen Fall ging es sogar soweit, dass das angegebene Kleingewerbe tatsächlich gar nicht existent war. Der Bundesgerichtshof hat im Ergebnis hier wegen Subventionsbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten bestätigt, vgl. BGH vom 04.05.2021 – 6 StR 137/21.

2. Bezeichnung mit „Ming-Vase“ als Kündigungsgrund

Hier bezeichnete eine Mitarbeitende, die Betriebsratsmitglied war, eine Vorgesetzte als „Ming-Vase“. Diese Äußerung und die damit im Zusammenhang stehenden Gesten wurden als Beleidi-gung mit rassistischer Tendenz gewertet und führten zur fristlosen Kündigung. Die hierfür erforderliche Zustimmung des Betriebsrates wurde durch das Arbeitsgericht ersetzt, vgl. ArbG Berlin vom 05.05.2021 – 55 BV 2053/21.

3. Tätowierungen können Lehrertätigkeit beenden

Ein im Land Berlin angestellter Lehrer trug Tätowierungen in Frakturschrift wie „Meine Ehre heißt Treue“, wie dies in rechtsradikalen Kreisen Verwendung finden soll. Die hierauf ergangene außerordentliche Kündigung wurde vom Lehrer angegriffen, ohne Erfolg. Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Kündigung, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 11.05.-2021 – 8 Sa 1655/20.

4. Der Tod des Arbeitgebers als Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Grundsätzlich enden Arbeitsverhältnisse durch Aufhebungsvertrag oder schriftliche Kündigung. Der Tod zählt nur dann, wenn die Arbeitnehmerseite verstirbt. Hier ging es um ein Arbeitsverhältnis mit einer Pflegekraft, Arbeitgeber war die zu pflegende Person. Nach dem Arbeitsvertrag sollte das Arbeitsverhältnis 14 Tage nach dem Tod des Arbeitgebers enden.
Das Landesarbeitsgericht sah hierin eine zulässige Befristungsvereinbarung und bestätigte das Vorliegen eines sachlichen Grundes von § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG. Damit endete das Arbeitsverhältnis, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 16.03.2021 – 5 Sa 295/20.

Die Fachanwälte Beate Kahl und Sven Rasehorn beraten in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertreten in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.

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Newsletter zum Arbeitsrecht Mai 2021

1. Kinderkrankengeld – Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes

Für 2021 ist mit der Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes der Anspruch auf Kinderkrankengeld ausgeweitet worden. Dieser steigt von 20 Tagen pro Elternteil und Kind auf 30 Tage, für Elternpaare auf 60 Tage. Bei mehreren Kindern gelten maximal 65 Tage, bei Alleinerziehenden 130 Tage.

2. Kündigungsgründe können nachgeschoben werden

Hier kündigte die Arbeitgeberseite fristlos. Dabei muss die Kündigung nach § 622 Absatz 2 BGB innerhalb von 14 Tagen ausgesprochen werden. Vorliegend erfuhr die Arbeitgeberseite später wei-tere Gründe, die eine Kündigung rechtfertigten und schob diese Begründungen nach. Das Bundes-arbeitsgericht bestätigte diese arbeitgeberfreundliche Möglichkeit, vgl. BAG vom 12.01.2021 – 2 AZN 724/20.

3. Datenschutzbeauftragter auch Betriebsratsvorsitzender?

Hier ist die Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen ein Datenschutzbeauftragter von sei-nem Amt abberufen werden kann und ob die Regelungen im deutschen Datenschutz in Überein-stimmung mit den europäischen Vorgaben stehen. Ferner ist fraglich, ob Datenschutzbeauftragter auch der Betriebsratsvorsitzende in einer Person sein darf. Die Klärung dieser Fragen hat das Bun-desarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, vgl. BAG vom 27.04.2021 – 27.04.2021 – 9 AZR 383/19.(A).

4. Anspruch auf Kopien von E-Mails nach dem Datenschutz?

Nach dem Datenschutzrecht kann die Arbeitnehmerseite grundsätzlich verlangen, dass Datenkopi-en von Arbeitgeberseite herausgegeben werden müssen. Offen blieb im Ergebnis welchen Umfang dieser Anspruch konkret hat und wie detailliert die Arbeitnehmerseite den Anspruch im Detail be-zeichnen muss. In dem Fall hatte das Bundesarbeitsgericht einer Überlassung der Kopien über-sandter Mails zulasten der Arbeitnehmerseite abgelehnt, vgl. BAG vom 27.04.2021 – 2 AZR 342/20.

5. Arbeitnehmer in Quarantäne Ja/Nein?

In dem Fall verzögerte sich wohl der Zugang der nachweisbaren behördlichen Quarantäneanord-nung gegenüber dem Arbeitnehmer. Der Arbeitergeber bezweifelte die Quarantäne und verlangte die Arbeitsleistung. Im Ergebnis folgte die Kündigung. Das Arbeitsgericht entschied hier, dass die Kündigung rechtswidrig war infolge der behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne, vgl. ArbG Köln vom 15.04.2021 – 8 Ca 7334/20.

6. Schwerbehinderte sind zum Vorstellungsgespräch einzuladen

In dem Fall hatte der schwerbehinderte Bewerber eine Mindestnote ausweislich des geforderten Stellenprofils nicht erreicht und wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Frage ist, ob hier ein Verstoß vorliegt. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass hierzu lückenlos aufgeklärt werden müsse, ob arbeitgeberseitig eine konsequente Anwendung des Auswahlkriteriums gegeben war. Hierzu wurde der Rechtstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen, vgl. BAG vom 29.04.2021 – 8 AZR 279/20.

7. Betriebsrat hat Anspruch auf Videokonferenz

Infolge der geänderten Regelungen im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie haben Betriebsräte grundsätzlich das Recht ihre Sitzungen per Videokonferenz abzuhalten. Arbeitgeberseitig wurde diese Zeit nicht bezahlt, es ergingen zudem Abmahnungen. Das Arbeitsgericht entschied zugunsten des Betriebsrates, vgl. ArbG Köln vom 24.03.2021 – 18 BVGa11/21.

8. Arbeitsverweigerung wegen Corona-Risiko?

In diesem Fall ordnete der Arbeitgeber gegenüber einem Mitarbeiter an, dass dieser vor Ort – statt wie bislang im Homeoffice – zwei neue eingestellte Kollegen einarbeiten solle. Dies lehnte der Ar-beitnehmer als Risikopatient ab und wollte zudem seinen geplanten Erholungsurlaub durch einen solchen Kontakt zu dritten Personen nicht gefährden. Der Arbeitnehmer blieb auch nach wiederhol-ter arbeitgeberseitiger Aufforderung dabei. Das wertete das Gericht als beharrliche Arbeitsverwei-gerung und bestätigte die außerordentliche Kündigung, vgl. ArbG Kiel vom 11.03.2021 – 6 Ca 1912/20.

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Newsletter zum Arbeitsrecht April 2021

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1. Auskunftsanspruch contra Annahmeverzug

Im Kündigungsschutzverfahren ergibt sich erst am Ende, ob eine Kündigung wirksam erklärt wor-den ist oder nicht. Sollte das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden sein, stellt sich die Frage, ob die Arbeitnehmerseite für die zurückliegende untätige Zeit zu bezahlen ist. Arbeitgeber müssen für diese Zeit aus Gründen des Annahmeverzuges die Vergütung bei nicht wirksamer Kündigung nach-zahlen. Aber arbeitgeberseitig besteht ein Anspruch auf Auskunftserteilung, welche Arbeitsangebote der Arbeitnehmerseite von der Arbeitsagentur vermittelt wurden und ob hierauf auch tatsächlich Bewerbungen erfolgten. Nach dem Bundesarbeitsgericht muss arbeitnehmerseitig auch dargelegt werden, weshalb es nicht zum Vertragsschluss gekommen ist oder warum es unzumutbar gewesen sein soll, sich auf diese Stelle zu bewerben, vgl. BAG vom 27.5.2020 – 5 AZR 387/19.
Demgemäß sollte die Auskunft in einer Widerklage gegen die Kündigungsschutzklage geltend ge-macht werden. Ferner sollte der Arbeitnehmerseite im Vorfeld Stellenangebote übermittelt werden. Diese Maßnahmen senken das Annahmeverzugs- und Abfindungsrisiko.

2. Teilzeit kann Ansprüche in Versorgungsregelung kürzen

Sofern Mitarbeitende in Teilzeit beschäftigt werden, kann es zulässig sein, dass eine entsprechende betriebliche Versorgungsregelung die Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung lediglich anteilig berück-sichtigt, vgl. BAG vom 23.03.2021 – 3 AZR 24/20.

3. Kündigung wegen Arbeitszeitüberschreitung

Ein Mitarbeiter wird neben seiner Hauptbeschäftigung in weiteren Arbeitsverhältnissen tätig und überschreitet so dauerhaft die nach dem Arbeitszeitgesetz zulässige Höchstarbeitszeit.
Nach der Rechtsprechung ist damit das zur Überschreitung der Höchstarbeitszeit führende Arbeits-verhältnis nichtig. Die darauf gestützte Kündigung wurde bestätigt, vgl. LAG Nürnberg vom 19. Mai 2020 – 7 Sa 11/19.

4. Leiterin von Seniorenheim missachtet Corona-Regeln

In diesem Fall hat eine Mitarbeiterin sich wiederholt nicht an gegebene Regelungen im Zusammen-hang mit COVID19 gehalten und war nicht nur ohne Dienstkleidung tätig, sondern missachtete auch die vorgegebene Trennung der Wohnbereiche in einem Seniorenpflegeheim nach Bereichen von an COVID19 erkrankten und nicht daran erkrankten Bewohnern/innen. Das Oberverwaltungsge-richt bestätigte daraufhin die Weisung, dass die Leiterin des Seniorenpflegeheims weiterhin nicht beschäftigt werden darf, vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 24.03.2021 – 12 B 198/21.

5. Hintergrunddienste – vergütungspflichtige Arbeitszeit?

Soweit Ärztinnen und Ärzte im Rahmen von sog. Hintergrunddiensten nach § 9 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte Bereitschaftsdienste leisten, stellt sich die Frage der Vergütung. Diese ist danach als vergütungspflichtige Zeit zu bejahen, sofern arbeitgeberseitig konkrete Vorgaben, insbe-sondere hinsichtlich der Zeit zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit und damit jedenfalls faktisch auch zum Aufenthaltsort getätigt werden, vgl. BAG vom 25.03.2021 – 6 AZR 264/20.

6. Betriebsschließung – wer zahlt Arbeitnehmervergütungen?

Muss der Arbeitgeber aufgrund behördlicher Anordnung den Betrieb schließen, trägt dieser das Be-triebsrisiko gemäß § 615 S. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer haben für diese Zeiten einen Anspruch auf sogenannten Annahmeverzugslohn, vgl. Landesar-beitsgericht Düsseldorf vom 30. März 2021 – 8 Sa 674/20.

7. Umziehzeit als Vergütungszeit?

Hier wurde den tätigen Wachschutzpolizisten ein Raum zum Umkleiden im Betrieb gestellt, den dieser aber nicht nutzte, sondern sich bereits daheim entsprechend anzog und so zum Dienst er-schien. Sofern danach die Arbeitnehmerseite die zur Verfügung gestellten Umziehräume nicht nutzt, fallen für das Anlegen der Dienstkleidung bereits zu Hause keine vergütungsrechtlichen Zei-ten an, so das BAG vom 31.03.2021 – 5 AZR 292/20 und 5 AZR 148/20.
Damit gilt: Keine Geltung als vergütungspflichtige Arbeitszeit beim Ankleiden zu Hause, wenn der Arbeitgeber Umziehmöglichkeiten betriebsintern stellt.

8. Betriebsrat mit oder ohne Videokonferenz

Die Pandemie verlangt nach Abstand. Wie kann dies besser als durch Digitalisierung und mittels Videokonferenzen sichergestellt werden. Schlecht nur, wenn die hierfür erforderliche Technik nicht zur Verfügung steht. Diese wurde dem Betriebsrat seitens des Arbeitgebers verweigert. Zu Unrecht, wie das Landesarbeitsgericht nun feststellte. Danach ist dem Betriebsrat eine technische Ausstat-tung zur Verfügung zu stellen, die diesem die Durchführung von Sitzungen und dergleichen in Form von Videokonferenzen ermöglicht, vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 14.04.2021 – 15 TaBVGa 401/20.

9. Was wird sich ändern? Wahrscheinlich das Befristungsrecht!

Die sachgrundlose Befristung sollte bereits seit geraumer Zeit eingeschränkt werden. Nunmehr gibt es konkret Pläne, die bereits die nachfolgenden Punkte betreffen:
• Dauer 18 Monate, statt 2 Jahre
• Einmal verlängerbar, statt dreimal verlängerbar
• Zwingende Angabe im schriftlichen Arbeitsvertrag
• Quote von möglichen Befristungen (2,5 % der Beschäftigten ab 75 Mitarbeitenden)
• Wegfall der im öffentlichen Recht möglichen Haushaltsbefristung